Hamburg. Aber es bliebe bei einer Mehrheit für Rot-Grün. Größte Gewinnerin wäre die AfD, die CDU würde aufholen, die FDP erneut scheitern.

In rund 16 Monaten werden die politischen Weichen in Hamburg mit der Bürgerschaftswahl neu gestellt. Im Auftrag des Abendblatts hat das Hamburger Institut Trend Research die aktuelle politische Stimmungslage erkundet. Wenn die Wahl bereits am kommenden Sonntag stattfinden würde, müsste die regierende rot-grüne Koalition mit deutlichen Verlusten rechnen, würde ihre Mehrheit aber behalten.

Danach käme die Partei des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher, die SPD, auf 31 Prozent. Das wäre ein Minus von 7,2 Prozentpunkten gegenüber der Wahl vom 23. Februar 2020. Die Grünen mit der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank an der Spitze würden auf 19 Prozent absacken und damit deutlich hinter den Sozialdemokraten auf dem zweiten Platz rangieren. Die Ökopartei käme auf ein Minus von 5,2 Prozentpunkten gegenüber dem Urnengang vor gut dreieinhalb Jahren.

Umfrage: CDU kann sich erholen und liegt wieder auf Augenhöhe mit den Grünen

Knapp hinter den Grünen landete die CDU als größte Oppositionspartei: Die Christdemokraten mit ihrem Partei- und Fraktionschef Dennis Thering würden sich auf 18 Prozent erholen. Die Partei hatte 2020 das schlechteste Wahlergebnis ihrer Geschichte eingefahren, als sie mit 11,2 Prozent fast marginalisiert war. Das Plus von 6,8 Prozentpunkten würde die CDU wieder zumindest auf Augenhöhe mit den Grünen bringen.

Wenn bereits am kommenden Sonntag die Bürgerschaft gewählt werden würde, wäre die AfD die größte Gewinnerin. Die rechtspopulistische Partei käme mit einem satten Plus von fast neun Prozentpunkten auf 14 Prozent. Anfang 2020 mussten die Mitglieder der AfD am Wahlabend lange zittern, ehe klar war, dass der Partei der Einzug in das Landesparlament mit 5,3 Prozent knapp gelungen war.

Umfrage fürs Abendblatt: FDP würde Einzug als Fraktion in die Bürgerschaft verpassen

Ein nahezu unverändertes Ergebnis haben die Meinungsforscher für die Linke ermittelt, die auf zehn Prozent käme. Das bedeutet ein leichtes Plus von 0,9 Prozentpunkten gegenüber der Wahl 2020. Allerdings muss hinzugefügt werden, dass die zwischen dem 17. und 24. Oktober durchgeführte Umfrage noch nicht das „Bündnis Sahra Wagenknecht“, die vorgesehene Parteineugründung der ehemaligen Linken-Politikerin, berücksichtigen konnte.

Die FDP, die vor dreieinhalb Jahren mit 4,97 Prozent den Einzug als Fraktion in die Bürgerschaft ausgesprochen knapp verpasste, kann sich laut der Umfrage, die sie auf vier Prozent taxiert, nicht erholen. Auf alle übrigen Parteien entfallen ebenfalls vier Prozent – ein Minus von zwei Prozentpunkten.

Rot-grüne Koalition hätte in der Bürgerschaft trotz der Verluste weiterhin klare Mehrheit

Trotz der klaren Verluste für SPD und Grüne könnte Rot-Grün nach der aktuellen Erhebung weiterregieren. Das seit 2015 existierende Bündnis, das derzeit über eine komfortable Zweidrittelmehrheit in der Bürgerschaft verfügt, käme auf 51 Prozent und läge damit deutlich vor der derzeitigen Opposition aus CDU, Linken und AfD mit 42 Prozent.

Bemerkenswert ist, dass die Attraktivität der Parteien zwischen Männern und Frauen annähernd gleich ausgeprägt ist. Lediglich bei den Anhängern der AfD ergibt sich ein etwas klareres männliches Übergewicht. Während 16 Prozent der befragten Männer AfD wählen würden, sind es bei den Frauen nur zwölf Prozent. Mehr Frauen als Männer würden der CDU (19 zu 17 Prozent) und der Linken (elf zu neun Prozent) ihre Stimme geben. Das Geschlechterverhältnis bei der SPD ist mit 31 Prozent ausgeglichen.

Umfrage: Nur bei der SPD sind die über 60-Jährigen die stärkste Wählergruppe

Sehr deutliche Diskrepanzen ergeben sich dagegen hinsichtlich der Parteienpräferenzen bezogen auf die Altersgruppen. Die SPD ist bei den über 60-Jährigen mit 45 Prozent besonders stark vertreten, während es bei den 35- bis 59-Jährigen 30 Prozent und bei den 16- bis 34-Jährigen lediglich 18 Prozent sind. Die SPD ist die einzige Partei, bei der die „Alten“ das größte Wählerreservoir darstellen.

Die Grünen schneiden bei den Wahlberechtigten im Alter zwischen 35 und 59 Jahren mit 23 Prozent am besten ab. Während die Partei bei den bis 34 Jahre alten Menschen auf 20 Prozent kommt, sind es bei den über 60-Jährigen nur 14 Prozent. Bei allen vier Oppositionsparteien liegen die jungen Wählerinnen und Wähler vorn.

AfD hat den größten Rückhalt bei der Gruppe der 16- bis 34-Jährigen

Die CDU würden 21 Prozent der bis 34-Jährigen wählen, aber nur 15 Prozent des mittleren Alterssegments und 18 Prozent der über 60-Jährigen. Noch deutlicher ist die Altersdifferenz bei den Linken ausgeprägt: Die Partei kommt auf 17 Prozent bei den jüngeren Wählern und Wählerinnen, aber auf nur sieben Prozent bei den 35- bis 59-Jährigen und acht Prozent bei den älteren.

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Auch die AfD hat offensichtlich den stärksten Rückhalt mit 17 Prozent bei den jüngeren Wählern, dicht gefolgt von den 35- bis 59-Jährigen mit 16 Prozent, während nur neun Prozent der über 60-Jährigen die Partei wählen würden. Dürften nur die 16- bis 34-Jährigen wählen, dann hätte auch die FDP mit sieben Prozent die Fünfprozenthürde übersprungen. Bei den beiden anderen Altersgruppen ist die Zustimmung mit zwei bzw. einem Prozent allerdings marginal.

Wahl in Hamburg: Knapp jeder fünfte Befragte hat sich noch nicht entschieden

Knapp jeder fünfte Befragte – 19,7 Prozent – hat sich noch nicht entschieden, wem er seine Stimme geben würde, oder bezeichnet sich als Nichtwähler. Die angegebenen Prozentwerte der Sonntagsfrage beziehen sich auf die gut 80 Prozent der 1068 interviewten Männer und Frauen, die eine Parteienpräferenz angegeben haben. Bei den Werten besteht nach Angaben von Trend Research eine Fehlertoleranz von plus/minus drei Prozentpunkten, bei den kleineren Parteien von plus/minus zwei Prozentpunkten.

Die Studie ist eine Onlinebefragung im Panel unter den Hamburger Wahlberechtigten ab 16 Jahren. Ein Panel ist ein Pool von Personen, die sich registriert haben, um an unterschiedlichen Onlineumfragen teilzunehmen. Die Teilnehmenden dieser Umfrage sind aus dem Panel innerhalb der soziodemografischen Gruppen zufällig ausgewählt.