Hamburg. Was die Mahlzeiten in den Schulkantinen kosten, wie viel die Behörde zuschießt. Frisch gekochtes Essen in Hamburg auch im Schuljahr 2024/2025 selten.
- Lebensmittelpreise steigen: Daher wird auch Schulessen teurer
- Stadt Hamburg übernimmt einen Teil der Mehrkosten
- Behörde plant weitere 90 Schulkantinen
„Ein gesundes und möglichst frisch zubereitetes Essen ist für einen erfolgreichen Ganztag von großer Bedeutung. Daher sollen im Rahmen des laufenden Ausbauprogramms der Schulküchen, Kantinen und Mensen die Voraussetzungen geschaffen und Prozesse initiiert werden, die ermöglichen, dass das Essen möglichst ortsnah zubereitet wird.“ Das hat die Bürgerschaft im Rahmen des Konsenses mit der Volksinitiative „Guter Ganztag“ am 15. Juni 2016 beschlossen.
Genau acht Jahre später fällt die Bilanz in puncto frischer Zubereitung ernüchternd aus, und es wird deutlich, dass das entscheidende Wort in den beiden zitierten Sätzen „möglichst“ ist.
Der schulische Ganztag in Hamburg gilt als vorbildlich und nimmt im Ranking der Bundesländer eine Spitzenposition ein. Die Auslastungsquote des bis 16 Uhr überdies kostenlosen Angebotes liegt in den Grundschulen bei über 85 Prozent. Ein zentrales Element der ganztägigen Bildung und Betreuung ist das schulische Mittagessen. Die Stadt hat seit 2011 für rund 290 Millionen Euro mehr als 280 Schulkantinen neu gebaut und für rund 50 Millionen Euro an 50 weiteren Standorten in Verbesserungen bestehender Mensen investiert.
Lebensmittelpreise steigen: Schulessen in Hamburg wird teurer
Aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der Linken-Bürgerschaftsfraktionschefin Sabine Boeddinghaus ergibt sich nun, dass 195 der bestehenden 259 Schulkantinen mit Ganztagsküchen ausgestattet sind, in denen „gelieferte Speisen zum Verzehr aufbereitet“ werden, wie der Senat schreibt. In lediglich 64 Schulen gibt es Vital- oder Produktionsküchen, in denen „Speisen vor Ort zubereitet“ werden, wie es die Bürgerschaft 2016 eigentlich als Ziel beschlossen hatte. Die Schulen schließen mit Cateringunternehmen Verträge ab, die die Essen anliefern oder vor Ort zubereiten.
„Fast zehn Jahre nach der Einigung mit der Volksinitiative ,Guter Ganztag‘ sind immer noch 75 Prozent der Küchen an Hamburger Schulen Aufwärmungsküchen. Nur ein Viertel sind Küchen, in denen das Essen frisch zubereitet werden kann“, kritisiert Boeddinghaus, die die damals vereinbarten Qualitätsstandards für das Schulessen nicht eingehalten sieht. „Bei Frische und Qualität ist noch Luft nach oben“, sagt die Linken-Politikerin.
90 weitere Schulkantinen werden gebaut, in denen zumeist frisch gekocht werden kann
Noch sind nicht alle der rund 350 staatlichen allgemeinbildenden Schulen mit Küchen und Essensräumen ausgestattet. Die weiteren Planungen der Schulbehörde sehen allerdings vor, dass die Vital- oder Produktionsküchen in Zukunft fast zum Regelfall werden. Laut der Senatsantwort gibt es Planungen für 90 weitere Schulkantinen – darunter auch für 18 Schulneugründungen –, von denen nun der weit überwiegende Teil als Vitalküchen realisiert werden soll. An 81 Standorten ist diese aufwendigere Form der Essenszubereitung vorgesehen, an nur neun Standorten Ganztagsküchen, in denen die Speisen aufgewärmt werden.
Nach Informationen des Abendblatts galt die kostengünstigere Ganztagsküche in der ersten Phase des Ausbauprogramms für Kantinen als Standard, während das Qualitätsniveau durchaus im Einklang mit dem Bürgerschaftsbeschluss von 2016 bei künftigen Neubauten angehoben werden soll. „Grundsätzlich werden mittlerweile in allen neu gebauten Mensen Vitalküchen eingeplant. Nur in sehr kleinen Schulsystemen mit weniger als rund 350 Versorgungsteilnehmerinnen ist eine Vitalküche wirtschaftlich in der Regel nicht zu betreiben, sodass in diesen Fällen eine Ganztagsküche geplant wird“, heißt es in der Senatsantwort. An bestehenden Schulen würden Vitalküchen nur eingerichtet, „sofern die Gebäudestruktur einen Einbau zu wirtschaftlich vertretbaren Kosten zulässt“.
