Hamburg. Die Feuerwehr bewältigte im Vorjahr wieder Hunderttausende Einsätze. Welcher die Retter am meisten forderte – und wie das Wetter half.

Bei der Hamburger Feuerwehr ging es in den vergangenen Jahren nur nach oben. Gemeint sind hier nicht die mutigen Höhenrettungseinsätze im Feuerwehralltag, sondern die Einsatzzahlen, insbesondere die im Rettungsdienst. Die Feuerwehr eilte von einem Rekord zum nächsten, jedes Jahr laufen Hunderttausende Einsätze auf. Und es werden – Stichwort wachsende Stadt – immer mehr.

Doch, siehe da: Im Vorjahr ist das Aufkommen gegen den Trend leicht gesunken, und zwar um 2,5 Prozent auf 308.328 Einsätze. Und das liegt vor allem daran, dass Hamburg von Wetterkapriolen verschont blieb. War 2022 die Zahl der sogenannten technischen Hilfeleistungen wegen einiger schwerer Unwetter stark gestiegen, blieben Feuerwehr und Stadt solche Großlagen 2023 erspart. So gab es im vergangenen Jahr mit nur noch 16.477 Technischen Hilfeleistungen fast 10.000 weniger als im Jahr davor.

Jahresbericht der Feuerwehr: Mehr Großbrände, weniger Brandtote – „Wir geben 112 Prozent“

Wie immer bewältigte der Rettungsdienst die mit Abstand meisten Einsätze, nämlich 279.471. Immer stärker wird er dabei von Hilfsorganisationen wie den Maltesern unterstützt. Aktuell sind 111 Rettungswagen am Tag und 81 nachts einsatzbereit. Ein Problem, das die Effizienz mindert: Noch immer zu viele Menschen in Hamburg alarmierten den Rettungsdienst, auch wenn gar kein Notfall vorliege, sagte Innensenator Andy Grote (SPD) bei der Vorstellung des Feuerwehr-Jahresberichts.

Im schlimmsten Fall, so Grote am Dienstag, werde eine Ressource gebunden, die an anderer Stelle für den Schutz von Leib und Leben benötigt werde. In Kooperation mit der Kassenärztlichen Vereinigung kläre die Stadt die Bürger deshalb über den richtigen Zugang zur passenden medizinischen Versorgung auf.

Feuerwehr-Jahresbericht: Ein Drittel weniger Brandtote im Vorjahr

Ganz besonders freut es Feuerwehrchef Jörg Sauermann und Senator Grote, dass die Stadt im Vorjahr nur zehn Brandtote zu beklagen hatte. 2022 waren es noch 15. Setzt man diese Zahl – hinter jeder steckt ein Schicksal, eine Tragödie – in Relation zur Zahl der in den vergangenen 30 Jahren in Hamburg bei Bränden ums Leben gekommenen Menschen, so lässt sich festhalten: Zehn Brandtote sind ein niedriger, wenn auch kein spektakulär niedriger Wert. 2018 und 2019 waren es jeweils acht. Aber: Noch vor gut 20 Jahren waren 20 Brandtote und mehr die Regel. Das nun viel niedrigere Niveau habe, so Sauermann, nicht nur mit dem Eingang besserer brandschutzrechtlicher Vorschriften ins Baurecht zu tun, sondern „auch mit der Schlagkraft unserer Feuerwehr“.

Feuerwehrchef Jörg Sauermann (l.) sitzt neben Innensenator Andy Grote bei der Vorstellung des Jahresberichts der Feuerwehr Hamburg.
Feuerwehrchef Jörg Sauermann (l.) sitzt neben Innensenator Andy Grote bei der Vorstellung des Jahresberichts der Feuerwehr Hamburg. © Daniel Herder (FMG) | Daniel Herder (FMG)

Die stellten die Kameraden, ob im Rettungsdienst oder im Brandschutz, immer unter Beweis: „Sie geben tagtäglich 112 Prozent.“ Einige Einsätze hätten ihnen aber im besonderen Maße Leistung und Professionalität abverlangt. Sauermann erinnerte an den Großbrand an der Billstraße, der am Ostersonntag 2023 ausgebrochen war. Damals rief die Feuerwehr den sechsten Alarm aus, die seltenste und höchste Einsatzstufe überhaupt. In mehreren Lagerhallen und auf einer Fläche von 17.000 Quadratmetern brannten Fahrzeuge und Elektrogeräte. In der Spitze seien 220 Einsatzkräfte zeitgleich im Einsatz und mehr als 1000 Kräfte insgesamt eingebunden gewesen. Erst eine Woche später hätten alle Glutnester gelöscht werden können.

