Hamburg. Hamburgs Senat treibt Ausbau voran, auch weil ihn steigende Schülerzahlen dazu zwingen. 16 Schulen und 110 Sporthallen sind in Planung.
Solche Nachrichten sind derzeit selten: Während der Wohnungsbau bundesweit und auch in Hamburg zunehmend schwächelt und kaum noch neue Projekte angestoßen werden, soll der Schulbau zumindest in der Hansestadt weiter boomen. Nachdem man seit 2011 bereits 4,5 Milliarden Euro investiert habe, wolle man bis in die 2030er-Jahre weitere 5,5 Milliarden in den Neubau sowie die Sanierung und Modernisierung von Schulgebäuden stecken, teilten Schulsenator Ties Rabe und Finanzsenator Andreas Dressel (beide SPD) am Mittwoch mit.
Insgesamt summiere sich das Schulbau-Programm des Senats damit auf rund zehn Milliarden Euro, so Dressel: „Das ist wirklich ein Doppel-Wumms für die Hamburger Schulen.“ Teilweise kompensiere der Staat als Auftraggeber damit auch die Flaute an anderer Stelle. „Die Bauwirtschaft schätzt es sehr, dass sie sich auf den Hamburger Schulbau als Investitionsanker verlassen kann“, so der Finanzsenator. „Damit leisten wir nicht zuletzt einen Beitrag für die Handwerksbetriebe der Stadt und setzen konjunkturelle Impulse.“
Zehn Milliarden Euro für Hamburgs Schulgebäude – was wo geplant ist
Dass auch die Stadt von den „Unwuchten in der Bauwirtschaft“ betroffen sei, wie Dressel sagte, bestätigte Mandy Herrmann, Sprecherin der Geschäftsführung der städtischen Unternehmen Schulbau Hamburg (SBH) und Gebäudemanagement Hamburg (GMH). So habe man mit Preissteigerungen im zweistelligen Bereich zu kämpfen gehabt, der Preis für Holz habe sich sogar zeitweise vervielfacht, derzeit sei Zement sehr teuer. Mittlerweile seien viele Auftragnehmer aber froh über die öffentlichen Aufträge, sodass man sich bei den Preisvorstellungen wieder annähere.
Hamburg stelle sich auf einen Anstieg der Schülerzahlen bis 2030 um rund 25 Prozent ein, sagte Schulsenator Rabe und fügte hinzu: „Wir können froh sein, wenn es nur 25 Prozent sind.“ Wie berichtet, ist das Wachstum teilweise auf hohe Geburtenzahlen in den vergangenen Jahren zurückzuführen, zu größeren Teilen aber auf die allgemeine Zuwanderung nach Hamburg sowie speziell auf die Folgen des russischen Überfalls auf die Ukraine. Bis zum Sommer wurden allein mehr als 8200 ukrainische Schülerinnen und Schüler an Hamburgs Schulen aufgenommen – bei 270.000 Schülern insgesamt.
16 neue Schulen: In diesen Stadtteilen sollen sie entstehen
Mit dem Schulentwicklungsplan 2019 habe man auf diese Entwicklungen bereits reagiert und die Gründung von 44 neue Schulen angestoßen, so Rabe. Zehn davon seien bereits fertig, weitere acht sollen zum Schuljahr 2024/25 bereits stehen. Das sind:
- Campus Hebebrandstraße (City Nord, Stadtteilschule mit Gymnasialzweig)
- Fanny-Hensel-Schule (Grundschule in Barmbek-Süd)
- Gymnasium Neugraben, Gymnasium Eilbektal (Eilbek)
- Stadtteilschule In den Reethen (Neugraben-Fischbek)
- Stadtteilschule Osterbek (Bramfeld)
- Grundschule Eschenweg (Fuhlsbüttel)
- Campus Schnelsen (Stadtteilschule mit Gymnasialzweig).
