Hamburg. Altonaer Schule verlor Zehntausende Euro an Kriminelle. Doch Initiatoren gaben nicht auf. Projekt trägt nun Früchte. Dahin war es ein langer Weg.
Während sich auf den Dächern anderer Schule Laub oder ein verirrter Fußball finden lassen, stehen seit Kurzem vier Windräder auf dem Gymnasium Allee in Altona. 15 Jahre lang hat es gedauert, das ökologische Projekt von der Idee in die Tat umzusetzen. Damals bildete sich unter der Schulleitung von Ulrich Mumm eine Projektgruppe aus Schülerinnen, Schülern und Lehrpersonal. Das Ziel: sich schulisch neben der Photovoltaikanlage und der Nutzung von Regenwasser auch mit Windenergie auseinanderzusetzen.
Obwohl die vier vertikalen Mikrowindräder schon an der Fassade am Schulgebäude angebaut wurden, stehen sie zunächst noch still. Für die offizielle Inbetriebnahme fehle noch die Verkabelung, erklärt der aktuelle Schulleiter Ulf Nebe. Lange müsse die Schulgemeinschaft aber nicht mehr darauf warten. „Ich bin Optimist und würde sagen, dass sie sich vor den Sommerferien drehen sollen“, sagt Nebe.
Schule in Hamburg-Altona erzeugt endlich eigenen Strom – 15 Jahre nach Betrug
„Ich dachte: In zweieinhalb Jahren ist das Ding fertig“, berichtet der ehemalige Schulleiter Mumm über seine Gedanken nach der Projektidee 2009. „Im Februar 2010 werden wir ein eigenes Windrad haben“, erklärte Mumm damals noch dem Hamburger Abendblatt. Die Umsetzung des Projektes zog sich jedoch in die Länge. Für die Idee bekam die Schule ursprünglich einen Preis der Körber-Stiftung verliehen, erhielt ein Preisgeld und sammelte 30.000 Euro für die Umsetzung. Laut damaliger Schätzungen sollte das Projekt rund 45.000 Euro kosten.
Gemeinsam mit mehreren Sponsoren beauftragte die Schule ein Bauunternehmen, um das Windradprojekt umzusetzen. Doch es kam anders als geplant: „Wir sind an eine betrügerische Firma geraten“, erzählt Mumm. Später zeigte die Schule das Unternehmen an, und ein Mann wurde verurteilt. Trotzdem habe die Schule nur rund 5000 Euro zurückbekommen, und der Großteil vom Geld sei weg, so der ehemalige Schulleiter und Vorsitzender des Ehemaligenvereins, Mumm.
Nach dem Verlust der Gelder lag das Projekt des Gymnasiums Allee zunächst auf Eis. 2011 jedoch, im selben Jahr, in dem der aktuelle Schulleiter Nebe das Zepter von Mumm übernahm, versprach die Umweltbehörde 35.000 Euro für das Projekt. Ein Jahr später erklärte der Landesbetrieb Schulbau Hamburg, der für die Bewirtschaftung und Baumaßnahmen an Hamburger Schulen zuständig ist, dass das Projekt nicht durchführbar sei. Alle Fördergelder wurden zurückgezahlt, und auch die Förderungen der Umweltbehörde wurden wegen Planungsverzögerung zurückgezogen, erinnert sich Mumm. Das Gymnasium Allee ließ sich jedoch nicht von der Idee abbringen. „Ein gutes Projekt gibt man nicht auf“, sagt der ehemalige Schulleiter Mumm. „Man verfolgt es, bis es Realität wird.“
Gymnasium in Altona nutzt Wind, Sonne und Regen für ökologische Projekte mit Lerneffekt
Im Jahr 2017 habe der Landesbetrieb seine Meinung jedoch geändert, erzählt Schulleiter Nebe, und gab dem Projekt grünes Licht. Noch bis 2022 ruhte das Vorhaben, bis Schulbau Hamburg dann eine Firma für den Windradbau beauftragte. 15 Jahre nach der ersten Idee für eigene Schul-Windenergie sind nun vier Mikrowindräder an dem Neubau des Gymnasiums Allee angebracht worden. Bei starkem Wind produzieren die Windräder jeweils ein Kilowatt Strom. Davon könne nicht die ganze Schule mit Strom versorgt werden, aber zumindest teilweise, sagt Schulleiter Nebe. Das Projekt sei jedoch pädagogisch sehr wertvoll und knüpfe an das Bewusstsein innerhalb der Schule an, dass man sich um Umwelt und Klima bemühen müsse. „Das hat eine lange Tradition“, so Nebe.
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Die Schul-Windräder über den Dächern Altonas sind nicht das einzige ökologische Projekt des Gymnasiums Allee. Schon seit dem Jahr 2000 hat die Schule eine Photovoltaikanlage, die Solarenergie produziert. Auch das Regenwasser wird aufgefangen und für die Toilettenspülungen genutzt. „Es war mir immer wichtig, dass es in der Schule ökologische Projekte gibt“, erklärt der ehemalige Schulleiter Mumm. Neben einem Unterrichtsfach mit dem Titel „Lernen mit Engagement“ gibt es an dem Gymnasium in Altona auch einen Klimarat. Besetzt ist er mit rund 40 freiwilligen Schülerinnen und Schülern aus allen Jahrgangsstufen. Gemeinsam setzen sie nachhaltige Projekte um.
Windradprojekt an Hamburger Schule dauert in der Umsetzung 15 Jahre
Durch das Windradprojekt sollen die Schülerinnen und Schüler nicht nur den verantwortungsbewussten Umgang mit Energie und Umwelt lernen. Genauso wie bei der Solaranlage soll es auch für die Windräder eine Anzeige geben, auf der die Schulgemeinschaft sehen kann, wie viel Energie die Mikrowindräder produzieren. Dadurch könnten die Jugendlichen an einem praktischen Beispiel in ihrer Schule wissenschaftliche Hypothesen aufstellen und diese überprüfen. Geplant ist aber auch, dass die Windräder mal Energie für eine E-Bike-Ladestation liefern. „Damit die Schüler merken, dass aus Windenergie Bewegungsenergie werden kann“, sagt Mumm.