Grote und Sauermann zeichnen das Bild einer hochmodernen Großstadtfeuerwehr

2023 verzeichnete die Feuerwehr 31 Großbrände und damit so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Unter anderem rückten die Kameraden deshalb im Februar zu einem Autohandel am Georgswerder Bogen und im April zu einem Winterhuder Wohnhaus aus. Mit dem akuten Schutz von Menschenleben ist auch der Kampfmittelräumdienst befasst: Er war im Vorjahr 183-mal im Einsatz und machte neun Sprengbomben zwischen 50 und 500 Kilogramm unschädlich.

Bemüht waren Grote und Sauermann, das Bild einer modernen Großstadtfeuerwehr zu vermitteln – eine, die nicht (mehr) stagniert, sondern prosperiert. Der Fuhrpark, der Gebäudebestand, das Personal – alles wächst, alles wird moderner, so der Tenor. So seien im Vorjahr 38 Fahrzeuge im Wert von 14,5 Millionen Euro beschafft worden. Die Feuerwehr habe nun 3613 Beschäftigte, 106 mehr als 2022. Und davon, so Sauermann, seien elf Prozent Frauen.

Erfreuliches konnte auch Harald Burghart, Landesbereichsführer der freiwilligen Feuerwehr, vermelden: Die Freiwilligen verzeichneten jetzt 4038 Kameraden (2022: 3863), davon fast 17 Prozent Frauen. „Wir als Stadt können zu Recht stolz und dankbar sein, eine der modernsten und leistungsfähigsten Feuerwehren Deutschlands zu haben“, sagte Grote. Er wolle allen danken für ihren „unermüdlichen Einsatz für Hamburg“.

Ein Doppelwumms in der Rettungsvorsorge für 145 Millionen Euro

Vor allem in Sachen eigene Infrastruktur hat die Feuerwehr einige heiße Eisen im Feuer: 26 Bauprojekte laufen noch oder sind bereits abgeschlossen. 340 Millionen Euro pumpt die Stadt in die Vorhaben. Allein 100 Millionen Euro fließen in die neue Rettungsleitstelle an der Eiffestraße (Richtfest im Juni) und 45 Millionen Euro in die Feuerwehrakademie – sozusagen der Doppelwumms im Hamburger Rettungswesen.

Was wohl auch vermittelt werden sollte: Nach den Querelen um den lange kranken und auf einen Verwaltungsposten versetzten Oberbranddirektor Dr. Christian Schwarz ist wieder Ruhe eingekehrt. Selbst beim leidigen Thema Schutzzielquote zuckte Feuerwehrchef Sauermann, vom Abendblatt darauf angesprochen, nicht mit der Wimper. Mit dem Schutzziel gemeint ist, dass die Feuerwehr mit einem ersten Trupp innerhalb einer Hilfsfrist von acht Minuten am Brandort eintrifft. 2022 gelang das nur in 57 Prozent der Alarmierungen, 2023 in immerhin 64 Prozent. Im ersten Quartal 2024 habe man 68 Prozent erreicht, so Sauermann.

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Dennis Gladiator, innenpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, beließ es diesmal politisch bei der Sottise, es sei „beschämend, in welcher Art der Innensenator mit den bekannten Sorgen und Nöten der Feuerwehr Hamburg umgeht“. Vielmehr betonte er: „Ich spreche der Berufsfeuerwehr und allen freiwilligen Feuerwehren meinen großen Dank und die volle Anerkennung für ihre herausfordernde und erstklassige Arbeit aus. Die Feuerwehr verdient die beste Ausrüstung und Ausbildung für die Bewältigung Tausender Notfälle“