Hamburg. Quartiersbeirat kritisiert Verkehrsführung an den Hamburger Festivaltagen. Statt Eintrittskarten hätten manche lieber eine Currywurst.
- Das Festival „Online Media Rockstars“ (OMR) findet vom 6. bis 9. Mai in Hamburg statt
- Dafür werden auch in diesem Jahr wieder Straßenzüge an drei Tagen gesperrt
- Vor allem Bewohner der betroffenen Karolinenstraße sind darüber wenig begeistert
Die Wortwahl ist drastisch: „OMR verpiss Dich!“ stand kürzlich in schwarzen Großbuchstaben mit Ausrufezeichen auf einer großen Schaumstoffmatratze in der Karolinenstraße auf St. Pauli – die Matratze wurde an unterschiedlichen Stellen aufgestellt.
Im Viertel ist man nicht gut auf den Veranstalter des OMR-Festivals zu sprechen. Denn das Team um Philipp Westermeyer hat auch in diesem Jahr beantragt, die Karolinenstraße zwischen der St. Petersburger Straße und der Lagerstraße voll zu sperren.
OMR 2024: Hamburger kritisieren Umgang mit den etwa 4000 Nachbarn
Das Bezirksamt Mitte genehmigte den Antrag. Die Karolinenstraße wird demnach zwischen den Einmündungen der Lagerstraße und der St. Petersburger Straße vom 6. Mai (circa 19 Uhr) bis 9. Mai (circa 19 Uhr) gesperrt.
Das bringt die Anwohner auf die Palme. „Ich habe nichts gegen OMR. Die Kritik bezieht sich auf den Umgang mit den etwa 4000 Anwohnern im Karolinenviertel“, sagt Anwohnerin Theresa Jakob. „Wir haben eine Liste von unerfüllten Forderungen, haben beispielsweise Einblick in das Verkehrsgutachten gefordert, der ist uns nicht gewährt worden ist.“
OMR 2024 in Hamburg: Anwohner ärgern sich über Sperrung der Karolinenstraße
Der Skywalk zwischen den Messehallen habe offenbar nicht die Kapazität, die angepeilten 70.000 Festivalbesucherinnen und -besucher aufzunehmen. „Deshalb sperrt man einfach die Straße. Man könnte auch eine Treppe bauen“, sagt Jakob. „Aber um zu wissen, wie groß die zusätzliche Kapazität sein müsste, müsste man das Gutachten kennen.“
Ein erhebliches Problem sieht Jakob, die auch Mitglied der Linken-Fraktion im Bezirk Hamburg-Mitte und im Quartiersbeirat ist, auch in der nächtlichen Lärmbelastung, wenn die OMR-Besucher nach Hause strömen. „Aber OMR interessiert das überhaupt nicht. Die sagen, wir sind doch nur zwei Tage im Jahr da. Aber das heißt es beim Marathon und beim Schlagermove auch.“
OMR 2024: Anwohner erhalten Festival-Tickets, aber keine Essensgutscheine
Im vergangenen und auch in diesem Jahr hätten die Anwohner eine Eintrittskarte für das Festival im Briefkasten gefunden. „Das Wenigste wäre gewesen, dass es dazu Essens- und Getränkegutscheine gibt – aber selbst eine Currywurst ist nicht drin“, bemängelt Theresa Jakob, die von ihrer Wohnung aus direkt auf den Messehalleneingang blicken kann.
Auch Christoph Rauch, ebenfalls Anwohner und Mitglied im Quartiersbeirat, stört sich am Umgang mit den Anwohnern, nicht an der Veranstaltung selbst. Die Festivalmacher um Philipp Westermeyer hätten die Anwohner auf Postkarten über die bevorstehende Veranstaltung informiert. „Hallo Nachbar*in“, heißt es da in der Anrede und es wird munter geduzt. Diese persönliche Ansprache sei anmaßend und anbiedernd, findet Rauch.
Dass Philipp Westermeyer das Foto von der Matratze vor wenigen Tagen auf Instagram gepostet hat, finden im Quartiersbeirat auch nicht alle witzig. Westermeyer schrieb zu seinem Post vom 12. April: „In 27 Tagen ist alles vorbei … Wenn ich persönlich bis dahin irgendwie helfen kann, meldet euch. Wirklich ernst gemeint.“
OMR: Karoviertel in Hamburg leidet unter den vielen Großveranstaltungen
Das eigentliche Problem sei, dass das Karolinenviertel ständig von Großveranstaltungen betroffen sei, doch es gebe Unterschiede. „Ein Marathon beispielsweise dient der Gesellschaft“, sagt Rauch. „Aber OMR hat einen rein privatwirtschaftlichen Zweck. Das sind Leute, die Millionen verdienen.“
Die Karolinenstraße sei für dieses Festival zudem nicht nur für Autos gesperrt – auch Fußgänger und Radfahrer müssten tagelang große Umwege in Kauf nehmen. „Das geht eigentlich nicht“, sagt Rauch, zumal die Bewohner des Viertels während der Veranstaltungstage mitten in der Woche zur Schule, zur Uni oder zur Arbeit müssten. Und nach Marathon und OMR gebe es mit dem Fanfest auf dem Heiligengeistfeld bald das nächste Großereignis.
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OMR: Messehallen – Arzt aus Karoviertel fordert dauerhaftes Verkehrskonzept
Für Michael Siassi, der im Karolinenviertel lebt und als Arzt in Lüneburg arbeitet, ist die Straßensperrung ebenfalls ein großes Hindernis. „Ich brauche mein Auto, weil ich die Praxis nicht gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann.“ Er wünscht sich, dass der Bezirk ein dauerhaftes Verkehrskonzept für den Bereich um die Messehallen entwickelt. „Drei Monate im Jahr ist Dom, das stürzt das Viertel immer in ein Verkehrschaos.“
Die Polizei Hamburg teilte dem Abendblatt auf Anfrage mit, dass sie für das OMR-Festival „ein Verkehrskonzept zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit und der Leichtigkeit des Verkehrs“ zur Verfügung stelle. „Dabei fließen auch die Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr mit ein“, so Polizeisprecher Thilo Marxsen. Das Verkehrskonzept habe sich bewährt.
Marxsen: „Im Wesentlichen sehen die Verkehrsmaßnahmen neben den beschriebenen physischen Sperrungen im Nahbereich der Veranstaltung das weiträumige Ankündigen der Verkehrseinschränkungen und Alternativrouten vor.“ Dazu würden Besuchern und Anwohnern auch zusätzliche Angebote des ÖPNV zur Verfügung gestellt.