Hamburg. Aussagen von Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg und AfD-Mann Alexander Wolf zwingen die Bürgerschaftspräsidentin zum Handeln.

Hitzige Debatte in der Hamburgischen Bürgerschaft: Eine Aussage der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Jennifer Jasberg hat Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) dazu gezwungen, die Sitzung zu unterbrechen. Was ist passiert?

Der September beschert Hamburg eine Hitzewelle – und mit entsprechend heißen Köpfen starteten auch die Parlamentarier nach der Sommerpause wieder in den politischen Alltag. Die Aktuelle Stunde der Hamburgischen Bürgerschaft zu ihrer 92. Sitzung am Mittwoch hatte es in sich. Gleich zwei Fraktionen, die der AfD und die der CDU, sahen Gesprächsbedarf in puncto Migration und Islamismus. Anlass dafür war das schreckliche Attentat in Solingen vor knapp zwei Wochen, bei dem ein Islamist drei Menschen mit einem Messer getötet hat.

Hitzige Vorwürfe in der Hamburgischen Bürgerschaft

Doch gerade, als die Debattierenden so richtig in Wallung kamen, wurde die Sitzung plötzlich unterbrochen – für eine knappe Stunde. Der Grund: „Björn Höcke ist ein Nazi“ hatte Jasberg in einem Debattenbeitrag der AfD-Fraktion an den Kopf geknallt – und zwar gleich zweimal, doppelt hält besser.

Aufgrund dieser Aussage unterbrach Veit die Sitzung, sodass sich das Präsidium beraten konnte. Später erklärte die Bürgerschaftspräsidentin: „Ich will noch einmal betonen, dass Werturteile Teil der politischen Debatte sind.“ Diese müssten aber hergeleitet und erklärt werden, insbesondere wenn es sich um Begriffe handele, die nicht dem parlamentarischen Sprachgebrauch entsprechen würden – „Nazi“ zum Beispiel. Veit erteilte der Abgeordneten Jasberg einen Ordnungsruf.

„Björn Höcke ist ein Nazi“ – Darf der AfD-Kandidat so bezeichnet werden?

Verboten ist die Formulierung „Björn Höcke ist ein Nazi“ nicht. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft stellte 2023 ein Verfahren gegen einen Demonstranten ein, der den AfD-Kandidaten für das Thüringische Ministerpräsidentenamt Höcke per Plakatspruch so bezeichnet hatte.

Die Begründung der Staatsanwaltschaft: Bei der Aussage handle es sich nicht um eine Beleidigung, sondern um „ein an Tatsachen anknüpfendes Werturteil“, berichtet der Hessische Rundfunk.

Hamburg: Attentat von Solingen ist Thema in der Bürgerschaft

Gefallen ist der umstrittene Satz im Rahmen einer Debatte, die die AfD-Fraktion anberaumt hatte. „Solingen ist überall“ formulierte die AfD und forderte einen sofortigen Aufnahmestopp von illegalen Migranten sowie Zurückweisungen an den deutschen Außengrenzen. Fraktionschef Dirk Nockemann plädierte mit hochrotem Kopf.

Er malte das Bild eines Staates, der am Abgrund steht: „Der Tod ist der ständige Begleiter geworden“, sagte er. Grund dafür sei die „unkontrollierte Massenzuwanderung“. Messerverbote und verstärkte Videoüberwachung brächten da nichts. Es müsse einfach weniger Migranten geben, ist sich der AfD-Mann sicher.

Noch aufgeregter gab sich AfD-Parteikollege Alexander Wolf, der in der Migration die „Mutter aller Probleme“ sieht und laut dem Angela Merkel aufgrund ihrer Flüchtlingspolitik „Blut an den Händen“ habe. Carola Veit blieb konsequent: Auch für diese Aussage erteilte sie einen Ordnungsruf.

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Waffenverbotszone: „Hamburg ist eine sichere Stadt“

Sachlicher gab sich der SPD-Abgeordnete Sören Schumacher. Er argumentierte, Hamburg sei mit der Einrichtung von Waffenverbotszonen auf dem richtigen Weg. Ihm zufolge zeigt etwa die Schließung des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH), dass Land und Bund, namentlich erwähnt er Innenministerin Nancy Faeser (SPD), das Problem erkannt haben und zu lösen versuchen. „Hamburg ist eine sichere Stadt“, befand der SPD-Politiker. Auch der Fraktionsvorsitzende, Dirk Kienscherf (SPD), betonte, dass Hamburg die Augen vor den vorhandenen Problemen nicht verschließe.

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Jasberg warf der AfD neben Nazis in Spitzenpositionen noch einiges mehr vor, Stimmungsmache zum Beispiel. Rechtsextremismus diene dazu, das gesellschaftliche Klima zu vergiften. Ihr zufolge ist es wichtig, aus dem Attentat in Solingen die richtigen Schlüsse zu ziehen, sich darüber aber nicht zu entzweien. Damit spiele man den Islamisten in die Karten: „Das Ziel von Terrorismus ist immer die Spaltung der Gesellschaft“, sagte Jasberg. „Es ist geboten, Islamismus aufs Schärfste zu verurteilen“, so die Grünen-Abgeordnete, „aber es ist auch unsere Pflicht, dass wir nicht Hunderttausende in Mithaft nehmen.“

Ordnungsruf für Merkel-Beleidigung in der Bürgerschaft

Mit nicht weniger kontroversen Tagesordnungspunkten ging es weiter. Während der Sitzung am Mittwoch sollte die Bürgerschaft final über den umstrittenen Einstieg der Reederei MSC in den Hamburger Hafen abstimmen. Die CDU-Fraktion hatte anberaumt, im Plenum erneut darüber zu diskutieren.

Der MSC-Einstieg war bereits Thema einer öffentlichen Anhörung im Haushaltsausschuss, kontroverser Debatten in der Aktuellen Stunde und zur ersten Lesung für das Gesetz im Juli. Am Mittwochabend hat die Bürgerschaft das Gesetz nun in zweiter Lesung endgültig verabschiedet.