Hamburg. Bis zu 75 Prozent der Kosten für neue Hamburger U-Bahn vom Bund. Neue Details zur Strecke und zu Hintergründen der U5.
Für den neuen Hochbahnchef Robert Henrich ist es ein Geldsegen zum Amtsantritt: Trotz der Haushaltsnotlage der Ampel und gestrichener Finanzierung für einige Projekte hat die Bundesregierung Hamburg für das Megaprojekt der neuen U-Bahn-Linie U5 Milliarden Euro an Fördergeldern zugesagt. Die Bauarbeiten auf dem Abschnitt der U5 Ost zwischen Bramfeld und der City Nord haben bereits begonnen. Die Gesamtstrecke soll weiter über den Hamburger Hauptbahnhof und Jungfernstieg zur Universität nach Hoheluft, zum UKE und weiter Richtung Hagenbeck und den Arenen im Volkspark führen. Mit einer Fertigstellung der Gesamtstrecke von knapp 25 Kilometern wird frühestens Ende der 2030er-Jahre gerechnet. Die U5 Ost dürfte Ende dieses Jahrzehnts mit ihren führerlosen Zügen rollen. Der Testbetrieb soll 2027 starten.
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, der Bund unterstütze Länder und Kommunen mit Milliarden Euro, um „den Nahverkehr mit mehr und besseren Angeboten attraktiver zu machen“. Hamburg profitiere bereits in „erheblichem Maße“ davon. Die U5 Ost sei in das Programm aufgenommen worden, das gefördert werde nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG). Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) sagte: Das zeige, dass die U5 stabil finanziert sei, sie werde mit Hochdruck umgesetzt und als „Deutschlands modernste U-Bahn“ künftig jeden Tag 270.000 Fahrgäste befördern. Er bedankte sich bei Wissing mit dem Hinweis, dass die Milliarden Euro vom Bund in diesen Tagen keine Selbstverständlichkeit seien.
U5: Milliarden Euro vom Bund für Bau der Hamburger U-Bahn
Dass bis zu 75 Prozent der Kosten für die U5 Ost aus Berlin übernommen werden, liegt an einem speziellen Nutzen-Kosten-Faktor. Planer und Bauer müssen nachweisen, dass er über der Zahl eins liege, also der „Gewinn“ für den Nahverkehr größer ist als der finanzielle Aufwand. Für die Gesamtstrecke der U5 wurden laut Verkehrsbehörde 1,23 erreicht. Diese Nachkommastellen machen viel aus bei den Förderanträgen Hamburgs an den Bund. Und Tjarks machte noch einmal deutlich, dass dieser förderfähige Nutzen beispielsweise mit einer U-Bahn-Ringlinie oder anderem nicht erreicht worden wäre: „Wir können die U-Bahn nur mit Unterstützung des Bunds bauen.“
Neben der U5, die auf dem ersten Abschnitt voraussichtlich 2,8 Milliarden und als Komplettwerk 16,5 Milliarden Euro kosten soll, setzt Hamburg auf die künftige S4 Richtung Ahrensburg, den weiteren S-Bahn-Ausbau und den geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnel (VET) zwischen Hauptbahnhof und Diebsteich. All diese Großprojekte sollen vom Bund mitfinanziert werden und werden buchstäblich für gewaltige Baustellen sorgen. Die Köhlbrandbrücke – oder Tunnel unter der Elbe – ist dabei ebenso wenig berücksichtigt wie die Hafenautobahn A26-Ost zwischen dem Süden des Elbtunnels an der A7 und der A1.
