Hamburg. Harte Zeiten, schwere Debatten: Auf Konferenz Norddeutschland ging es auch um neue Bedrohungen. Was tun gegen militärische Operationen?

Der Norden zu Gast in Hamburg: Weil die Freie und Hansestadt in diesem Jahr den Vorsitz der Konferenz Norddeutschland (KND) innehat, konnte der Erste Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Montag seine Amtskollegen aus den anderen vier Nordländern im Hafen-Klub an den Landungsbrücken empfangen.

Der Bremer Bürgermeister Andreas Bovenschulte, Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD, in Vertretung von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig), der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und der Regierungschef Schleswig-Holsteins, Daniel Günther (CDU), haben sich im Hafen-Klub an den Landungsbrücken getroffen, konferiert und eine gemeinsame Sitzung mit dem Unternehmerkuratorium Nord abgehalten. Nun, und eine Hafenrundfahrt gab es auch.

Konferenz in Hamburg: Treffen sich zwei Ministerpräsidenten und zwei Bürgermeister

Die Konferenz Norddeutschland (KND) dient den norddeutschen Regierungschefs als Plattform zum Austausch, um politische Absichten zu koordinieren. Zusammen stärker: Ihre Interessen – insbesondere im maritimen, wirtschaftlichen und strukturpolitischen Bereich – können die fünf Länder dann gemeinsam gegenüber dem Bund, der EU und im Ostseeraum vertreten.

Die norddeutschen Regierungschefs stehen unter anderem zu Fragen der Energie-, Hafen- und Industriepolitik, des Tourismus und des Küstenschutzes im Dialog, beraten aber auch über Verkehrsprojekte oder die digitale Transformation. Auf der Konferenz betonten sie die nationale Bedeutung der norddeutschen Häfen. Von der Bundesregierung erwarten die norddeutschen Länder – flankierend zur Nationalen Hafenstrategie – eine deutlich stärkere finanzielle Beteiligung an der Entwicklung der Seehäfen.

Außerdem hat die KND Beschlüsse zur Industrie- und Energiepolitik gefasst, unter anderem zur Ansiedlung von Elektrolyseuren in Hafen- und Küstennähe und den Ausbau von Landstromanlagen in den Häfen, sowie zur Herausforderung hoher Energiekosten in einer Phase der Transformation zu günstigem, erneuerbarem Strom.

Regierungschefs der Nordländer sprechen über Verteidigungsfähigkeit

Harte Zeiten erfordern schwere Debatten. Nach der Konferenz berichtet Tschentscher, dass diesmal auch militärische Themen zu besprechen waren. Es gebe nun – auch in Norddeutschland – die „große neue Herausforderung der Verteidigungsfähigkeit und der Resilienz“, so der Erste Bürgermeister. „Deshalb haben wir heute diskutiert, welche Themen wir gemeinsam mit der Bundeswehr aufgreifen müssen, um im Falle einer krisenhaften Lage, bei der es zu militärischen Operationen im Norden Deutschlands kommt, gewappnet zu sein.“

Dabei gehe es nicht nur um militärische, sondern auch um wirtschaftliche und zivile Fragen. Etwa seien die Auswirkungen auf Logistikketten zu durchdenken, wenn der Hafen plötzlich militärische Funktion erhielte. „Wir müssen über diese Szenarien nachdenken. Die Dringlichkeit ist da“, so Tschentscher.

Stephan Weil: „Der Norden ist und bleibt der Motor der Energiewende“

Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil betont die Bedeutung des Nordens bei der Energiewende. Schulterschluss und Schulterklopfen: „Der Norden ist und bleibt der Motor der Energiewende“, sagt er und lobt den zügigen Ausbau erneuerbarer Energien, der aus nationaler Verantwortung heraus vorangetrieben werde, aber ebenso um die eigene Wirtschaftskraft zu stärken.

„Weil wir uns wirklich enorm anstrengen in dieser Hinsicht, ist es auch durchaus berechtigt, wenn aus norddeutscher Sicht gesagt wird, wie wir es besser machen können“, winkt er in Richtung Bund.

Die Regierungschefs der fünf norddeutschen Länder Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein treffen sich zur Jahreskonferenz 2024 in Hamburg. v. l.: Mecklenburg-Vorpommerns Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit; Reinhard Meyer (SPD); Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher (SPD), Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD)
Die Regierungschefs der fünf norddeutschen Länder Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein treffen sich zur Jahreskonferenz 2024 in Hamburg. v. l.: Mecklenburg-Vorpommerns Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit; Reinhard Meyer (SPD); Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD), Hamburgs Erster Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher (SPD), Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) © Senatskanzlei Hamburg | Senatskanzlei Hamburg

Hamburgs Bürgermeister Tschentscher begrüßt Kontrollen an den Außengrenzen

Apropos Bundesentscheidungen: Auf Nachfrage reagieren Tschentscher und Weil auch auf die Grenzkontrollen, die seit heute an Deutschlands Außengrenzen stattfinden und die Migration eindämmen sollen. Hamburgs Erster Bürgermeister gibt sich als großer Befürworter: „Ich begrüße das sehr.“

Weil, dessen Land Niedersachsen tatsächlich Außengrenzen hat, zeigt sich hingegen einigermaßen skeptisch. Die Grenze zu den Niederlanden sei sogar während der Pandemie weiterhin geöffnet gewesen. Bisher habe es dort keine größeren Probleme gegeben. „Aber jetzt sind wir selbstverständlich auch Teil dieses Konzeptes [der Grenzkontrollen] und ich bin gespannt, ob wir da Beeinträchtigungen erleben werden“, etwa Staubildung.

Konferenz Norddeutschland: Steuerrad geht an Weil aus Niedersachsen

Nach einem Jahr des hamburgischen Vorsitzes der KND wandert der sprichwörtliche Hut weiter. Zum Abschluss der Konferenz übergibt Tschentscher den Vorsitz an Niedersachsens Ministerpräsidenten Stephan Weil – in Form eines symbolischen Steuerrads. Im kommenden Jahr treffen sich die fünf Nordregierungschefs also in Hannover.

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Für Weil ist es bereits der dritte Vorsitz der KND. Schließlich ist jedes der Länder alle fünf Jahre dran und Weil schon seit 2013 Regierungschef in Niedersachsen. Leichter würden die Debatten zwischen den Ministerpräsidenten und Bürgermeistern nicht: „Im Nachhinein muss man sagen, die Zehnerjahre waren wirklich gute Jahre für unser Land“, so Weil. Jetzt, in den 2020ern, seien die Herausforderungen ungleich größer. Stichwörter: Pandemie, Ukrainekrieg, wirtschaftliche Lage.