Hamburg. Die Polizei stoppte mehrere Aktivisten auf dem Weg zum Flughafen Hamburg. Staatsanwaltschaft erklärt Gründe. CDU: „Ein Skandal“.

  • Bekannte Aktivisten wurden nahe dem Flughafen von Polizei aufgegriffen.
  • Kein Ermittlungsverfahren gegen die fünf Männer und eine Frau eingeleitet.
  • Schon am Freitag wurden die Klimaschützer wieder auf freien Fuß gesetzt.

Sie sind fast alle bereits als sogenannte Klimakleber bekannt, waren schon an mehreren Aktionen beteiligt und hatten alle „Tatmittel“ mit, die für eine Blockade des Rollfeldes am Flughafen in Fuhlsbüttel nötig waren. Am Freitagmorgen wurden vier Männer und eine Frau, später ein fünfter Mann gefasst, die offensichtlich den Flugbetrieb lahmlegen wollten, um auf die Klimakrise aufmerksam zu machen. Konsequenzen hat das für sie jedoch nicht – gar keine. Es werden gegen sie deswegen keinerlei Strafverfahren eingeleitet, wie das Abendblatt exklusiv erfuhr. Die Klimaschützer waren bereits am Freitag nach einer „Gefährderansprache“ und einem längerfristigen Aufenthaltsverbot für das Gebiet um den Flughafen wieder auf freien Fuß gesetzt worden.

„Seitens der Staatsanwaltschaft ist der Anfangsverdacht einer Straftat verneint worden“, sagte Liddy Oechterin, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, auf Anfrage des Abendblatts. Damit wurde auch kein Ermittlungsverfahren gegen die fünf Männer und eine Frau eingeleitet. Man könnte sagen: Die Polizei war einfach schnell. Es war noch keine Tat begonnen worden. Somit fällt die vorübergehende Ingewahrsamnahme der Personen durch die Polizei unter Gefahrenabwehr, die vom Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, kurz SOG, gedeckt ist.

Flughafen Hamburg: Polizei vereitelte Aktion – Kein Strafverfahren gegen „Klimakleber“

Zunächst war die vier Männer und eine Frau der Polizei aufgefallen. Sie hatten in der Nähe des Flughafens beim bloßen Anblick eines Peterwagens die Flucht ergriffen. Einsatzkräfte konnten sie aber stellen. Und bei dem Quartett wurde gefunden, was für eine Blockade eines Rollfeldes auf dem des Flughafens nötig gewesen wäre. So stellte die Polizei neben einem großen Bolzenschneider zum Durchschneiden des Zauns auch Transparente und Quarzsand sicher, wie er beim Festkleben von Handflächen auf Beton benutzt wird. Ein weiterer Mann, der der Gruppe zugerechnet wird, wurde von der Polizei nahe der Polizeiwache gestellt, zu der die vier in Gewahrsam genommenen Männer und eine Frau zuvor gebracht worden waren.

„Wir mussten uns entscheiden. Entweder hätte man ein Vordringen auf das Flughafengelände zugelassen und eine Unterbrechung des Flugverkehrs riskiert, von dem viele Reisende betroffen gewesen wären. Oder man greift rechtzeitig ein, um die Folgen der vermutlich geplanten Aktion zu verhindern“, sagt ein Polizist.

Polizei war gewarnt: Sie hatte mit Aktion der Klimakleber am Flughafen gerechnet

Für Letzteres entschied sich die Polizei, die mit Blick auf mögliche solcher Aktionen schon einen Schwerpunkteinsatz durchgeführt hatte und seit Tagen verstärkt in den an den Flughafen grenzenden Gegenden unterwegs ist. Dazu war ein passendes Einsatzkonzept entworfen worden. „Es gab ja entsprechende Aktionen an anderen Flughäfen, wie in Frankfurt. Dazu lagen Hinweise vor, dass auch in Hamburg etwas geplant ist. Deswegen haben wir hier damit gerechnet“, so ein Polizist.

Festgesetzte sind bereits als Klimakleber bekannt

Dass gegen die am Freitag in Gewahrsam genommenen Männer und eine Frau keine Strafverfahren eingeleitet wurden, stößt auf Unverständnis. Mehrere von ihnen, wie Regina S. (22) aus Berlin oder Frieder Z. (65) aus Aalen, sind „Klima-Tingler“, die quer durch Deutschland reisen, um möglichst aufsehenerregende Aktionen durchzuführen. Von den fünf Festgesetzten im Bereich des Flughafens Fuhlsbüttel am Freitag war nur einer aus Hamburg. Im vergangenen Jahr hatten Klimaaktivisten der Letzten Generation den Flughafen ausgerechnet am ersten Ferientag blockiert; zahlreiche Flüge fielen aus. Sie werden strafrechtlich verfolgt. Zudem gibt es hohe Schadenersatzansprüche gegen sie.

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„Es fehlen einem angesichts der Folgenlosigkeit einer solchen offensichtlich geplanten Aktion einfach die Worte“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Für viele Menschen, auch für mich, ist das absolut unbefriedigend. Aber es ist so, dass man straffrei davonkommt, wenn man nur rechtzeitig genug erwischt wird. Ich befürchte, dass die Gesetzeslage Täter dazu animiert, weiterzumachen.“

Klimakleber der Letzten Generation: CDU spricht von „Skandal“

Ähnlich sieht es auch Dennis Thering, dem ein „krass“ entfährt, als er vom Abendblatt von der Folgenlosigkeit im Fall der fünf Männer und einer Frau erfährt. „Wenn es stimmt, dass gegen die Ende letzter Woche am Hamburger Flughafen von der Polizei aufgegriffenen Klima-Kriminellen keine Ermittlungsmaßnahmen eingeleitet werden, ist das ein Skandal“, sagt der Fraktionsvorsitzende der CDU in Hamburg.

„Die Verdächtigen sollen Werkzeuge und Materialien wie Bolzenschneider, Westen, Plakate und ein Sand-Harz-Gemisch mit sich geführt haben, als sie sich dem Flughafengelände genähert haben.“ Jedem sei klar, was passiert wäre, wenn die Polizei nicht eingegriffen hätte. Thering: „Es ist ein absolutes Rätsel, warum das nicht als Anfangsverdacht für eine Straftat ausreichen soll. Hier verliert der Rechtsstaat an Glaubwürdigkeit. Und es ist dann auch kein Wunder, wenn diese Täter sich erneut auf den Weg machen und sogar weitere Nachahmer finden. Gegenüber Klima-Kriminellen bedarf es keiner Nachsicht, sondern der vollen Härte des Rechtsstaates.“