Hamburg. Crash am Jungfernstieg kein Einzelfall. Zahl der Unfalltoten könnte erstmals wieder auf über 30 steigen. 1970 war es ein Vielfaches.
Blumen liegen an der Stelle, Jungfernstieg Ecke Ballindamm, an der am vergangenen Dienstag ein Mitarbeiter (39) der Hochbahn bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Die Anteilnahme ist riesig, die Betroffenheit groß – auch weil ein 18-jähriger Fahranfänger, der am Steuer eines 612 PS starken AMG-Mercedes saß, nach dem jetzigen Stand der Ermittlungen den Unfall verursachte. Bislang kamen in Hamburg 2024 insgesamt 17 Menschen durch Verkehrsunfälle ums Leben. Damit könnte es in diesem Jahr – erst mal seit Langem – wieder mehr als 30 Verkehrstote innerhalb eines Jahres geben. Das war zuletzt 2012 der Fall.
Die Zahlen sind, schaut man sich nüchtern die Statistik an, deutlich niedriger als vor 50 Jahren. Denn 1970 hatte das noch ganz anders ausgesehen. Damals kamen auf Hamburgs Straßen innerhalb eines Jahres 379 Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Es gab rechnerisch keinen Tag ohne Verkehrstote in der Stadt. 1973 sank die Zahl auf unter 300 Verkehrstote. Erst 1982 gab es weniger als 200 Verkehrstote. Bis 1991 dauerte es, bis die Zahl der Verkehrstoten mit 90 erstmals im zweistelligen Bereich lag. Das blieb bis heute so. Die wenigsten Verkehrstoten in Hamburg gab es 2020 mit 15. Es war ein Coronajahr.
Polizei Hamburg: Zwei Tote in der Nacht zu Heiligabend in Harvestehude
In den vergangenen Jahren gab es immer wieder besonders aufsehenerregende Verkehrsunfälle, bei denen eine viel zu hohe Geschwindigkeit eine Rolle spielte. Erst im letzten Jahr verunglückte in der Nacht zu Heiligabend ein Rolex-Händler in der Heilwigstraße in Harvestehude mit seinem Porsche. Neben dem 57-Jährigen starb eine seiner beiden Mitfahrerinnen. Vermutlich war der Mann, der seit elf Jahren keinen Führerschein mehr hatte, zu schnell in eine Kurve gefahren und hatte dabei die Kontrolle über den Sportwagen verloren.
Am 13. November 2019 entdeckte ein Lastwagenfahrer ein Auto in einem Regenrückhaltebecken in Altenwerder. Im Fahrzeug wurden die Leichen zweier 29 und 30 Jahre alter Männer entdeckt. Das Fahrzeug war vermutlich in Folge von zu hoher Geschwindigkeit in einer Kurve von der Fahrbahn abgekommen. Die Männer hatten den Wagen, der als gestohlen gemeldet war, mit Fake-Personalien bei einem Carsharing-Unternehmen angemietet.
Unfallfahrer vom Ballindamm kam wegen Mordes ins Gefängnis
Ein besonders dramatischer Unfall ereignete sich in der Innenstadt – und er hatte drastische strafrechtliche Konsequenzen: Auf der Flucht vor der Polizei raste am 4. Mai 2017 ein 25-Jähriger mit einem gestohlenen Taxi auf dem Ballindamm in ein entgegenkommendes Taxi. Einer der beiden Fahrgäste (22), ein Barkeeper, der kurz zuvor zugestiegen war, starb. Der Taxifahrer und der zweite Fahrgast erlitten lebensgefährliche Verletzungen. Der Unfallfahrer wurde später wegen Mordes angeklagt und verurteilt.
Hamburg: Unfall an Stauende auf der A1 löschte ganze Familie aus
Eine vierköpfige Familie wurde am 18. Juli 2016 bei einem Verkehrsunfall auf der A1 bei Billstedt ausgelöscht. Das Lehrerehepaar und ihre beiden 17 und 13 Jahre alten Kinder hatten in einem Citroën Picasso gesessen, der an einem Stauende von einem Laster auf einen vor ihnen stehenden Laster geschoben wurde.
Am 10. Juli 2012 starben auf dem Ehestorfer Heuweg in Hausbruch der Fahrer (30) eines Honda Accord und seine Schwester (32). Der Fahrer hatte nach einem gewagten Überholmanöver und bei zu hoher Geschwindigkeit beim Wiedereinscheren die Kontrolle über seinen Wagen verloren. Der Honda prallte gegen einen Laternenmast und gegen einen Baum. Zwei weitere Insassen im Wagen überlebten den Unfall schwer verletzt.
Löschfahrzeug auf Einsatzfahrt kollidierte in Tonndorf mit Linienbus
Am 6. Juli 2011 rammte ein Löschfahrzeug der Feuerwehr auf der Stein-Hardenberg-Straße in Tonndorf einen Linienbus. Eine Frau (62) und ein 78 Jahre alter Mann, beide Fahrgäste im Bus, kamen ums Leben. Das Einsatzfahrzeug der Feuerwehr war mit Sonderrechten auf dem Weg zu einem Feuer am Gropiusring gewesen.
- Tödlicher Porsche-Unfall – Fahrer besaß keinen Führerschein
- Horror-Unfall von Eppendorf: Drei Brüder klagen an
- 17jähriger raste in Blankenese in den Tod
In Erinnerung haben wohl die meisten Hamburgerinnen und Hamburger noch den schrecklichen Unfall an der Kreuzung in Eppendorf: Auf der Eppendorfer Landstraße verlor am 12. März 2011 in Folge eines epileptischen Anfalls der Fahrer die Kontrolle über seinen Fiat. Er drückte im Krampf das Gaspedal durch. Der Wagen schleuderte in eine Gruppe von Fußgängern, die an einer Ampel stand. Vier Menschen, darunter der Schauspieler Dietmar Mues und seine Frau, kamen ums Leben. Auch bei dem tödlichen Unfall am Jungfernstieg in dieser Woche steht im Raum, dass der Unfallfahrer am Steuer ohnmächtig geworden sein könnte. Das jedenfalls gab sein Vater zu Protokoll. Nach dem Crash war der 18-Jährige allerdings ansprechbar gewesen.
Polizei Hamburg: Urgroßneffe des Hitler-Attentäters starb auf der Elbchaussee
Am 14. April verlor auf der Elbchaussee in Ottensen der Fahrer eines Opel Omega Kombi 3.2 V6 die Kontrolle über den Wagen. Das Fahrzeug prallte gegen einen Baum. Der Fahrer konnte nur noch tot geborgen werden. Es war der erst 17 Jahre alte Urgroßneffe des Hitler-Attentäters Graf von Stauffenberg, der sich ohne Führerschein hinter das Lenkrad gesetzt hatte.