Hamburg. An der Kellinghusenstraße stehen weiter viele Plätze leer. Warum die CDU von Steuerverschwendung spricht und die Behörde trotzdem Hoffnung hat.

Für die einen ist es das Sinnbild verfehlter Verkehrspolitik, für die anderen eine Investition in die Zukunft nachhaltiger Mobilität. Das umstrittene Fahrradparkhaus an der Haltestelle Kellinghusenstraße steht auch Jahre nach der Eröffnung überwiegend leer. Neue Zahlen des Senats zeigen nun, dass sich die endlos erscheinende Geschichte des Scheiterns nahtlos fortsetzt, wie die CDU findet.

So waren von den 537 Abstellplätzen im Fahrradparkhaus im ersten Halbjahr 2024 durchschnittlich 147 Plätze belegt. Das sind lediglich 27 Prozent. Dreiviertel der Fahrradplätze sind also weiter unbenutzt, auch wenn die Zahlen im Mittel um 3 Prozent gegenüber 2023 anstiegen. Das als Prestigeprojekt des grünen Verkehrssenators Anjes Tjarks gestartete Parkhaus stehe weiterhin leer, kritisiert Richard Seelmaecker, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, auf dessen schriftliche Kleine Anfrage hin der Senat die Zahlen mitgeteilt hatte. „Die Sinnhaftigkeit des mehrere Millionen Euro teuren Fahrradparkhauses muss angezweifelt werden, da im direkten Haltestellenumfeld selbst im Sommer nach wie vor gut 100 Abstellplätze zur Verfügung stehen“.

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Das Schöne an Statistiken ist aber ja, dass man sie – ganz nach Bedarf – unterschiedlich lesen kann. So macht die Verkehrsbehörde geltend, dass die Zahl der abgestellten Fahrräder 2024 im Vergleich zum Vorjahresmonat angestiegen sei, beispielsweise von im Durchschnitt 125 auf 156 im Juni – ein Anstieg um 25 Prozent. Das war zwar auch der höchste Wert, aber der Senat spricht von einer „positiven Entwicklung“. Dennoch bleiben eben die Mehrzahl der Plätze unbenutzt. Und: Während die besonders gesicherten kostenpflichtigen Parkplätze fast zur Hälfte ausgelastet sind, waren bei den (deutlich zahlreicheren) kostenlosen Parkplätzen im Juni gerade mal 19 Prozent belegt.

Der Bund der Steuerzahler hat das Fahrradparkhaus an der Kellinghusenstraße bereits Mitte November 2021 in sein Schwarzbuch aufgenommen. Die Kosten für das Parkhaus in Höhe von 3 Millionen Euro rentierten sich allenfalls bei guter Auslastung des Fahrradparkhauses.

Fahrradparkhaus in Hamburg: Behörde erwartet steigende Nachfrage

Die Verkehrsbehörde setzt dagegen auf die Zeit. „Das Fahrradparkhaus Kellinghusenstraße ist als Zukunftsprojekt bewusst auf die Bedarfe der kommenden Jahre ausgelegt. Der Senat geht von einer sukzessiv steigenden Nachfrage im Zuge der Fortschreitung der Mobilitätswende aus“, schreibt sie auch jetzt wieder in ihrer Antwort auf die SKA und sieht sich durch den leichten Aufwärtstrend bestätigt. „Dass der Senat die Dimensionierung des seit 2021 bestehenden Fahrradparkhauses mit angeblich zukünftigen Bedarfen rechtfertigt, ist fragwürdig, zumal der Fahrradverkehr in Hamburg im letzten Jahr sogar um vier Prozent gesunken ist“, findet hingegen CDU-Mann Seelmaecker.

In der näheren Umgebung der U-Bahn-Haltestelle Kellinghusenstraße gibt es viele weitere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder.
In der näheren Umgebung der U-Bahn-Haltestelle Kellinghusenstraße gibt es viele weitere Abstellmöglichkeiten für Fahrräder. © Carolin Ungrad | Carolin Ungrad

Die geringe Auslastung könnte seiner Meinung nach auch an den vielen anderen Fahrradabstellplätzen nahe der U-Bahn-Haltestelle Kellinghusenstraße liegen. Von den 404 kostenlosen Abstellplätzen im direkten Umfeld des Parkhauses waren zuletzt im Schnitt nur 67 Prozent belegt. Hier sei also noch massig Platz. „Der Radverkehr in Hamburg könne besser gefördert werden, als mit dieser Steuerverschwendung in Millionenhöhe für ein sinnloses Fahrradparkhaus!“, so Seelmaecker.

Verkehr in Hamburg: Wetter laut Forschern nicht zu schlecht zum Fahrradfahren

Das Wetter hingegen ist schon mal nicht schuld. Das Vorurteil, dass das Wetter in Hamburg oft viel zu schlecht ist fürs Fahrradfahren, stimme so gar nicht, wie Forscher der Universität Hamburg jetzt herausfanden. Sie hatten in einer Sommersaison die Wetterdaten von mehr als 100 Messstationen ausgewertet und mit 10.000 simulierten Radtouren durch Hamburg kombiniert. Bei schlechtem Regen-, Hitze- oder Sturmwetter sollten die Ampeln in dem Schema auf Gelb oder Rot springen, sagte Studienautorin Amelie Schmitt vom Meteorologischen Institut. Doch das taten sie erstaunlich selten: Die Ampel habe für zwei Drittel der Fahrten grünes Licht gegeben.

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„Anders als ich gedacht hätte, ist Regen gar nicht das Hauptproblem in Hamburg. Nur etwa fünf bis zehn Prozent der Zeit haben wir eine Ampel, die auf Gelb oder Rot springt wegen Regen, Sturm oder Wind.“ Stattdessen ist das Hauptrisiko für schlechtes Fahrradwetter die Temperatur – zu kalt im Winter und zu heiß im Sommer. Das heißt im Umkehrschluss: Rund ums Jahr sei das Wetter in der Stadt zu 90 Prozent radfahrtauglich: Denn bezogen auf alle gemessenen Wetterrisiken zeigte die Ampel nur in fast zehn Prozent aller Fälle Rot. mit dpa