Hamburg. Oft werden Messer bei gefährlichen Körperverletzungen und Überfällen eingesetzt. Warum Polizeiexperte generelles Verbot kritisch sieht.

In Hamburg wurden im vergangenen Jahr in 1209 Fällen bei Straftaten Messer eingesetzt. Damit ist die Zahl solcher Taten im Vergleich zum Vorjahr um deutliche 12,6 Prozent angestiegen. Das ist der höchste Stand dieser Taten, die seit 2019 in der Statistik der Polizei erfasst werden. In den meisten Fällen, bei 885 Taten, wurde mit dem Messer „nur“ gedroht. Ein Lichtblick: zumindest im ersten Halbjahr 2024 ging die Zahl der Messertaten um 4,1 Prozent auf 615 zurück.

Besonders oft sind Messer bei schweren oder gefährlichen Körperverletzungen die Tatwaffe. Einer „Entwaffnungsoffensive“, wie sie Innensenator Andy Grote (SPD) angesichts des Terroranschlags in Solingen fordert, geben Polizeiexperten trotz der hohen Zahlen in Hamburg aber eine Absage.

Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), hält dies für eine Scheindebatte. „Das Problem ist nicht das Messer. Das Problem führt das Messer“, sagt Jungfer und meint damit die Täter. „Ein Messerverbot wird weder einen kriminellen, gewaltaffinen Intensivtäter, geschweige denn einen Terroristen von seinen Taten abbringen.“

Polizei Hamburg: 2023 gab es so viele Messertaten wie noch nie

Tatsächlich sind Messer die am leichtesten verfügbare Waffe. Sie gibt es in jedem Haushaltswarenladen und sie liegen in jeder Küchenschublade. Das untermauert auch die Statistik. Bei Fällen von Mord und Totschlag wurden im vergangenen Jahr bei 34 solcher Taten Messer benutzt. Damit waren sie bei fast jedem zweiten Tötungsdelikt Tatwaffe.

Bei den Körperverletzungen waren Messer in 460 Fällen im Spiel. Damit fällt jede dritte „Messertat“ in Hamburg in dieses Deliktfeld. In den allermeisten Fällen – also 387 – waren es schwere und gefährliche Körperverletzungen. Im öffentlichen Raum, etwa auf Straßen oder Plätzen, passierten rund die Hälfte der Taten.

DPolG-Chef: „Haben massives Problem mit jungen, gewaltbereiten, muslimisch geprägten Männern“

Insgesamt verzeichnet die Polizei bei den Messertaten unter den Körperverletzungsdelikten ebenfalls einen hohen Anstieg von 12,5 Prozent vom Jahr 2022 auf 2023. Oft zum Einsatz kommen Messer in Hamburg auch bei Raubüberfällen. In 306 Taten war das im vergangenen Jahr der Fall. Das ist ein Anstieg von 19,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hier ereignete sich mehr als die Hälfte der Taten im öffentlichen Raum. Bei anderen Delikten spielen Messer so gut wie keine Rolle.

„Selbstverständlich wäre es gut und richtig, wenn Messer aus der Öffentlichkeit verschwinden. Hier hat der Innensenator recht“, sagt Jungfer. „Tatsächlich haben wir ein massives Problem mit einer kleinen, aber gefährlichen Gruppe, das sind junge, gewaltbereite, muslimisch geprägte Männer.“

In der Praxis wäre ein flächendeckendes Messerverbot schwer durchzusetzen

In der Praxis wäre ein Messerverbot auch schwer durchzusetzen. Schon in den Waffenverbotszonen wie dem Kiez, dem Hansaplatz – beide bestehen seit 2007 – oder der neu eingeführten Waffenverbotszone um den Hauptbahnhof herum sind Kontrollen nur im Rahmen von Schwerpunkteinsätzen oder stichprobenartig im alltäglichen Dienst möglich. „Es ist illusorisch, hier flächendeckend kontrollieren zu können“, sagt ein Beamter.

Zudem sind die größeren Einsätze personalintensiv und können nur selten durchgeführt werden. So braucht die Bundespolizei für derartige Kontrollen in der Regel Unterstützung durch Einheiten, die außerhalb von Hamburg stationiert sind. Und auch die Hamburger Polizei benötigt regelmäßig Bereitschaftspolizei zur Unterstützung solcher Einsätze.

Innenbehörde zieht positive Bilanz für bestehende Waffenverbotszonen

Bei der Innebehörde sieht man das anders „Allein in der neusten Waffenverbotszone am Hauptbahnhof sind seit dem Herbst über 350 Messer und über 150 sonstige verbotene Gegenstände sichergestellt worden“, so Behördensprecher Daniel Schäfer. „Das zeigt, dass wir durchaus ein entsprechendes Verbot durchsetzen können.“ Die Einrichtung habe sich durchaus bewährt, da es der Polizei bereits im Vorfeld von Gewaltstraftaten Maßnahmen ermögliche, die ein höheres Kontroll- und Entdeckungsrisiko für potenzielle Gewalttäter bedeuten.

Verstoß gegen Waffenverbot eine Ordnungswidrigkeit wie Falschparken

Der nächste Punkt: Ein Verstoß gegen das Waffenverbot ist, solange es sich nicht um eine erlaubnispflichtige Waffe wie ein scharfe Pistole handelt, eine Ordnungswidrigkeit und wird etwa wie Falschparken geahndet – plus Einzug des Messers.

Einen Punkt hält der Beamte dennoch für hilfreich. „So ein Verbot würde es erleichtern, Kontrollen durchzuführen“, sagt er. Denn für eine Überprüfung, also eine Durchsuchung von Kleidung oder einem Rucksack beispielsweise, braucht man außerhalb der Waffenverbotszonen ansonsten einen handfesten Grund.

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Das Messerproblem, das durch die Tat von Solingen und auch die islamistisch motivierte tödliche Attacke auf einen Polizisten in Mannheim ins Licht der Öffentlichkeit gerückt ist, ist nicht neu. Bereits im Frühjahr 2003 wurden in Deutschland zahlreiche Messer verboten. Es handelt sich um Butterfly-Messer, Springmesser oder Einhandmesser.