Hamburg. Generell lieben die Menschen ihr Hamburg. Bürgerbefragung 2024 zeigt aber auch auf überraschenden Feldern Verbesserungsbedarf.
Sie haben 8760 Leute gefragt – und sind auf reichlich positive Gemüter gestoßen. Zwischen dem 31. Januar und 30. April konnten Bürgerinnen und Bürger im Anschluss an ihren Besuch der Standorte für Einwohnerangelegenheiten des Hamburg Service vor Ort einen digitalen Fragebogen ausfüllen. Die Ergebnisse dieser Hamburger Bürgerbefragung 2024 liegen nun vor. Sie zeigen: Die Hamburger leben äußerst gern in ihrer Stadt – und sind auch mit der Verwaltung zufriedener, als es sich aufgrund mancher Anekdote rund um Wartezeiten, Behördendschungel und Antragsstellung erwarten lässt.
Bürgerbefragung 2024 zeigt: Hamburger lieben ihre Stadt
Die Hamburger sind hochzufrieden mit ihrem Wohnort: 90 Prozent der Befragten leben gern oder sehr gern (58 Prozent) in der Hansestadt. Am besten gefällt es 70 bis 79 Jahre alten Einwohnern hier. Fast 70 Prozent der Befragten dieser Altersgruppe sind sehr zufrieden mit dem Leben in Hamburg.
Die Bewohner der Stadt schätzen die Möglichkeiten für Sport und Bewegung (78 Prozent sind zufrieden oder sehr zufrieden) und das Angebot an Grünflächen in ihrem Wohnumfeld (64 Prozent sind zufrieden oder sehr zufrieden). Ebenfalls erfreulich: Die Lärmbelästigung durch Bahn- und Flugverkehr empfinden 81 beziehungsweise 67 Prozent der Befragten nur als (sehr) gering. Stärker stören sie sich am Straßenverkehr, dessen Lärmbelästigung 56 Prozent als teilweise bis sehr störend empfinden.
Umfrage: Das sind Hamburgs größte Herausforderungen
Sowieso: Auf der Straße läuft noch nicht alles rund in Hamburg – zumindest nicht für jeden. Zwar bewerten ÖPNV-Nutzer und Fußgänger die Verkehrssituation in ihrem Wohnumfeld mehrheitlich als mindestens zufriedenstellend (69 bzw. 63 Prozent). Autofahrer und Radfahrer sehen hier aber Verbesserungsbedarf. Jeweils rund 60 Prozent von ihnen haben die Frage mit „neutral“, „unzufrieden“ oder „sehr unzufrieden“ beantwortet.
Die größten Herausforderungen für die Stadt, die die Umfrageteilnehmer aus einer Reihe von Vorschlägen wählen konnten, haben sich im Vergleich zur letzten vergleichbaren Bürgerbefragung aus dem Jahr 2019 nicht geändert. Das (fehlende) Wohnungsangebot, Kriminalität und Sicherheit sowie Armut belegen hier die vorderen Plätze. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), dessen Behörde die Befragung in Zusammenarbeit mit der Wissenschaftsbehörde (für Bezirke zuständig) durchgeführt hat, versichert: „Wohnen ist auch das Topthema für den Senat.“
Die meisten Bürger mit Hamburger Verwaltung zufrieden – Wartezeiten größtes Minus
Für Dressel ist die Verwaltung „ein Bereich, der besonders auf Legitimation der Bürgerinnen und Bürger angewiesen ist“, sagt er. Dass 68 Prozent der Befragten mit der Hamburger Verwaltung mindestens zufrieden und jeder Fünfte sogar sehr zufrieden ist, freue ihn. Die meistgenannten Eigenschaften der Verwaltung, die die Befragten aus einer Reihe von Vorschlägen wählen konnten, lauten: bürgerfreundlich, kompetent und digital. Für sparsam, interkulturell und modern hielten hingegen die wenigsten Teilnehmer den Behördenapparat.
Bei den Zufriedenen punktete der Besuch im Hamburg Service vor Ort in erster Linie durch die Freundlichkeit der Mitarbeiter, aber auch die fachliche Beratung. Wer die Service-Zentren eher unzufrieden verließ, der ärgerte sich in den meisten Fällen (41 Prozent) über lange Wartezeiten.
Deutlich zeigt sich auch: Die Bürger erwarten zunehmend Online-Lösungen. Lediglich ein Prozent der Befragten möchte von der Verwaltung noch bevorzugt per Post kontaktiert werden, die knappe Mehrheit mit 51 Prozent allerdings online.
Senatoren sehen Handlungsauftrag: Hier wollen sie Bürgern entgegenkommen
Finanzsenator Dressel und Bezirkssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) betonen, dass die Umfrage kein bloßes Stimmungsbild bleiben soll. „Das ist ein konkreter Handlungsauftrag für uns“, sagt Dressel. In der Befragung wurde schließlich auch erfragt, was sich die Bürger von der Verwaltung noch wünschen. 54 Prozent gaben etwa an, dass sie Verwaltungsleistungen gern bargeldlos bezahlen würden. E-Payment-Systeme wie zum Beispiel PayPal anzubieten sei für Dressel daher nun auch eine „Toppriorität“.
44 Prozent der Befragten äußerten zudem, dass sie Kfz-An- und Abmeldungen künftig gern an zentralen Kundenzentren erledigen würden. Dafür ist der Landesbetrieb für Verkehr zuständig, der laut Dressel beispielsweise Mitarbeiter (zeitweise) an zentrale Standorte abordnen könnte, sodass den Bürgern Fahrzeiten erspart werden.
Für Senatorin Fegebank zeichnet sich eine große Baustelle in puncto Gleichstellung ab, das Thema fällt in ihr Ressort. In der Umfrage gab eine knappe Mehrheit von 51 Prozent an, dass die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern in Hamburg noch nicht erreicht sei. Unter den Teilnehmerinnen waren es sogar 63 Prozent. Fegebank wisse um die Situation, sagt sie. Gender Pay Gap, Gender Care Gap, Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie: Da sei trotz aller bisheriger Anstrengungen noch ein weiter Weg zu gehen.
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Bürgerbefragung 2024: Geschlechtergleichstellung nicht erreicht
Durchgeführt hatte die Umfrage der Technologie-Dienstleister Qualitize, der im Jahr 2015 den Hamburger Gründerpreis gewann. Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig und selbstverständlich anonym. Von den Befragten waren 54 Prozent weiblich und 45 Prozent männlich. Rund jeder fünfte Teilnehmer hatte einen Migrationshintergrund. Fast drei Viertel der Befragten wohnen seit 15 Jahren oder länger in Hamburg, und die am stärksten vertretene Altersgruppe lag bei 50 bis 59 Jahren. Die letzte Befragung dieser Art führte die Finanzbehörde vor fünf Jahren mit 7900 Teilnehmern durch.