Hamburg. Senatsantwort auf Linken-Anfrage zeigt neue Zahlen zu erwarteten Fahrgästen. Hochbahn legt weitere Details zu Bau und Zeitplan der U5 vor.

Das Hamburger Jahrhundertprojekt U5 ist schon jetzt im Stadtbild sichtbar: In Bramfeld, an der Sengelmannstraße und in der City Nord wird bereits gebuddelt. Entlang der künftigen 25-Kilometer-Strecke der neuen U-Bahn, die 2040 komplett fertig sein soll, stehen in diesen Tagen Lkw mit Generatoren und Tiefenbohrern. Sie nehmen Proben aus dem Hamburger Untergrund, um zu sehen: Welche Gesteinsschichten befinden sich hier? Gibt es Granit im Weg des Tunnelbohrers? Wenn für die führerlose Hightech-Bahn U5 zwischen 14 und 16,5 Milliarden Euro vergraben werden sollen, will die Hochbahn die Zahl der Überraschungen klein halten.

Und doch liegen immer wieder Steine auf dem Weg zur neuen Vorzeigelinie. Der dickste ist die Grundsatzfrage: Braucht Hamburg die U5 wirklich? In einer neuen Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Verkehrsexpertin Heike Sudmann schimmern Zahlen durch, die die Kritiker zu bestätigen scheinen. So heißt es nun, dass 102.000 Menschen erstmals von einem U-Bahn-Anschluss profitierten. Zuletzt kursierte immer die Zahl von 180.000. Die schloss laut Senat aber immer diejenigen ein, deren Anschluss „besser“ wird.

U5 in Hamburg: Kritiker schüren neue Zweifel am Hamburger Jahrhundertprojekt

Das heißt: „Besser“ wird es entlang der Strecke auch für 13.200 Menschen an der Hoheluftbrücke. Sie haben mit der Ringlinie U3 zwar bereits eine U-Bahn. Doch mit der U5 verbessert sich der Anschluss Richtung UKE, Lokstedt und Arenen im Volkspark sowie zum Hauptbahnhof. Sudmann hält das für Trickserei. Der Senat habe das auf ihre Nachfrage klarstellen müssen. „Kein Wunder, denn die U5 fährt an den Bedarfen der Menschen vorbei.“

Die Anbindung von Quartieren an den ÖPNV und die Fahrgastzahlen sind entscheidend für den Nutzen-Kosten-Faktor, der über Milliarden-Zuschüsse vom Bund entscheidet. Hochbahn und Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) verweisen darauf, dass die U5 viele Orte anschließt, an denen es eine große Zahl von Arbeitsplätzen gibt, wie in der City Nord oder am UKE, in dessen Nähe sich auch Beiersdorf befindet.

U5 wirft Fragen zu Reisezeiten und Umstiegen für Fahrgäste auf

U5 geplante Haltestelle Borgweg
Hamburger Hochbahn: Das ist die geplante Haltestelle Borgweg der neuen U-Bahn U5 © Hamburger Hochbahn/Blunck+Morgen Architekten | Hamburger Hochbahn/Blunck+Morgen Architekten

Sudmann bemängelt ebenso die Angaben über die eingesparten Reisezeiten aus Bramfeld zur City Nord sowie die angepeilte Fertigstellung des ersten Streckenabschnitts. Der soll entgegen der ursprünglichen Planung direkt bis zum Borgweg laufen, um U1 und U3 zu kreuzen: „Die vermeintlich guten Nachrichten zur U5 – verkündet am 30. Mai, rechtzeitig vor den Bezirkswahlen – entpuppen sich mit den jetzigen Senatsantworten als Verschlechterung oder leere Versprechen. Für die Einwohnerinnen und Einwohner von Bramfeld und Steilshoop verzögert sich der U-Bahn-Anschluss weiter. Ursprünglich für 2027, dann für 2030 angekündigt, soll es jetzt erst 2033 so weit sein. Ob der technisch mögliche 90 Sekunden-Takt dann kommt, ist noch lange nicht entschieden.“

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U5: Strecke führt unter Alster und Isebek hindurch

Die Reisezeitverkürzungen fänden vor allem auf dem Papier statt. „Denn die langen Wege in Steilshoop zur einzigen U-Bahn-Haltestelle werden nicht berücksichtigt. Nach Barmbek, dem häufigsten Fahrtziel der Steilshooper, gibt es gar keine Verkürzung der Reisezeit.“ Bei den Reisezeiten spielt eine Rolle, wie tief die Fahrgäste zur Bahn hinabsteigen. Die Lage der Bahnsteige unter der Erde – mit Treppen, Rolltreppen oder Aufzügen erreichbar – ist offenbar nicht so extrem wie früher befürchtet. Die Hochbahn spricht von 13 bis 16 Meter Tiefe im Mittel für die Bahnsteige.

U5: Neue Hamburger U-Bahn in der Animation

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    In der City Nord etwa (bis 12,9 Meter) geht es nicht so weit hinunter wie am Jungfernstieg (bis 25,1 Meter). Das hängt mit bestehenden U-Bahnhöfen zusammen und mit Tunneln unter Alster oder Isebek. Die Hochbahn schränkt ein, dass sich die genaue Lage noch durch die Planungen verändern können. Sudmann stellt das nicht zufrieden. Für sie ist bei der U5 zu viel „Blick in die Glaskugel“ im Spiel. „Für mich wirkt das Ganze wie das Pfeifen im Walde beziehungsweise im U-Bahn-Tunnel. Ganz nach dem Motto: Hoffentlich merkt keiner, dass der Senat mit der U5 auf wackeligen Füßen steht.“