Hamburg. Kanzler Scholz eröffnet internationale Nachhaltigkeitskonferenz. Die 1600 Teilnehmer haben ehrgeizige Ziele. Es gilt ein Drohnenflugverbot.

  • Bundeskanzler Olaf Scholz hat Staats- und Regierungschefs zur Hamburg Sustainability Conference eingeladen.
  • Es geht um die konkrete Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele.
  • Drohnen dürfen fast fünf Tage lang nicht fliegen.

Hamburg steht am 7. und 8. Oktober ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit: Auf der Hamburg Sustainability Conference (HSC) wollen Verantwortliche aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft in der Handelskammer und im Rathaus darüber sprechen, wie man die UN-Nachhaltigkeitsziele erreichen kann. Erwartet wurden bis zu 1600 Teilnehmer aus insgesamt 102 Ländern, darunter auch mehrere Staats- und Regierungschefs vor allem aus dem Globalen Süden und der Präsident der Weltbank, Ajay Banga. 

Eröffnet wurde die Konferenz von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der andere Staatenlenker bereits beim Nachhaltigkeitsforum der Vereinten Nationen im vergangenen Jahr in New York dazu eingeladen hatte. Initiatoren sind neben dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung das UN-Entwicklungsprogramm (UNDP), der Hamburger Senat und die Michael Otto Stiftung.

Hamburg Sustainability Conference (HSC): 13 Staats- und Regierungschefs sind dabei

Zur Konferenz hatten sich 13 Staats- und Regierungschefs in Hamburg angekündigt, so der letzte Stand von Mittwoch (3. Oktober). Dazu zählen der Präsident von Namibia, Nangolo Mbumba, Barbados Premierministerin Mia Mottley sowie der Premierminister von Pakistan, Shehbaz Sharif. Dazu kämen Dutzende Minister. Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn, der derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, hatte sein Kommen zugesagt, nun aber kurzfristig abgesagt. Weitere Namen wollte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung erst kurz vor Beginn der Konferenz veröffentlichen.

Wegen der Vielzahl hochkarätiger Konferenzteilnehmer gelten besondere Sicherheitsvorkehrungen. So dürfen von Sonntag um 14 Uhr bis Donnerstag, 10. Oktober, um 20 Uhr in einem weiten Umkreis des Tagungsortes in der Handelskammer keine Drohnen aufsteigen – außer denen der Polizei.

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Auch der Präsident der Weltbank, Ajay Banga, nimmt an der Nachhaltigkeitskonferenz in Hamburg teil. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ludovic Marin

Internationale Regierungsvertreter, NGOs, Vertreter aus Wissenschaft und Wirtschaft wollen auf der Konferenz beraten, wie die Nachhaltigkeitsziele, auf die man sich bei der UN 2015 geeinigt hat, bis 2030 erreicht werden können. „Wir sind wieder bei Armutsbekämpfung, bei Hungerbekämpfung, bei Bildung für alle, bei Gesundheitssystemen für alle Menschen auf der Welt, bei Bildungszugang, bei Energiezugang auf dem Kurs zur Zielerreichung“, mahnte Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Deshalb müsse man schneller werden. Er wünsche sich, dass am Ende keine Absichtserklärungen, sondern konkrete Vereinbarungen stehen. Die Konferenz soll es fortan jedes Jahr in Hamburg geben.

HSC: Ziel ist konkrete Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele

Die UN-Mitgliedsstaaten hatten sich 2015 auf die 17 Sustainable Development Goals (SDG) verständigt, die darauf abzielen, bis 2030 weltweit ein würdevolles Leben für alle Menschen zu ermöglichen und die natürlichen Lebensgrundlagen dauerhaft zu sichern. Themen sind unter anderem Armut, Gesundheit, Chancengleichheit bei Bildung und im Arbeitsleben, Naturschutz an Land und unter Wasser, Klimaschutz, ressourcenschonende wirtschaftliche Entwicklung und transparentes Regierungshandeln.

Staaten allein seien nicht in der Lage, die SDGs zu erreichen. Vielmehr müssten dazu Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft weltweit an einem Strang ziehen. Und genau hier setze die Konferenz an, sagte Flasbarth: „Wir wollen Allianzen schaffen.“

Die Konferenzteilnehmer treffen sich in der Handelskammer in der Innenstadt von Hamburg.
Die Konferenzteilnehmer treffen sich in der Handelskammer in der Innenstadt von Hamburg. © THORSTEN AHLF / FUNKE FOTO SERVICES | Thorsten Ahlf

Ein Thema der diesjährigen Konferenz seien „Green Shipping Lines“, bei dem die Dekarbonisierung der Seeschifffahrt durch die Nutzung grünen Wasserstoffs und der Aufbau entsprechender Strukturen im Mittelpunkt stehe.

