Hamburg. Wegen knapper Kassen soll das neue digitale Stellwerk in der City zunächst nicht kommen. Dabei ist es Kernstück des Kapazitätsausbaus.
Ist ein Kernstück des geplanten S-Bahn-Ausbaus in Hamburg in Gefahr? Wegen fehlender Haushaltsmittel infolge des Karlsruher Urteils zum Klima- und Transformationsfonds werden eine ganze Reihe von Ausbauprojekten der Bahn einem „Spiegel“-Bericht zufolge zunächst nicht umgesetzt.
Betroffen davon sei auch das geplante neue digitale Stellwerk der Hamburger S-Bahn. Über dieses Stellwerk hätte die Kapazität der überlasteten S-Bahn in Hamburg erweitert werden sollen, was als dringend erforderlich gilt. Das Magazin beruft sich auf eine interne Liste der Infrastruktursparte InfraGO der Deutschen Bahn.
S-Bahn Hamburg: Ausbau bedroht – streicht die Bundesregierung der Stadt die Mittel?
Von der Bahn kam dazu auf Abendblatt-Anfrage kein Dementi: „Wir halten grundsätzlich unverändert an unseren Neu- und Ausbauvorhaben fest“, sagte ein Sprecher. Aufgrund der aktuellen Haushaltslage sei es aber kurzfristig erforderlich gewesen, die zeitliche Abfolge dieser Vorhaben zu überprüfen. „Der Fokus bei der Umsetzung liegt, wie mit dem Bund vereinbart, zunächst auf der Modernisierung und Erneuerung des Bestandsnetzes und auf den Projekten, die bereits im Bau sind.“
Man will sich also auf den Bestand und auf bereits begonnene Projekte konzentrieren. Auch der „Spiegel“ hatte geschrieben, von den der Bahn vom Bund bundesweit zugesagten 45 Milliarden Euro seien nur noch 27 Milliarden übrig, die nun hauptsächlich in den Bestand fließen sollen. Für Ausbauprojekte fehle das Geld.
Verkehr Hamburg: Digitales Stellwerk zentral für mehr Kapazität bei S-Bahn
Dabei ist das digitale Stellwerk für die Kapazitätserweiterung der Hamburger S-Bahn und damit die Effizienz des öffentlichen Nahverkehrs von zentraler Bedeutung. Das Projekt, für das sich der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi sehr eingesetzt hatte, wurde als „Ursprung eines neuen Zeitalters“ bejubelt. „Mit dem Digitalen Stellwerk Hamburg-City entsteht ein leistungsfähiges Herz für das S-Bahn-Netz von morgen. Das schafft mehr Kapazität und verbessert die Pünktlichkeit. Wir machen damit einen wesentlichen Schritt auf dem Weg zur Digitalisierung“, hatte S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke gesagt.
Auf Abendblatt-Anfrage erklärte auch die Bahn am Freitag: „Das Digitale Stellwerk Hamburg-City ist für den Wachstumskurs der S-Bahn Hamburg von zentraler Bedeutung. Bis zum Jahr 2030 soll der Zugverkehr durch neue S-Bahnlinien und Taktverdichtungen um bis zu 50 Prozent anwachsen.“ Aber: „Die Finanzierung dieses Vorhabens muss im Rahmen der weiteren Detaillierung der zur Verfügung stehenden Mittel geregelt werden.“
Bahn will möglichst „Verlängerung von Projektzeiten verhindern“
Die Digitalisierung der S-Bahn Hamburg gehe in den kommenden Jahren weiter, versichert die Bahn. Zusammen mit der Stadt Hamburg und Siemens Mobility werde man ein neues intelligentes Leitsystem einführen, das den Stromverbrauch reduzieren und bis 2027 schrittweise zum Einsatz kommen werde. Zudem seien bereits 64 digital ausgerüstete Neufahrzeuge der Baureihe 490 bestellt, die nach und nach die S-Bahn-Flotte ab Mitte 2025 verstärken würden. Auch die Umrüstung der bestehenden Fahrzeugflotte mit digitaler Technik gehe weiter.
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Die Finanzierung der ersten Generalsanierungen und der Erhalt des Bestandsnetzes seien für 2024 und 2025 absehbar im Haushalt gesichert. „Bis zur Verabschiedung der neuen DB-Finanzplanung durch den Konzernaufsichtsrat im März werden wir Lösungen erarbeiten, die eine Fortführung der Planung bis zur vollständigen Klärung der Finanzierung sicherstellen. Ziel ist es, eine Verlängerung von Projektzeiten zu verhindern“, so die Bahn am Freitag. Klappt das nicht, wäre das eine schlechte Nachricht für Hamburg und den Fortgang der Verkehrswende.
Auch Anbindung des Fehmarnbelttunnels soll in Gefahr sein
Denn das digitale Stellwerk im City-Bereich sollte für mehr Kapazitäten und Qualität bei der Hamburger S-Bahn sorgen. Die Planungen dafür finanziere der Bund mit 31,5 Millionen Euro, hatte Michael Theurer (FDP), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, 2022 angekündigt. „Mit der digitalen Schiene verbessern wir die Pünktlichkeit und können gleichzeitig die Kapazität im Netz erhöhen – zwei Kernanliegen, mit denen wir noch mehr Menschen von der Bahn überzeugen wollen.“
Damit nicht genug: Der Norden könnte von weiteren Einsparungen betroffen sein. So werde der neue Tunnel unter dem Fehmarnbelt ohne sinnvolle Anbindung an Lübeck und Hamburg in Betrieb gehen, auch für sie fehle das Geld, schreibt der „Spiegel“. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums kündigte am Freitag an, man werde im Austausch mit der Bahn weiter daran arbeiten, den „notwendigen Ausbau unter den gegebenen haushalterischen Voraussetzungen“ voranzutreiben. Das vom „Spiegel“ zitierte Papier stelle einen „Zwischenstand zu Finanzierungsvereinbarungen zwischen Bund und DB“ vom Dezember dar.