U5 fährt ohne Fahrplan alle 90 Sekunden
Der neue Vorstandsvorsitzende der Hochbahn, Robert Henrich, sprach von einer tollen Nachricht in seinen ersten Tagen im Job. Er war zuletzt Geschäftsführer beim Sammeltaxi-Unternehmen Moia. Die U5 gewährleiste den „entscheidenden Beitrag“ der Hochbahn zur Mobilitätswende.“ Die Gesamtstrecke soll etwa im Jahr 2040 fertig sein. Entlang der Strecke der U5 Ost von Bramfeld bis in die City Nord gibt es bereits deutlich sichtbare Baustellen. Henrich sagte, das derzeitige Netz von 106 Streckenkilometern wachse um 25 Kilometer, was ein erheblicher Zugewinn sei. Die führerlosen Züge fahren ohne Fahrplan, weil sie ohnehin alle 90 Sekunden an eine Haltestelle rollen werden. Über die Details zum Design der U5-Wagen wollte er nicht viel sagen, außer dass es eine Fortentwicklung des bestehenden werden dürfte.
In den hochgerechneten Gesamtkosten von 16,5 Milliarden Euro sind voraussichtliche Preissteigerungen enthalten. Henrich sagte, die Summe sei in Relation zu setzen mit dem, was der Autoverkehr koste und was die U5 tatsächlich Hunderttausenden an Mobilität ermögliche. Für die Linken in der Bürgerschaft kritisierte Verkehrsexpertin Heike Sudmann: Der größte Fehler der U5 sei, dass sie zu spät komme. „Die U5 Ost wird für die Fahrgäste frühestens 2032 zur Verfügung stehen, die gesamte U5 erst in den 2040er-Jahren. Die Verkehrswende kann nicht 20 Jahre warten, um mehr Fahrgäste aus dem Auto in den ÖPNV zu bringen.“
Sudmann erklärte, die U5 fahre an potenziellen neuen ÖPNV-Fahrgästen vorbei. „Sie ist aufgrund der Tunnellage irre teuer. Sie erzeugt im Bau viel mehr CO2 , als in den nächsten Jahrzehnten kompensiert werden kann, da der umweltverträglichere ‚grüne‘ Beton und Stahl für die U5 Ost noch nicht zur Verfügung steht.“ Die Linken sind Anhänger der Stadtbahn. Verkehrssenator Tjarks sagte: Das sei derzeit kein Thema. Aber: „Nichts ist endgültig vorbei.“
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Hamburg: Boden unter der Alster wird für Bau der U5 vereist
Verkehrsminister Wissing sagte, er wünsche Hamburg und der Hochbahn viel Erfolg bei diesem „hochkomplexen Großprojekt“. Damit trifft er einen Nerv. Denn Planung und Bau sind extrem schwierig. Einige Baugruben dürften wie am Grindel rund 1000 Meter lang werden, wo eine unterirdische Abstellanlage für Züge errichtet wird. Diffizil wird es auch am Jungfernstieg, wo wegen der Unterwasserarbeiten möglicherweise ein Teil des Grunds für die neuen Röhren vereist werden muss.
Das zeigt die Bauausschreibung, die dem Abendblatt vorliegt. Nicht weniger aufwendig ist es am Hauptbahnhof: Hier könnten neuer S-Bahn Tunnel VET und die U5-Halte gemeinsam geplant werden. Zwischen Museum für Kunst und Gewerbe und Ohnsorg-Theater könnte ein Baukrater vulkanischen Ausmaßes entstehen. Die durchschnittliche Tiefenlage der Bahnsteige soll 15 Meter unter der Straße liegen. Am Jungfernstieg werden es nach den Plänen sogar 26 Meter.
U5: Streckenverlauf mit neuen Details
Eine neue Illustration der Hochbahn zeigt den Streckenverlauf der U5 zwischen Bramfeld und City Nord mit den jeweiligen Notausstiegen und den Abstellanlagen. Darauf ist zu sehen, dass zwischen Bramfeld und Steilshoop gleich zwei Notausgänge geplant sind. Diese müssen ebenso wie die Haltestellen in offener Bauweise mit großen Gruben erstellt werden. Die Strecken werden mit einem unterirdischen Vortriebstunnelbohrer gebaut,
Nach Abendblatt-Informationen sind noch drei Klagen vor dem Oberverwaltungsgericht gegen die U5 Ost anhängig. Ob es der Hochbahn gelingt, auch diese Kläger zu befrieden, oder ob es zu einem Verfahren kommt, ist noch nicht abzusehen.