Hamburg. Ermittlungen zu tödlichem Unfall auf Jungfernstieg werden Wochen dauern. Vermietungen haben bereits Beschränkungen für jüngere Fahrer.

Nach dem schrecklichen Verkehrsunfall auf dem Jungfernstieg Ecke Ballindamm, bei dem ein 39 Jahre alter Familienvater ums Leben kam, laufen die Ermittlungen zur Unfallursache auf Hochtouren. Bislang ist unklar, warum der 18 Jahre alte Fahrer eines über 600 PS starken Mercedes MG GLE 63S Coupé die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat. Die Ermittlungen werden vermutlich mehrere Wochen dauern. Skeptisch sehen Experten PS-Beschränkungen in Anlehnung an den Stufenführerschein, der für Motorräder gilt, auch für Autos, die jüngere Fahrer lenken dürfen.

Bislang ist es eine plötzliche Erkrankung, die bei dem Unfall am Jungfernstieg als Ursache im Raum steht. Der Vater des Unfallfahrers, der zum Zeitpunkt des Unglücks am Dienstagvormittag auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, soll gegenüber Polizisten geäußert haben, dass sein Sohn während der Fahrt kurzzeitig das Bewusstsein verloren habe.

Unfall mit 600-PS-Auto am Jungfernstieg: 39-jähriger Hochbahn-Mitarbeiter stirbt

Der Mercedes war in Höhe der Europa Passage von der Fahrbahn abgekommen, durch den Außenbereich einer Gastronomie, in der zu dem Zeitpunkt wegen des schlechten Wetters keine Gäste saßen, gerast und auf einen VW Transporter geprallt. Der hatte den 39 Jahre alten Hochbahn-Mitarbeiter erfasst, der vor dem Fahrzeug gestanden hatte.

Der Mann erlitt so schwere Verletzungen, dass er starb. Danach war der Mercedes in den Eingangsbereich der dortigen Haspa geschleudert. Verletzt wurden zwei Passanten, von denen einer von umherfliegenden Trümmern getroffen worden war, der Vater auf dem Beifahrersitz und der Unfallfahrer selbst.

Jungfernstieg Hamburg: Experten wollen tatsächliche Unfallursache abwarten

„Wir müssen erst einmal abwarten, was die tatsächliche Unfallursache ist“, sagt Christian Hief vom ADAC Hansa. Sollte sich eine Erkrankung als ursächlich herausstellen, hätte der Unfall auch mit einem 100 PS starken Auto vergleichbar passieren können.

Am Jungfernstieg in Hamburg raste der 600 PS starke Wagen in die Haspa und schob einen Transporter auf Passanten.
Am Jungfernstieg in Hamburg raste der 600 PS starke Wagen in die Haspa und schob einen Transporter auf Passanten. © Michael Arning | Michael Arning

„Wir wissen auch, dass viele junge Leute, die erst gerade ihren Führerschein gemacht haben, nicht gleich ein eigenes Auto besitzen. Sie fahren den Wagen des Vaters oder der Mutter, der dann womöglich stärker motorisiert ist“, so Hief. Aber PS-Grenzen seien nicht zielführend. „Ein kleines, leichtes Auto mit einem geringen Gewicht kann auch bei einer vergleichsweisen geringen PS-Zahl hohe Beschleunigungswerte erreichen“, so Hief. Große Autos bräuchten dagegen wegen des Gewichts einen leistungsstärkeren Motor.

Auch Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, sieht PS-Begrenzungen kritisch. „Bevor man hier ein neues Fass aufmacht, sollte man überlegen, wie und wer das auch noch kontrollieren soll. Zudem ist beispielsweise eine Altersbeschränkung nicht zielführend. Man muss nicht mit 18 Jahren einen Führerschein machen, sondern kann das auch mit 25 tun und ist dann auch ein Fahranfänger.“

Autovermieter lassen junge Fahrer nicht an „dicke Autos“

Autovermietungen dagegen setzen voll auf Altersbeschränkungen. So gibt es Fahrzeuggruppen, die man erst mieten kann, wenn man 21 Jahre oder sogar 25 Jahre alt ist. Einige Autovermieter überlassen unter 21-Jährigen gar keine Fahrzeuge oder fordern eine höhere Gebühr von unter 25-Jährigen, um das erhöhte Unfallrisiko abzudecken. Allerdings machen sie das auch, wenn ältere Menschen ein Auto mieten wollen, oder überlassen Fahrzeuge nur an Mieter bis zu einem Alter von 75 oder 80 Jahren.

Die Aufarbeitung des Verkehrsunfalls am Jungfernstieg dürfte mehrere Wochen dauern. Zuständig ist der Verkehrsunfalldienst. Das sind Beamte, die ausschließlich schwere Verkehrsunfälle bearbeiten, dann etwa, wenn es Verletzte gab, eine Unfallflucht begangen wurde, der Fahrer angetrunken, berauscht oder unter Medikamenteneinfluss war. Damit haben die Beamten des Verkehrsunfalldienstes viel zu tun. In Hamburg gab es im vergangenen Jahr allein 7755 Verkehrsunfälle, bei denen mindestens ein Mensch zu Schaden kam.

Unfall am Jungfernstieg in Hamburg: Experte begutachtet 600-PS-Auto

Bei tödlichen Verkehrsunfällen wird in der Regel ein Sachverständiger hinzugezogen. Er ist für die gerichtsfeste Rekonstruktion des Unfalls zuständig und versucht beispielsweise, die Geschwindigkeit des Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt zu ermitteln. Auch begutachtet er das, wie auch im Fall Jungfernstieg, sichergestellte Unfallfahrzeug, das auf dem extra gesicherten Verwahrplatz der Polizei in Billbrook steht.

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Bei ihrer Arbeit bekommen die Beamten des Verkehrsunfalldienstes weitere, vor allem technische Unterstützung. Der Ort eines schweren Verkehrsunfalls wird durch Fotos, aber vor allem mithilfe eines 3-D-Scanners detailgenau dokumentiert. Eine Drohne sorgt für Übersichtsfotos aus der Luft. Bereits an der Unfallstelle werden Zeugen befragt. Zeugen, die nicht sofort greifbar sind, werden zu einer Vernehmung geladen. Die Beamten bekommen auch die Ergebnisse der von einem Arzt auf Anweisung der Staatsanwaltschaft entnommenen Blutprobe des Unfallfahrers.