Hamburg. Die CDU-Opposition spricht von einem „alarmierenden Mangel“. Welche Gründe der rot-grüne Senat für die Vakanzen angibt.

Gerade erst musste der Senat einräumen, dass die Zahl der Bewerbungen auf Ausbildung oder Studium im öffentlichen Dienst der Stadt um 15,5 Prozent gegenüber 2021 zurückgegangen. Jetzt stellt sich heraus, dass auch die Lücke nicht besetzter Stellen in Ämtern und Behörden größer geworden ist. Aktuell sind laut der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe 4236 der insgesamt 58.998 Stellen vakant – das entspricht einer Quote von 7,1 Prozent. Vor einem Jahr waren „nur“ 4046 Stellen nicht besetzt.

In keiner Behörde ist die Vakanz höher als in der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integration: Laut Senatsantwort sind 358 der 1550 Stellen derzeit nicht besetzt – 23,12 Prozent. Allerdings weist der Senat darauf hin, dass nicht alle Stellen besetzt werden sollen. Allein 119 Posten gehen auf das Konto des abgeschlossenen Projekts Wohngeld Plus, deren Einsparung in Kürze erfolgen soll. Auch in der Umweltbehörde ist die Vakanzrate mit 15,59 Prozent sehr hoch, gefolgt von der Verkehrsbehörde (15,3 Prozent) und der Stadtentwickungsbehörde (14,27 Prozent). Am niedrigsten ist der Anteil freier Stellen ausgerechnet in dem personalintensivsten Bereich der öffentlichen Verwaltung: Nur 3,5 Prozent der 21.033 Stellen der Schulbehörde sind nicht besetzt.

Hamburg: In Bezirksämtern jede zehnte Stelle nicht besetzt

In den sieben Bezirksämtern, die mit ihren Kundenzentren für besondere Bürgernähe sorgen sollen, ist im Durchschnitt jede zehnte Stelle nicht besetzt. Am größten ist die Personallücke im Bezirksamt Hamburg-Mitte mit 13,9 Prozent. Für Wandsbek werden 11,74 Prozent freie Stellen ausgewiesen, für Altona sind es 10,85 Prozent. Dass die fünf Dezernate in Ämtern und Behörden mit den höchsten Anteilen nicht besetzter Stellen aus den Bezirksämtern kommen, ist ein Hinweis auf die prekäre Lage gerade auf der kommunalen Ebene der Verwaltung.

Laut Senatsantwort hat das Dezernat Bürgerservice des Bezirksamtes Hamburg-Mitte mit 17,5 Prozent die höchste Vakanzquote. Das Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt in Mitte folgt 17,33 Prozent Fehlstand. Das gleiche Dezernat im Bezirksamt Wandsbek folgt mit 13,17 Prozent auf Platz drei und wiederum der Bürgerservice in Wandsbek mit 13,11 Prozent auf Rang vier. Im Dezernat Soziales- Jugend und Gesundheit des Bezirksamtes Altona sind 12,56 Prozent der Stellen nicht besetzt.

Die Gründe: hohe Personalfluktuation, Fachkräftemangel und eingeschränkte Qualität der Bewerber

„Gründe für hohe Vakanzen sind grundsätzlich eine höhere Personalfluktuation, aber auch länger andauernde und in Teilen nicht erfolgreiche Bewerbungsverfahren aufgrund eingeschränkter Qualität bzw. bestehenden Fachkräftemangels. Zudem werden Stellenanteile zur Abdeckung von anstehenden Arbeitszeitaufstockungen freigehalten“, schreibt der Senat in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage.

Dennoch versucht der Senat, das Ausmaß der freien Stellen zu relativieren. „Der Stellenbestand ist ein Ermächtigungsrahmen, der von den Behörden und Ämtern unter Berücksichtigung weiterer Kriterien (u. a. Budgetvorgaben, Personalentwicklungspfade) ausgeschöpft werden kann. Er kann nicht mit der angestrebten Personalausstattung gleichgesetzt werden“, heißt es in der Senatsantwort.

Die CDU-Opposition spricht von einem „alarmierenden Mangel“ und „Personalnotstand“

Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Kappe spricht dagegen von einem „alarmierenden Mangel“ aufgrund von nicht besetzten Stellen und einer großen Herausforderung. Es ist dringend erforderlich, dass der Senat die Verantwortung übernimmt und konkrete Maßnahmen ergreift, um diesen Personalnotstand zu beheben. Die Bürger Hamburgs verdienen eine effiziente Verwaltung, die ihren Bedürfnissen gerecht wird“, sagt Kappe.

„Besonders besorgniserregend ist die Tatsache, dass die fünf Bereiche mit dem höchsten Personalfehlbestand ausgerechnet in den Bezirksämtern zu finden sind, insbesondere im Bürgerservice und im Bereich Bauen und Wirtschaft. Die ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer Führungskrise, die die Verwaltung seit Jahren lähmt“, kritisiert der CDU-Abgeordnete.

In der Umweltbehörde fühlt sich jeder 20. Mitarbeiter überlastet

Einen Hinweis auf Personalengpässe geben auch die Überlastungsanzeigen, die Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes schreiben können, sowie die Krankmeldungen. Das sind die fünf Bereiche mit den höchsten Krankenständen im Jahr 2024: Der Landerbetrieb Gebäudereinigung, der der Finanzbehörde zugeordnet ist, kommt auf 1797 Krankheitstage pro 100 Beschäftigte. Im Dezernat Bürgerservice des Bezirksamtes Eimsbüttel wurden 1167 Krankheitstage pro 100 Beschäftigte gezählt, in der Hamburgischen Münze (Finanzbehörde) waren es 1150, beim Landesbetrieb Verkehr (Verkehrsbehörde) 1021 und beim Bürgerservice des Bezirksamtes Altona 927 Fehltage. Als Gründe nennt der Senat Dauer- und Langzeiterkrankungen, ein hohes Durchschnittsalter der Beschäftigten oder die besondere Beanspruchung aufgrund von Schichtdienst und Kundenbetreuung.

Laut Senat stellen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung Überlastungsanzeigen „aufgrund von strukturellem Aufgabenzuwachs, gestiegenen Fallzahlen, Stellenvakanzen und/oder krankheitsbedingten Ausfällen“. In der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft fühlt sich fast jeder 20. Mitarbeiter überlastet. Laut Senatsantwort auf die Kappe-Anfrage haben rechnerisch 4,55 pro 100 Beschäftigte im laufenden Jahr bereits eine Überlastungsanzeige gestellt. Im Bezirksamt Wandsbek sind es 1,75 Beschäftigte, im Bezirksamt Hamburg-Nord 1,35, beim Sozialgericht 1,18, in der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz und in der Sozialbehörde jeweils 0,99 Beschäftigte.

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„Die Gründe für die Misere sind vielfältig, aber eines ist klar: Die Führungsebene der Verwaltung versagt auf ganzer Linie. Eine bürgernahe, digitale und leistungsfähige Verwaltung ist dringend erforderlich. Dafür benötigen wir einen Senat, der sich zur Verwaltung bekennt und die Probleme entschlossen angeht“, sagt Kappe.