Hamburg. Katastrophen-Vorsorge, rechtliche Gründe – veraltete Technik bleibt. Fax-Nutzung bei Polizei und einem Bezirksamt besonders krass.
Faxgeräte halten sich hartnäckig in der Verwaltung. Fast 450 Geräte gibt es noch in Hamburger Behörden und Ämtern. Der Senat bezeichnet sie als überholte Technik, die jedoch weiterhin erforderlich sei. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Schriftliche Kleine Anfrage des Bürgerschaftsabgeordneten Sandro Kappe (CDU) hervor. Die Gründe für die Verwendung der veralteten Technik sind vielfältig und skurril.
Drei Faxgeräte befinden sich im Bezirksamt Hamburg-Nord. Zwei davon ersetzen nicht vorhandene PC-Anschlüsse. Mitarbeiter, deren Arbeitsplatz der öffentliche Raum ist, wie zum Beispiel Gärtner, benutzen die Faxgeräte zur schnellen und unkomplizierten Kommunikation. Laut Sandro Kappe weise die Anzahl an Geräten in Behörden auf die fehlende Digitalisierung in Hamburg hin. „Der Einsatz von Faxgeräten in einer hochmodernen Stadt wie Hamburg ist nicht nur rückständig, sondern geradezu absurd in Zeiten, in denen digitale Innovationen den Alltag prägen. Wenn wir endlich digitaler wären, bräuchten wir diese altmodischen Geräte nicht mehr.“
Faxgeräte in Hamburger Behörden häufig rechtlich notwendig
Die Stadt verfolge seit Langem konsequent und nachdrücklich den Weg zur Digitalen Stadt, heißt es vom Senat. Hamburg hat vier Jahre in Folge von 2019 bis 2022 den ersten Platz im Smart City Index eingenommen. Die Stadt betreibe den sukzessiven Abbau der Faxgeräte unter der Beachtung rechtlicher, technischer und organisatorischer Möglichkeiten. Vor allem aus rechtlichen Gründen werde die Geräte jedoch weiterhin benötigt.
In der Verkehrsbehörde werden aktuell zwei Faxgeräte verwendet. Die Behörde stehe in Kontakt mit rund 3000 Unternehmen des Omnibus-, Taxi-, Mietwagen- und Güterkraftverkehrs – weit mehr als 1000 Ordnungswidrigkeitenverfahren gebe es pro Jahr. Für das Erheben eines Einspruchs oder eines Widerspruchs sei die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben, heißt es vom Senat.
Es sei zwar mittlerweile zulässig, die Schriftform elektronisch zu ersetzen, „aber dafür müssen hohe gesetzliche Anforderungen an die Sicherheit der Übermittlungswege und die Identifikation des Absenders erfüllt werden“. Eine gewöhnliche E-Mail reiche nicht aus, sogar wenn sie als Anhang eine PDF-Datei mit eingescannter Unterschrift enthält.
Justizbehörde: Faxgeräte für Notlagen wie Geiselnahmen oder Hochwasserlagen
In der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz kommen 65 Faxgeräte zum Einsatz. In Bußgeldsachen, für bestimmte Siegel und Unterschriften sei dies erforderlich. Darüber hinaus sei dieser Kommunikationskanal in außergewöhnlichen Situationen notwendig, zum Beispiel bei einer Geiselnahme oder einer Hochwasserlage.
Bei der Polizei werden Faxgeräte zur Übermittlung von Haftbefehlen benötigt. Außerdem würden Rechtsanwälte der Polizei häufig per Fax Dokumente übermitteln oder Akteneinsicht beantragen, heißt es vom Senat. Darüber hinaus werden Faxgeräte in den Dienststellen der Polizei als ergänzendes Kommunikationsmittel benutzt. Insgesamt werden in der Behörde für Inneres und Sport 352 Faxgeräte verwendet, 339 Stück entfallen auf die Polizei.
Hamburger Behörden und Ämter mit den meisten Faxgeräten
Behörde | Anzahl der Faxgeräte |
Inneres und Sport | 352 |
Justiz und Verbraucherschutz | 65 |
Personalamt | 5 |
Schule und Berufsbildung | 5 |
Finanzbehörde | 4 |
Für Notfallsituationen werden in einigen Behörden Faxgeräte als technisches „Back-up“ behalten, zum Beispiel im Gesundheitsamt Altona. Eine Abschaffung ist nicht geplant. Auch in der Sozialbehörde werde ein Faxgerät für Notfallsituationen wie zur Kommunikation mit Krankenhäusern verwendet. Drei Geräte gibt es außerdem in der Behörde für Kultur und Medien, ebenfalls für Notfälle. Aufgrund geringer Nutzung werden sie laut Senat jedoch zeitnah abgeschafft. Fünf Faxgeräte gibt es im Personalamt. Die Anzahl werde jedoch kontinuierlich reduziert.
Sandro Kappe sieht keinen Nutzen in den Geräten. „Sie sind ineffizient, umständlich und bieten keine angemessene Sicherheit für den Austausch sensibler Informationen.“ Dass Faxgeräte für den Notfall bereitstehen, sieht er nicht als Begründung für die Verwendung der veralteten Technik. „Im Notfall ein Fax? Grotesk.“ Ein gangbarer Weg wäre die Umstellung auf E-Faxe, wie es die Senatskanzlei bereits gemacht hat. „So ist man immer noch erreichbar, aber hat kein Gerät mehr.“
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Bundesrat: Gesetzesänderung zur Digitalisierung der Verwaltung wird beraten
Ein großer Schritt in Richtung Digitalisierung der Verwaltung könnte bevorstehen. Diese Woche wird im Bundesrat über das „OZG-Änderungsgesetz“ beraten. „Das Gesetz schafft die Voraussetzungen dafür, dass die gesamte Kommunikation mit der Verwaltung auf sicherem Wege digital erledigt werden kann“, heißt es vom Bundesrat. Über „BundID“, ein zentrales, digitales Bürgerkonto, sollen sich Bürgerinnen und Bürger über die Online-Funktion ihres Personalausweises einloggen und Nachweise wie die Geburtsurkunde abrufen können.
Am Freitag entscheidet der Bundesrat, ob er dem Beschluss des Bundestages zustimmt. „Da muss man erst mal den Ausgang abwarten“, sagt Polizeisprecherin Laura Wentzien. Selbst wenn die Gesetzesänderung beschlossen werden sollte, sei unklar, ob dadurch weniger Faxgeräte benötigt werden. Eine Reduzierung sei bei der Polizei aktuell nicht geplant. Auch die Justizbehörde werde weiterhin Faxgeräte benötigen. „Der übliche Kommunikationsweg in der Behörde für Justiz und Verbraucherschutz findet selbstverständlich nicht per Fax statt, sondern erfolgt digital“, sagt die Sprecherin der Justizbehörde, Linda Luft. Trotzdem werde es unabhängig vom OZG-Gesetz weiterhin Bedarf an Faxgeräten geben.