Hamburg. Wähler haben klare Botschaften an die Parteien. Wie sich das auf Bürgerschaftswahl auswirkt und was Grüne, SPD und CDU daraus lernen können.
Mangelnde Konsequenz kann man den Wählerinnen und Wählern in Hamburg nicht vorwerfen. Ihre Botschaft ist eindeutig, und sie richtet sich gegen die Grünen. Wie bei den Europawahlen sind die Grünen auch bei den Abstimmungen über die künftige Zusammensetzung der sieben Bezirksversammlungen die großen Verlierer. Zwischen sieben und zehn Prozentpunkte büßt der Koalitionspartner der SPD im Hamburger Rathaus in den Bezirken gegenüber 2019 ein. Die Grünen fallen fast zurück auf das Niveau von 2014.
Ihre Vormachtstellung kann die Partei, die vor Kurzem noch den Anspruch hatte, die Erste Bürgermeisterin zu stellen, nur in ihren Hochburgen Altona, Eimsbüttel und Hamburg-Nord bewahren, allerdings auch hier deutlich geschwächt. Die in Teilen desaströse Politik der Berliner Ampel-Regierung – Stichwort Heizungsgesetz – macht den Grünen auch an der Basis in den Kommunalvertretungen zu schaffen. Doch es wäre zu kurz gesprungen, wollte man den grünen Absturz bei der Bezirkswahl ausschließlich auf externe Effekte zurückführen.
Bezirkswahlen Hamburg: Warum Grüne so stark verlieren
Die grüne Verkehrspolitik, die auch vor der Vernichtung von Parkraum nicht zurückschreckt und den Autofahrern weniger Fahrspuren auf einigen Hauptstraßen einräumt, stößt offensichtlich selbst bei einem Teil der einstigen Grünen-Wählerschaft auf Ablehnung. Im Überschwang des historischen Wahlerfolgs 2019 sind die Grünen vor Ort bisweilen über das Ziel hinausgeschossen. Und manchmal hat es auch an der rechtzeitigen Erklärung und Begründung von Eingriffen in den Straßenraum gefehlt – früher war diese Form der politischen Transparenz eine Stärke der Grünen.
Im Windschatten des grünen Abstiegs kann sich die SPD in allen Bezirken etwas verbessern. Von nicht nur symbolischer Bedeutung ist, dass die SPD beim Hamburger Gesamtergebnis vorn liegt. Der Verlust des angestammten Platzes eins vor fünf Jahren hat schwer am sozialdemokratischen Selbstverständnis genagt. Doch ein Blick auf die Details der Ergebnisse zeigt, dass zum Jubel kein Anlass besteht für die SPD. Die Sozialdemokraten erobern zwei Bezirks-Rathäuser mit Harburg und Mitte, verlieren Bergedorf und ganz knapp Wandsbek. Klar ist aber auch, dass die SPD kaum von der Krise der Grünen profitieren kann und dass das rot-grüne Lager verliert.
Bezirkswahlen: CDU verbessert sich, aber noch keine Aufholjagd
Für die CDU wachsen die Bäume nicht in den Himmel, auch wenn die Partei mit Bergedorf und Wandsbek erstmals in Bezirken wieder vorn liegt. Die Union verbessert sich zwar in jedem Bezirk leicht, aber der Beginn der großen Aufholjagd, die CDU-Landeschef Dennis Thering nach dem Bürgerschafts-Debakel 2020 gern verkündet, ist das bei Weitem noch nicht.
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Die AfD wird in vier Bezirken zweistellig – das ist ein Alarmsignal, auf das die Politik nicht nur auf kommunaler Ebene reagieren muss. Es sieht nicht so aus, als ob die demokratischen Parteien ein Rezept gegen die Rechtspopulisten gefunden hätten, auch wenn deren Zuwächse in Hamburg geringer ausfallen als in anderen Regionen Deutschlands.
Was heißt das alles für die Bürgerschaftswahlen am 2. März 2025, also in nicht einmal neun Monaten? Ein vergleichbares Beben wie vor fünf Jahren, als die Grünen in der Folge der Bezirkswahlen die Machtfrage im Rathaus stellten, wird es diesmal nicht geben. Aber wahr ist auch: Das rot-grüne Stimmenpolster ist dünner geworden, das Regieren im Rathaus wird unbequemer. Da die CDU etwas aufrückt, wird ein Dreikampf etwas wahrscheinlicher.