HSC: Programm auch für Hamburgerinnen und Hamburger

Die Konferenz passe gut zur Hafenstadt Hamburg, sagte der Chef der Senatskanzlei, Staatsrat Jan Pörksen. „Wir haben seit Jahrhunderten Beziehungen in alle Welt.“ Auch die Öffentlichkeit solle mitgenommen werden. „Es wird in der Universität auch zahlreiche Veranstaltungen für die Hamburgerinnen und Hamburger geben, in denen sie sich über Nachhaltigkeit informieren können.“ Zudem seien Livestreams von den Panels der Konferenz geplant. Das Rahmenprogramm in Hamburg ist breit: So stellt die Reformschule Winterhude nachhaltiges Schulessen vor, in einem Workshop an der Uni Hamburg geht es um das Potenzial von künstlicher Intelligenz, beim Hilfswerk Plan International um die Einbindung junger Menschen in Nachhaltigkeitsstrategien.

Der Unternehmer Michael Otto beschäftige sich seit 35 Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit, sagte der Vorstandsvorsitzende der Umweltstiftung Michael Otto, Johannes Merck. Für den Hamburger Ehrenbürger und ehemaligen Chef der Otto Group sei es wichtig, jetzt „vom Reden ins Handeln zu kommen“. Die Wirtschaft sei momentan nicht nur Teil der Lösung, sondern „ganz überwiegend leider noch das Problem“, sagte Merck. „Eine Konferenz, die mit dem Versprechen antritt, die Kräfte der Wirtschaft zu entfesseln für die Durchsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele, ist für uns ein außerordentlich notwendiges und von der Sache her sehr plausibles Vorhaben.“

HSC in Hamburg wegen Europameisterschaft verschoben

Ursprünglich war die Konferenz im Juni geplant, der Termin wurde aber mit Blick auf die hohe Belastung der Polizei während der Fußball-Europameisterschaft auf Oktober verlegt. „Mit der internationalen Sustainability Conference leistet Hamburg einen wichtigen Beitrag zu einer global nachhaltigeren Entwicklung“, sagte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). „Als Stadt mit einer ambitionierten SDG-Strategie, dem größten Seehafen Deutschlands und rund 100 Konsulaten haben wir beste Verbindungen zu allen Kontinenten. Wir freuen uns auf die Gäste, einen interessanten Austausch über erfolgreiche Konzepte und neue Ideen zur Umsetzung der SDGs der Vereinten Nationen.“

Mehr zum Thema

Die Universität Hamburg lädt am 7. und 8. Oktober zu den Sustainability Days 2024 als Plattform für den Austausch von Ideen, Forschungsergebnissen und Visionen für eine nachhaltigere Zukunft ein. Die zweitägige, größtenteils englischsprachige Veranstaltung auf dem Campus Von-Melle-Park mit Vorträgen, Podiumsdiskussionen und interaktiven Formaten im und um das Audimax herum richtet sich an Studierende, Forschende und alle Interessierten, die sich für das Thema Nachhaltigkeit einsetzen möchten, wie die Universität Hamburg am Freitag mitteilte. Für einige der Veranstaltungen ist eine Anmeldung erforderlich.

Uni Hamburg mit vielen Veranstaltungen zur Nachhaltigkeit

Die Sustainability Days starten laut Uni Hamburg mit einer Liveübertragung der Hamburg Sustainability Conference. Über den Tag kämen in Diskussionsveranstaltungen verschiedene Perspektiven zur Nachhaltigkeit zusammen, unter anderem von Professor Xiaomeng Shen, Vizerektorin der United Nations University in Europa und Direktorin des UNU Institutes für Umwelt und menschliche Sicherheit. Parallel dazu könne den gesamten Tag das Tiny House auf dem Von-Melle-Campus besucht werden, in dem sich Projekte rund um das Thema Nachhaltigkeit an der Universität Hamburg vorstellten.

Der Höhepunkt sei für den 8. Oktober im Audimax geplant. Dort werde es unter anderem eine Diskussion zu Nachhaltigkeit in Hamburg mit Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) geben, hieß es. In einem Panel zu Nachhaltigkeitsforschung an der Uni Hamburg würden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen diskutieren, wie ihre Forschung zur Nachhaltigkeitstransformation beitragen könne. Auch Filmproduzent Lars Jessen, Autorin Kübra Gümüsay, Tatjana Kiel von „We are all Ukranians“ und „Viva con Agua“-Mitgründer Micha Fritz seien an dem Tag auf dem Podium. Zudem stellten sich Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam die Frage, ob die Digitalisierung Fluch oder Segen für die Nachhaltigkeit ist.