Hamburg. Bundesgesetz sieht Verdoppelung der auszuweisenden Flächen vor. CDU: Senat will erst nach der Wahl die Bürger informieren.

Es braut sich etwas zusammen in gut 200 Metern Höhe über dem Bezirk Bergedorf: Mit dem Monatswechsel hat Hamburgs rot-grüner Senat eine entscheidende Frist verstreichen lassen, um die massiven Anforderungen des Windenergie-Flächenbedarfsgesetzes der Bundesregierung an die Hansestadt noch selbst gestalten zu können. Bis 31. Mai hätten noch Staatsverträge mit Nachbarbundesländern dafür sorgen können, dass etwa Schleswig-Holstein einen Teil der geforderten Flächenausweisungen für das Aufstellen der mittlerweile bis zu 240 Meter hohen Rotoren übernimmt.

„Doch jetzt ist das nicht mehr möglich – und das hat erhebliche Folgen für Bergedorf und die Vier- und Marschlande“, ärgerte sich CDU-Fraktionsvorsitzender Julian Emrich in der jüngsten Bezirksversammlung. Er befürchtet, dass „nun fast alle, der zusätzlichen zehn bis 15 Anlagen bei uns im Bezirk aufgestellt“ werden. Der Senat habe auf Nachfrage der CDU bestätigt, dass schon bis 2027 insgesamt 0,5 Prozent der Fläche Hamburgs für Windanlagen ausgewiesen werden sollen. „Das ist eine Verdoppelung der heutigen 179,9 Hektar, soll aber erst nach den Bezirkswahlen im dritten Quartal dieses Jahres öffentlich gemacht werden.“

Bergedorf: Neue Windparks am Kirchwerder Landweg und in Moorfleet geplant

Konkret geht es laut Emrich nicht allein um die Erweiterung vorhandener Standorte, wie etwa des Windparks Curslack an der A25, sondern um verschiedene neue Flächen: „Vermutlich werden gleich mehrere Windkraftanlagen im Bereich der Fischteiche zwischen Kirchwerder Landweg und Süderquerweg aufgestellt, ebenso wie auf dem Schlickhügel in Moorfleet. Und der neue Rotor auf dem Gelände des Grundwasserwerks Curslack wurde ja schon von Hamburg Wasser vorgestellt.“

Für die CDU geht das Gesetz der Bundesregierung in die falsche Richtung: „Es geht hier nicht etwa darum, eine bestimmte Größenordnung an zusätzlicher Energie aus Windanlagen zu definieren, sondern Flächen zu sichern. Davon wird kein Watt zusätzlich ins Netz eingespeist, sondern nur Angst bei den Bürgern geschürt“, warnt Julian Emrich vor einer „ideologiegetrieben Politik, die die Menschen verunsichert. Schlimmstenfalls werden 240 Meter hohe Rotoren in nur 500 Metern Entfernung zu den nächsten Gebäuden aufgestellt. Das hätte verhindert werden können, wenn Teile der Windenergiebedarfsflächen etwa in Schleswig-Holstein ausgewiesen würden, wo zudem deutlich größere Abstandsflächen gelten, als in Ballungsgebieten wie Hamburg.“

Antrag der CDU fällt in der Bezirksversammlung durch: „Durchschaubares Wahlkampfmanöver“

Eine Kritik, die vor allem an Bergedorfs Grünen abprallte. Für sie warf Anke Bendt-Soetedio der CDU vor, nach dem Prinzip „Klimaschutz ist gut, aber nicht bei uns vor der Haustür“ vorzugehen. Auch Lutz Jobs betonte, dass „Hamburg schon Schlusslicht bei den erneuerbaren Energien in Deutschland ist“ und dringend etwas tun müsse. Tatsächlich fiel der Antrag der CDU, doch noch Kooperationsgespräche mit den benachbarten Flächenländern zu führen und bei der Bundesregierung um eine Fristverlängerung nachzusuchen,in der Bezirksversammlung durch.

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Nichtmal die FDP stimmte mit den Christdemokraten, obwohl ihre Fraktionschefin Sonja Jacobsen bereits im März vor einem „Horrorszenario“ und einem drohenden „Windkraft-Hammer“ für Bergedorf gewarnt hatte. Doch jetzt beugten sich die Liberalen dem Zwang der Bergedorfer Koalition, die sie in der Bezirksversammlung mit SPD und Grünen bilden. Fraktionsmitglied Karsten Schütt bestätigte in der Debatte zwar die Sorgen der CDU, warf Emrich aber „ein durchschaubares Wahlkampfmanöver“ vor: „Dieses Thema ausgerechnet jetzt, wenige Tage vor der Bezirkswahl hervorzuholen, bringt niemandem etwas.“

Julian Emrich sieht das anders: „Ich befürchte ein böses Erwachen für die Bergedorfer, wenn ihnen vom Senat nach den Sommerferien die Wahrheit verkündet wird. Denn wir müssen hier den Großteil dieser Energiepolitik tragen, weil es im Rest Hamburgs kaum noch Potenzialflächen für Windkraft gibt. Und das völlig ohne Not, denn die Flächenländer in unserer Nachbarschaft weisen ohnehin weit mehr Areale aus, als vom Gesetz gefordert werden.“