Als weitere Schul-Neugründungen in den Jahren 2025 bis 2029 sind derzeit geplant:
- Grundschule Isestraße (Harvestehude, ab 2025)
- Grundschule in Wandsbek-Süd (ab 2025)
- Gymnasium Billwerder Straße (Bergedorf, ab 2026)
- Stadtteilschule Leuschnerstraße (Lohbrügge, ab 2026/27)
- Grundschule Sander Damm (Bergedorf, ab 2027)
- InselCampus Wilhelmsburg (ab 2027)
- Stadtteilschule Ottensen (im ehemaligen „Vivo“, ab 2027)
- Neue Stadtteilschule Walddörfer (2029)
Allein 2022 habe die Stadt 448 Millionen Euro investiert, und im laufenden Jahr wolle man 480 Millionen Euro in die Schulgebäude stecken, sagte Rabe. Damit habe man die jährlichen Investitionen, die vor 2011 bei rund 150 Millionen Euro im Jahr gelegen hätten, selbst unter Berücksichtigung der Inflation verdoppelt: „Dieses Tempo gilt es nun beizubehalten.“
Dabei geht es nicht nur um Neubau, sondern auch um die Modernisierung und Sanierung bestehender Schulgebäude, so Rabe. Die Durchschnittsnote für die Gebäude habe sich durch die Investitionen von 3,53 im Jahr 2013 auf 2,54 in 2022 verbessert.
„Hamburger Klassenhaus“ stellt sich zunehmend als Erfolgsmodell heraus
Bei Schulerweiterungen stelle sich das „Hamburger Klassenhaus“ zunehmend als Erfolgsmodell heraus, sagte Mandy Herrmann. Habe es anfangs noch Vorbehalte gegen dieses standardisierte Schulgebäude nach dem Baukastenprinzip gegeben, sei es nun bei Schulen sehr nachgefragt, so die SBH-Chefin.
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Seit der erstmaligen Realisierung 2020 sei es inzwischen 30-mal gebaut worden, sechs weitere Klassenhäuser würden bis Sommer 2024 fertiggestellt. Ein Grund für die Beliebtheit: Das „Klassenhaus“ benötige nur zwölf Monate von der Bestellung bis zur Auslieferung – das reduziere Lärm, Dreck und weitere Einschränkungen für die Schulen erheblich.
Wärmepumpen und Anschluss ans Fernwärmenetz
Wie Herrmann sagte, würden alle Schulneubauten im nachhaltigen EG-40-Standard realisiert. Dafür strebe man vorrangig einen Anschluss an das Fernwärmenetz an, alternativ setzte man auf eine Beheizung mit Wärmepumpen, die ihren Strom möglichst aus Photovoltaik beziehen sollten.
Dabei hinkt Hamburg aber noch hinterher: Wie berichtet, waren von den mehr als 410 allgemeinbildenden Schulen Ende 2021 gerade mal 44 mit Photovoltaikanlagen ausgestattet. Mittlerweile gebe es 137 solcher Anlagen, sagte Finanzsenator Dressel. Und durch die Partnerschaft mit dem städtischen Unternehmen Hamburg Energie Solar solle das Thema jetzt Fahrt aufnehmen.
Bis 2027 sollen allein 110 neue Sporthallen in Hamburg entstehen
Ein Schwerpunkt im Schulbauprogramm ist die Errichtung weiterer Sporthallen. Rabe zufolge gibt es derzeit 581 Hallen mit 763 Sportfeldern. Weitere 140 Felder in rund 110 Hallen sollen bis 2027 dazukommen. Zuständig dafür ist das Unternehmen GMH, das sich zudem auf Hochschul-Bauten spezialisiert.
Unter anderem plant GMH die Verlagerung der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) in den neuen Stadtteil Oberbillwerder und einen Neubau der Norddeutschen Akademie für Finanzen und Steuerrecht (NoA) – so schließt sich der Kreis: An der NoA werden dann die Finanzamtsmitarbeiter ausgebildet, die die Steuern eintreiben, von denen neue Schulen gebaut werden können.
Milliarden für neue Schulen: für die Linkspartei eine Selbstverständlichkeit
Für Sabine Boeddinghaus, Fraktionschefin der Links-Partei in der Bürgerschaft, enthielt die Präsentation des Senats zu viel Selbstlob: „Dass der Senat dem Schulgesetz nachkommt und ausreichend Gebäude für die Hamburger Schüler und Schülerinnen bereitstellt, halte ich für eine Selbstverständlichkeit und keinen Grund zu selbstverliebter Prahlerei“, sagte sie.
„Die Probleme des Schulbaus liegen auf der Hand: intransparente Preisgestaltung, Vermietungsdruck für die Schulen, keine pädagogische Qualität im Bau, keine systematische Erhebung der Zufriedenheit mit den Ergebnissen.“