Hamburg. Neue Panne? Staatsanwaltschaft verweigert Auskunft über Grund für Ende der Öffentlichkeitsfahndung. Experte und Politik äußern Kritik.
So nichtssagend ist wohl noch nie in Hamburg vonseiten der verantwortlichen Behörde über das Ende einer spektakulären Öffentlichkeitsfahndung informiert worden. In dürren Worten wurde am Donnerstag die Beendigung der Suche mit Bildern nach vier Männern verkündet, die seit Mai 2022 im Zusammenhang mit einem Messerangriff auf einen 31-Jährigen auf St. Pauli von der Mordkommission gesucht werden. Die Ermittlungen waren von Pannen seitens der Staatsanwaltschaft begleitet gewesen. Das Ende der Fahndung, offenbar ohne echten Erfolg, werten Experten als weiteren Fehlgriff der Justiz.
Festnahmen wären Polizei Hamburg eine Mitteilung wert gewesen
„Das Ganze ist sehr fragwürdig“, sagt Thomas Jungfer, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), zu der Rücknahme der Öffentlichkeitsfahndung. „Eigentlich wird so eine Fahndung erst eingestellt, wenn die Tatverdächtigen festgenommen sind. Doch das wäre, nach der Vorgeschichte, sicher eine ausführlichere Mitteilung wert gewesen.“
So heißt es in der Bekanntmachung der Polizei lediglich, dass die Öffentlichkeitsfahndung zwar beendet sei, die gemeinsamen Ermittlungen der Mordkommission und der Abteilung für Kapitaldelikte der Staatsanwaltschaft aber andauern würden.
Die Polizei verweist bei Nachfragen auf auf die Staatsanwaltschaft. Die verschanzt sich hinter „laufenden Ermittlungen“, sodass „leider derzeit leider keine Auskünfte erteilt werden können“.
Staatsanwaltschaft „drückte“ sich um Antworten
Das hat man bereits so gemacht, als langsam ruchbar wurde, dass die Fahndung nach den vier Männern mehr als holprig gelaufen war. Erst fast zwei Jahre nach der Tat war öffentlich mit Bildern nach ihnen gefahndet worden. Fragen des Abendblatts waren mit Hinweis auf eine Kleine Anfrage des Bürgerschaftsabgeordneten Dennis Gladiator (CDU) nicht beantwortet worden.
Dabei hatte das Abendblatt nach dem Zeitraum zwischen der Anregung einer Öffentlichkeitsfahndung durch die Mordkommission der Polizei und deren Umsetzung durch die Staatsanwaltschaft gefragt. Genau das war aber überhaupt nicht Gegenstand der Kleinen Anfrage des Bürgerschaftsabgeordneten. Erst später kam heraus, dass die Polizei bereits Ende September 2022 für eine Öffentlichkeitsfahndung plädierte, die Staatsanwaltschaft diese aber erst Anfang dieses Jahres beantragte.
Seltsame Erledigung der Foto-Fahndung: Gladiator will nachhaken
Gladiator wird vermutlich noch weitere Anfragen stellen. „Für mich wäre die Einstellung der Öffentlichkeitsfahndung nur erklärbar, wenn die Gesuchten festgenommen worden sind. Ist das nicht der Fall, wäre das eine weitere Fragwürdigkeit in dem ohnehin schon skandalösen Vorgang“, so der CDU-Politiker. „Öffentlichkeitsfahndungen dienen ja in der Regel der Ergreifung von Gesuchten, gegen die ein dringender Tatverdacht besteht.“
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Dass die Staatsanwaltschaft mehr als unglücklich mit dem Ablauf der Öffentlichkeitsfahndung war, zeigt sich darin, dass die Generalstaatsanwaltschaft den Vorgang prüft und auch eine neue „Sicherung“ eingebaut hat. Jetzt soll die Polizei, falls erneut eine Öffentlichkeitsfahndung ohne Erfolg angeregt wird, die Staatsanwaltschaft „erinnern“. Auch das hält Gladiator für fragwürdig. „Hier wird eine Verantwortlichkeit ganz klar abgewälzt.“