Hamburg. Bundesfinanzminister hebt Sperre auf. Nun kann das „digitale Stellwerk“ endlich kommen – mit revolutionären Folgen für die Kunden.

Das ist eine ausgesprochen gute Nachricht für alle Hamburgerinnen und Hamburger, die häufig mit der S-Bahn unterwegs sind: Das Bundesfinanzministerium hat nun nach Abendblatt-Informationen mit einem aktuellen Schreiben endlich grünes Licht für das wichtigste Modernisierungsvorhaben gegeben, das sogenannte „digitale Stellwerk“. Dieses soll in Zukunft eine deutlich höhere Taktung der Züge ermöglichen, das heißt: Durch die digitale Steuerung können künftig auf den wichtigsten Strecken deutlich mehr S-Bahnen fahren, um die immer größeren Fahrgastzahlen zu bewältigen.

Ein Beispiel: Fahren derzeit zwischen Hauptbahnhof und Altona zwei Züge in zehn Minuten, so könnten es nach der Inbetriebnahme des digitalen Stellwerks laut S-Bahn Hamburg bis zu fünf Züge sein. Auch in Richtung Harburg und auf anderen Strecken erlaubt die neue Technik eine höhere Taktung. Zugleich sollen die S-Bahnen damit deutlich zuverlässiger und pünktlicher fahren. „Das digitale Stellwerk Hamburg-City ist für den Wachstumskurs der S-Bahn Hamburg von zentraler Bedeutung“, hatte die Bahn stets betont. „Bis zum Jahr 2030 soll der Zugverkehr durch neue S-Bahn-Linien und Taktverdichtungen um bis zu 50 Prozent anwachsen.“

S-Bahn Hamburg: Neues Stellwerk soll Ende 2028 in Betrieb gehen

Auch wenn es zu der Freigabe der Mittel bisher keine offizielle Stellungnahme gibt: Bei der S-Bahn Hamburg ist der Jubel über die Freigabe der Mittel groß. Insgesamt rechne man für das Projekt mit Kosten von um die 300 Millionen Euro, hieß es jetzt von den Verantwortlichen.

Wenn es gut laufe, könne das Stellwerk zum Winterfahrplan Ende 2028 in Betrieb gehen. Einen Standort gebe es bisher zwar noch nicht, man gehe aber davon aus, dass das digitale Stellwerk citynah gebaut werde.

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Zuletzt hatte es große Sorgen gegeben, das digitale Stellwerk in Hamburg könnte den Sparzwängen des Bundes zum Opfer fallen. Das ist nun aber nicht so. Mit einem Schreiben vom 16. September 2024 an das Bundesverkehrsministerium, das dem Abendblatt vorliegt, hebt das Bundesfinanzministerium eine bisher bestehende Sperre zur Finanzierung des Vorhabens auf. Zwar betrifft dies für das Jahr 2024 zunächst nur Planungsmittel von 1,3 Millionen Euro und knapp 15 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre. Damit aber gilt die Zusage des Bundes nunmehr als gesichert.

SPD: Entscheidung des Bundes zur S-Bahn Hamburg ist jetzt „unumkehrbar“

„Das ist der erste Schritt für Planungsmittel. Die Entscheidung ist damit endlich unumkehrbar“, sagte der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi, der Mitglied des Bundestags-Haushaltsausschusses ist, dem Abendblatt. „Hamburg bekommt dieses digitale Stellwerk. Nachdem wir im Haushaltsausschuss dafür bereits 2021 die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt haben, hat jetzt endlich auch das Bundesfinanzministerium nachgezogen.“

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi (l.) 2021 mit dem damaligen Hamburger S-Bahn-Chef Kay-Uwe Arnecke, der mittlerweile im Ruhestand ist.   
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi (l.) 2021 mit dem damaligen Hamburger S-Bahn-Chef Kay-Uwe Arnecke, der mittlerweile im Ruhestand ist.    © BGDZ | Jan Schubert

Hakverdi ist der einzige Hamburger Abgeordnete der Regierungskoalition im Haushaltsausschuss. Er macht sich bereits seit 2021 für das Projekt stark. „Das Hamburger Schienennetz braucht mehr Kapazität und mehr Zuverlässigkeit. Das digitale Stellwerk wird beides verbessern“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete für Harburg und Bergedorf angesichts der positiven Nachrichten aus dem Haus von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). „Die Entscheidung sorgt nun für die dringend gebrauchte Planungssicherheit. Ich danke allen Beteiligten, die das digitale Stellwerk Hamburg City ermöglicht haben, allen voran der S-Bahn Hamburg.“

S-Bahn Hamburg: Neues Stellwerk soll bundesweites Vorzeigeprojekt werden

Das digitale Stellwerk sei nicht nur für Hamburg von großer Bedeutung, es gelte auch als mögliches Vorzeigeprojekt für den modernen Schienenverkehr in Deutschland, so der SPD-Mann. Bereits heute verkehrten einzelne S-Bahn-Linien digital. Schrittweise sollten nun neue digitale Linien hinzukommen. Das digitale Stellwerk soll das S-Bahn-Netz zukünftig zentral steuern. 

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„Der Knoten Hamburg ist die zentrale Drehscheibe für den norddeutschen Schienenverkehr und das Tor nach Skandinavien“, sagte Hakverdi. „Die Digitalisierung der S-Bahn soll nun den Knoten Hamburg entlasten und so auch dem überregionalen Verkehr zugutekommen.“ 

S-Bahn Hamburg: Bald 400 Züge mehr pro Tag unterwegs

Nachdem der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages 2021 die finanziellen Grundlagen für das Projekt gelegt habe, hätten noch die beiden beteiligten Bundesministerien zustimmen müssen. „Die Zustimmung aus dem Bundesverkehrsministerium kam im Mai 2024“, so Hakverdi. „Nun hat auch das Bundesfinanzministerium ein positives Signal gegeben und dem entsprechenden Antrag zugestimmt.“ 

Vom Ende der 2020er-Jahre an könnten nun pro Tag 400 Züge mehr als bisher über die S-Bahn-Gleise in Hamburg rollen. Das entspräche einer Kapazitätserweiterung von rund 30 Prozent. Das ist durch die digitale Technik deshalb möglich, weil die Züge dann über das neue Stellwerk quasi miteinander kommunizieren. Außerdem macht es die digitale Technik möglich, dass Züge zu unterschiedlichen Zeiten von ihrer jeweiligen Haltestelle anfahren, sodass die Spitzenlasten beim Strombedarf reduziert werden können.