Hamburg. Drei Hamburger Initiativen protestieren für Einrichtung von Schulstraßen, die für Durchgangs-Autoverkehr gesperrt sind. Vorbild Paris.

Straßensperrungen vor Hamburgs Grundschulen, keine Durchfahrt mehr für die umstrittenen Elterntaxis: Drei Initiativen – der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC), Parents for Future und der Verkehrsclub Deutschland (VCD) – fordern den Hamburger Senat auf, auch in Hamburg den Weg freizumachen für die Einrichtung von Schulstraßen und noch in diesem Jahr erste Schulstraßen zu schaffen. Bedeuten würde dies das endgültige Aus für Elterntaxis.

Damit sind diejenigen Eltern gemeint, die ihre Kinder mit dem Auto bis zur Schule fahren – und damit nicht nur der Gesundheit ihrer Kinder keinen Gefallen tun, sondern womöglich auch den Verkehr für Schüler in Hamburg gefährden.

Kinder und ihre Eltern demonstrierten vor wenigen Tagen mit der Organisation Kidical Mass trotz Regen für Schulstraßen mit einer Fahrraddemo, die vor dem Hamburger Rathaus begann.
Kinder und ihre Eltern demonstrierten vor wenigen Tagen mit der Organisation Kidical Mass trotz Regen für Schulstraßen mit einer Fahrraddemo, die vor dem Hamburger Rathaus begann. © Katharina Lepik | Katharina Lepik

Wie in Paris: Initiativen fordern Einführung von Schulstraßen nach europäischem Vorbild

Doch was genau ist mit diesen sogenannten Schulstraßen gemeint? Das seien die Straßen oder Straßenabschnitte vor Schulen, die temporär zu Bring- und Abholzeiten oder aber auch permanent für den Durchgangsverkehr gesperrt werden können, definiert der ADFC Hamburg. Dadurch würden im Verkehr geschützte Räume für Kinder geschaffen. Also mehr Sicherheit für die Kinder, die schon jetzt mit dem Roller, Fahrrad oder zu Fuß zum Unterricht gelangen.

Und die Chance darauf, dass die Eltern derer, die gefahren werden, umdenken und dann umsteigen. Grundsätzlich verhelfen Schulstraßen zu einer sicheren Kinder- und Jugendmobilität und seien ein wichtiger Schritt in Richtung Mobilitätswende, meint der Verbund der Fahrradfahrer.

Über unübersichtliche Zustände morgens um 8 Uhr oder zu Abholzeiten gegen 13 Uhr und später ab 15 Uhr vor allem vor Grundschulen wird schon seit Jahren debattiert und spezielle Tagesaktionen gestartet. Die Gesamtsituation jedoch hat sich dadurch kaum verändert, weiterhin werden Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht und abgeholt.

Bundesweit demonstrieren zweimal im Jahr die Kidical Mass-Anhänger mit Fahrrad-Demos für mehr Kindersicherheit im Straßenverkehr.
Bundesweit demonstrieren zweimal im Jahr die Kidical Mass-Anhänger mit Fahrrad-Demos für mehr Kindersicherheit im Straßenverkehr. © Katharina Lepik | Katharina Lepik

Vielmehr habe sich das Verkehrschaos vor Schulen durch Elterntaxis verschärft, auch und speziell in den Randgebieten. „Die Verkehrssituation vor Hamburger Schulen wird mit steigender Schülerzahl und stärkerem Verkehr immer problematischer. Daher ist die Einrichtung von Schulstraßen ein wichtiger Schritt, um die Umgebung von Schulen kinderfreundlicher zu gestalten“, sagt Arno Glindemann, Vorsitzender Ausschuss Schulmobilität Kreiselternrat Hamburg Altona. An der Grundschule Wesperloh war Glindemann Mitorganisator, als das Modell der Schulstraße in einer einwöchigen Schulstraßenaktion getestet wurde und nicht nur auf Gegenliebe stieß.

Schule Hamburg: Kinder können geschützt werden durch gesperrte Schulstraßen

Katharina Lepik aus der Geschäftsstelle des ADFC Hamburg kritisiert Polizei und Behörde: „Hier in Hamburg wird eine Anti-Elterntaxi-Aktion nach der anderen durchgeführt. Mit mäßigem Erfolg. Dabei gibt es inzwischen schon die perfekte Lösung, das gefährliche Verkehrschaos vor Schulen zu vermeiden: Schulstraßen.“

Die Stadt solle dafür sorgen, so schnell wie möglich eine klare Handlungsanweisung zu schaffen, wie es bereits in anderen Bundesländern geschehen ist. „Noch ist das Thema hier absolutes Neuland“, so Lepik. „Aber es ist eine Frage des politischen Willens, es ist durchsetzbar, braucht aber die Unterstützung von Anjes Tjarks und der Öffentlichkeit.“ Gemeint ist Hamburgs Verkehrssenator von den Grünen.

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In Nordrhein-Westfalen wurde die Einrichtung von Schulstraßen bereits durch einen Erlass vereinfacht und aktuell mit Elternbeteiligung in Köln getestet. Die Initiativen der Kidical Mass in Hamburg fordern den Hamburger Senat auf, eine ähnliche Richtlinie auch in Hamburg zu erstellen, damit den Schulen, Bezirken und der Polizei eine klare Handlungsanweisung zur Einrichtung von Schulstraßen vorliegt.

Schule Hamburg: Schulstraßen können durch Begrünung zum Aufenthaltsort werden

Aktuell wird eine Eingabe bezüglich der weiteren längerfristigen Einrichtung einer Schulstraße beim Verkehrsausschuss der Bezirksversammlung Altona besprochen, noch liegt der Entschluss nicht vor. In Wien und anderen österreichischen Städten gibt es bereits unterschiedliche Schulstraßen-Modelle, in der französischen Landeshauptstadt Paris existieren bereits mehr als 200 dauerhafte Schulstraßen, die teilweise auch begrünt und zu einem grünen Aufenthaltsort für Kinder und Anwohner geworden sind.

Viele weitere Berichte über Schule und Bildung in Hamburg finden Sie hier auf abendblatt.de.