Celle (dpa/lni). Die Ermittlungen gegen mutmaßliche Verschwörer um Heinrich Prinz Reuß bedeuten Mehrarbeit für die Generalstaatsanwaltschaft Celle. Sie hat sieben Verfahren übernommen. In einem sind zwei Polizisten beschuldigt.
Die Ermittlungen gegen die mutmaßliche Terrorgruppe von sotgenannten Reichsbürgern um Heinrich XIII. Prinz Reuß beschäftigt die Generalstaatsanwaltschaft Celle immer stärker. „Wir haben mittlerweile sieben Verfahren mit 13 Beschuldigten vom Generalbundesanwalt übernommen“, sagte die Leiterin der Generalstaatsanwaltschaft Celle, Katrin Ballnus, der Deutschen Presse-Agentur. Weitere seien angekündigt.
Ende 2023 war bekannt geworden, dass Celle ein Verfahren aus Karlsruhe mit vier Beschuldigten übertragen bekommt. Unter ihnen sind ein Kriminalhauptkommissar des Landeskriminalamtes Niedersachsen und ein Kriminaloberkommissar im Ruhestand. Das Innenministerium leitete bereits Disziplinarverfahren gegen beide ein. Zu den anderen Beschuldigten machte Ballnus keine Angaben. Bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle ist die niedersächsische Zentralstelle Terrorismusbekämpfung angesiedelt.
In drei Mammutprozessen in Stuttgart, Frankfurt am Main und München müssen sich insgesamt 26 mutmaßliche Verschwörer und Verschwörerinnen rund um Reuß verantworten. Ihnen wird vorgeworfen, einen gewaltsamen Umsturz geplant zu haben. Als Oberhaupt einer neuen Staatsform hätte laut Anklage Reuß selbst fungieren sollen. Unter den Angeklagten sind auch ein aus dem Dienst entfernter ehemaliger Polizeibeamter der Polizeidirektion Hannover, ein Rechtsanwalt aus Hannover und eine Ärztin aus dem Landkreis Peine.
Sogenannte minderschwere Fälle gibt die Bundesanwaltschaft an die Länder ab. Dabei handelt es sich um Verfahren gegen mutmaßliche Unterstützer, die anders als die Angeklagten nicht in Untersuchungshaft sitzen. Der Prozess in Stuttgart begann Ende April, am Dienstag (21. Mai) ist Prozessauftakt in Frankfurt, am 18. Juni in München.
Die sogenannten „Reichsbürger“ in Deutschland behaupten, dass das Deutsche Reich (1871-1945) weiter existiert, daher ihr Name. Die Bundesrepublik und ihre Gesetze erkennen sie nicht an. „Die „Reichsbürger“ gibt es schon so viele Jahre“, sagte Ballnus. „Ich habe sie lange - wie viele - als harmlose Spinner abgetan. Nie hätte ich gedacht, dass von ihnen Gefahr für Leib und Leben anderer ausgeht.“
Dass rechtsextreme Strömungen wieder sichtbarer werden hat aus Ballnus' Sicht viel mit dem Internet zu tun. „Früher saß der Verschwörungstheoretiker oder Ewiggestrige allein und war allein, heute schwelgt er im Internet in seinen Blasen und glaubt, dass ganz viele so denken wie er.“
Für die fünf Staatsanwälte der Zentralstelle Terrorismusbekämpfung in Celle bedeuten die nach Celle abgegebenen „Reichsbürger“-Verfahren Ballnus zufolge enorme Mehrarbeit. „Wir haben in diesen Verfahren schon die elektronische Akte. Ausgedruckt hätten die Akten einen Umfang von 700 Ordnern mit jeweils 500 Blatt Papier“, sagte die Behördenleiterin. Daneben müssen sich die zuständigen Staatsanwälte auch noch mit anderen Terrorismusverfahren beschäftigen, etwa im Zusammenhang mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“.
Katrin Ballnus ist seit Februar Leiterin der Generalstaatsanwaltschaft Celle. Zum ersten Mal überhaupt steht mit der 57-Jährigen eine Frau an der Spitze einer der drei niedersächsischen Generalstaatsanwaltschaften.