Hamburg. Illegale Versammlungen sollen gut vorbereitet worden sein. Warum die Polizei die Lage schnell im Griff hatte und womit sie nun rechnet.
- Polizei Hamburg unterbindet illegale pro-palästinensische Versammlungen
- Demo soll von vom Verfassungsschutz beobachteter Gruppe organisiert worden sein
- Drei Polizisten werden durch Teilnehmer verletzt, am Ende stehen 20 Strafanzeigen
Nach den Krawallen bei einer pro-palästinensischen Demonstration am Sonnabend in St. Georg geht die Polizei davon aus, dass die beiden verbotenen Versammlungen gut organisiert waren. Vermutlich war gezielt über soziale Netzwerke dazu aufgerufen worden. Im Blick haben die Sicherheitsbehörden dabei die Gruppe Muslim Interaktiv, eine 2020 gegründete Gruppierung. Sie wird der bereits seit 2003 in Deutschland verbotenen Hizb ut-Tahrir (HuT), zugerechnet.
Anhänger der HuT, die aus der Muslimbrüderschaft hervorgegangenen ist, streben ein Kalifat und die Sharia an. „Der Staat Israel und alle Menschen jüdischen Glaubens insgesamt werden von der HuT als die zu bekämpfenden Grundübel auf dem Weg zur Verwirklichung einer Gesellschaft auf Basis der Scharia bezeichnet“, schreibt der Verfassungsschutz über die HuT. Nach den Krawallen in St. Georg hatte Muslim Interaktiv auf einschlägigen Plattformen Beiträge zu den Aufzügen in St. Georg gepostet.
Polizei Hamburg hat Hinweise darauf, dass die Aktion vorbereitet wurde
Am Sonnabend hatten sich zunächst rund 70 Personen auf dem Steindamm in Höhe der Böckmannstraße versammelt und Parolen skandiert. Die Polizei löste die Versammlung auf. Um 16 Uhr bildete sich dann erneut ein Aufzug auf dem Steindamm mit bis zu 500 Personen. „Sie skandierten pro-palästinensische Parolen, bedrängten die Einsatzkräfte und griffen diese unvermittelt mit Flaschen und Steinen an“, heißt es von der Polizei. Drei Beamte wurden dabei verletzt. Einer von ihnen musste im Krankenhaus behandelt werden.
Mitgeführt wurden von den Teilnehmern der verbotenen Versammlung auch vorbereitete Plakate, die an Holzlatten genagelt waren. Für die Polizei ist das ein weiterer Hinweis, dass die Aktion vorbereitet wurde. Auf Bildern der verbotenen Demonstration waren außerdem Flaggen zu sehen, die auch von islamistischen Extremisten und Terroristen wie dem IS, der Al Quaida und den Taliban verwendet werden.
Reporter vor Ort berichteten, dass die Flaggen mit dem sinngemäß übersetzten und oftmals von islamistischen Extremisten verwendeten Schriftzug „Es gibt keinen Gott außer Allah, und Mohammed ist sein Prophet“ an die Menge verteilt worden seien. Dazuhätten Teilnehmer „Allahu akbar“ skandiert und einen Zeigefinger in den Himmel gereckt – das Zeichen für den einen Gott der Muslime. Auch IS-Kämpfer und Terroristen zeigen den Finger als Erkennungszeichen.
20 Anzeigen gegen Teilnehmer an pro-palästinensischer Demo
Gegen 20 Teilnehmer seien Strafanzeigen erstattet worden, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. Die Vorwürfe reichten von Verstoß gegen das Versammlungsgesetz, Vermummung, Landfriedensbruch, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung bis hin zu Körperverletzung. Festnahmen habe es keine gegeben, sagte er.
Zu weiteren Versammlungen kam es den Angaben zufolge am Sonntag zunächst nicht. Dennoch sei man auch weiterhin mit angemessener Präsenz vor Ort, um jederzeit reagieren zu können, sagte ein Sprecher.
Polizei Hamburg greift mit neuer Einheit schnell ein
Die Polizei konnte am Sonnabend so schnell reagieren, da bereits vor Wochen eine BAO, eine „besondere Aufbauorganisation“, gebildet worden war, die wegen drohender Ausschreitungen in Hamburg im Zusammenhang mit dem Konflikt Israels mit der Terrororganisation Hamas gebildet worden war.
Am Sonnabend wurde kurzfristig der Führungsstab aufgerufen, der aus dem Polizeipräsidium den Einsatz leitete. Dabei wurde die BAO zusammen mit den im Bereich St. Georg präsenten Hundertschaften der Bereitschaftspolizei eingesetzt. „Nur so war es möglich, dass die Situation verhältnismäßig schnell unter Kontrolle bekommen wurde“, sagte ein Beamter.
Polizei Hamburg rechnet mit weiteren illegalen Versammlungen
Bei der Polizei geht man davon aus, dass es auch in den kommenden Tagen und Wochen zu vergleichbaren illegalen Versammlungen kommen wird, vor allem im Bereich St. Georg. Es wird aber auch befürchtet, dass Halloween gerade von Jugendlichen aus dem pro-palästinensischen Lager für Krawall genutzt wird.
Wie schwierig die Situation angesichts der Gewaltbereitschaft der Szene und ihrer Unterstützer ist, hatten gemäßigte Muslime erst kürzlich feststellen müssen. Die Schura, der Rat der Islamischen Gemeinden in Hamburg, hatte eine von ihr selbst angemeldete Versammlung abbrechen müssen. Der Grund war, dass auf der Kundgebung auf der Adenauerallee, an der 800 Personen teilnahmen, extremistische Parolen skandiert wurden. Eine anschließende nicht angemeldete Demo mit 400 Teilnehmern wurde von der Polizei unterbunden.
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In Hamburg gilt seit dem 15. Oktober eine Allgemeinverfügung der Versammlungsbehörde, die alle nicht angemeldeten und nicht von der Versammlungsbehörde bestätigten pro-palästinensischen Kundgebungen verbietet. Untersagt sind demnach Versammlungen, die inhaltlich einen Bezug zur Unterstützung der islamistischen Hamas oder deren Angriffen auf das Staatsgebiet Israels aufweisen. Die Allgemeinverfügung war am Sonnabend ein weiteres Mal – nun zunächst bis Mittwoch – verlängert worden.