Hamburg. Der Vorwurf: 66-Jähriger suchte Mitverschwörer wie Prinz Reuß, wollte die Regierung stürzen – und ein Schiff zu Wladimir Putin schicken.

Am Montag startet der erste große Hamburger Reichsbürger-Prozess vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht. Angeklagt ist ein 66 Jahre alter Mann, der zuletzt in Bad Bramstedt wohnte und dem die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen wird. M. soll laut Anklage die „Kaiserreichsgruppe“ unterstützt und Mitglieder angeworben haben, die beim Umsturz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Deutschlands zu einem „Reich“ nach Vorbild der Verfassung von 1871 mitmachen.

Schon seit dem vergangenen Jahr läuft der Prozess gegen fünf Reichsbürger In Koblenz, seit Dienstag der gegen die Truppe um Heinrich XIII. Prinz Reuß. Der „militärische Arm“ der Reuß-Reichsbürger muss sich seit Ende April in Stuttgart verantworten. Am 18. Juni startet in München ein Verfahren gegen weitere Reuß-Anhänger.

Reichsbürger in Hamburg: Umsturzfantasie und Schiff zu Putin

Alle Verfahren finden unter scharfen Sicherheitsbedingungen statt. Das hängt nicht nur mit dem Terrorvorwurf zusammen, sondern auch mit der Tatsache, dass sich diese Reichsbürger offenbar bereits bewaffnet hatten. Die einen planten laut Anklage, Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen und sollen Morde an seinen Leibwächtern in Kauf genommen haben, den Bundestag zu stürmen und eine eigene „Regierung“ einzusetzen.

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Der in Hamburg angeklagte M., für den wie bei allen Reichsbürgern vor Gericht die Unschuldsvermutung gilt, soll ohne Erlaubnis einen scharfen Revolver, Munition dafür sowie für Gewehre besessen haben. Auf Telegram, so die Anklage, habe er sich in einschlägigen Chatgruppen getummelt und Kontakt zu den in Koblenz angeklagten Reichsbürgern („Vereinte Patrioten“) gefunden. M. soll mit weiteren Verschwörern den Plan ersonnen haben, mit einem Schiff in russische Hoheitsgewässer einzudringen und so Kontakt zu Präsident Wladimir Putin zu suchen.

Die Anklage lautet auf Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zur Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens. 16 Prozesstermine sind bisher bis zum 19. Juli angesetzt.

Reichsbürger Prinz Reuß: Finanziert aus dem Landkreis Harburg?

In dem Frankfurter Prozess um Prinz Reuß hat die Verteidigung die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Adelige habe sich stets auf dem Boden des Grundgesetzes bewegt. Reuß wurde der Kontakt zu seiner ebenfalls angeklagten Partnerin im Gerichtssaal weitgehend untersagt. Der Richter begründete das damit, dass mutmaßliche Täter grundsätzlich keinen Kontakt miteinander während des Prozesses haben sollten, um Absprachen zu vermeiden.

Zu den Angeklagten zählen eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete, ein Hauptkommissar, ein früheres Mitglied des Kommandos Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) und ein Geldgeber aus dem Landkreis Harburg. Dessen Anwalt jedoch erklärte bereits, sein Mandant habe sich distanziert, als er gemerkt habe, worum es der Gruppe gehe.