Für ein Mittagessen müssen Eltern vom 1. August an 4,70 statt 4,35 Euro bezahlen
„Zwar umfasst die Mehrzahl der künftigen geplanten Baumaßnahmen Frischeküchen, doch rund zehn Prozent sind auch wieder nur Aufwärmküchen. Die Vereinbarung mit der Volksinitiative sagt nichts über die Frage der Wirtschaftlichkeit. Dass das Geld nicht reichen würde, ist eine Entscheidung der Schulbehörde“, kritisiert Boeddinghaus. „Wieso sollten die rechnerisch rund 2800 Schülerinnen und Schüler an den neun Standorten kein frisches Essen wollen, und wieso sollen sie es nicht bekommen?“, fragt die Abgeordnete. Im Übrigen sei völlig offen, wie und wann die Nachrüstung der bestehenden Kantinen zu Vitalküchen laufen soll.
Nun ist die Zubereitung des Schulessens das eine, die Kosten sind das andere. In einem Schreiben an die Eltern der Schülerinnen und Schüler hat die Behörde jetzt angekündigt, den Höchstpreis für ein Mittagessen zum 1. August um 35 Cent auf 4,70 Euro anzuheben. „Angesichts der nach wie vor hohen Lebensmittelpreise deckt dieser Betrag derzeit nicht die tatsächlichen Kosten für ein Mittagessen“, heißt es in dem Behördenschreiben, das dem Abendblatt vorliegt. Daher könnten die Caterer vom 1. August an bis zu 5,50 Euro (bislang 5,30 Euro) pro Essen abrechnen.
Hamburg: Ein Drittel der Eltern muss nicht den vollen Preis zahlen, ein Drittel zahlt gar nichts
„Die Differenz in Höhe von 80 Cent zwischen dem von Ihnen zu zahlenden Maximalpreis von 4,70 Euro und der neuen Preisobergrenze für die Caterer übernimmt die Schulbehörde und rechnet die Differenz direkt mit den Caterern ab“, schreibt die Behörde. Ein Drittel der Eltern zahlt den Höchstsatz pro Mittagessen, ein weiteres Drittel zahlt einen reduzierten Preis, und ein Drittel der Schülerinnen und Schüler erhält das Essen kostenfrei.
An den staatlichen Schulen werden pro Jahr rund 16 Millionen Essen ausgegeben. Von den Kosten in Höhe von 75 Millionen Euro finanzieren die Stadt und der Bund nach Angaben des Senats mehr als die Hälfte. Die Zuschüsse der Stadt sind im Laufe der vergangenen Jahre gestiegen. Allein für den Grundschulbereich gab die Stadt von 2021 bis 2023 Zuschüsse in Höhe von 26,21 Millionen Euro, damit Eltern im Rahmen der Sozialstaffel weniger oder gar nichts für die Essen ihrer Kinder zahlen mussten.
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Noch einmal 5,46 Millionen Euro gab die Stadt laut Senatsantwort auf die Boeddinghaus-Anfrage aus, um Preissteigerungen bei der Herstellung der Essen aufzufangen und nicht den Eltern aufzubürden. Allein 2023 lag der städtische Ausgleichsbetrag bei 3,06 Millionen Euro.
Seit 2020 ist mit den Cateringunternehmen vereinbart, dass der von den Eltern zu zahlende Höchstpreis pro Essen nach den Sommerferien „auf der Grundlage eines festen Schlüssels an die allgemeine Preisentwicklung angepasst wird“, wobei die Stadt einen Teil der Preiserhöhung übernimmt. „Damit setzt der Hamburger Senat konsequent die seit 2020 begonnene Linie durch, im Sinne der Familien, Kinder und Jugendlichen ein schulisches Mittagessen zu vertretbaren Preisen zu sichern und den an den Hamburger Schulen tätigen Cateringunternehmen angemessene Preise zu ermöglichen“, heißt es in dem Brief der Behörde an die Eltern.