Hamburg. Seit 2015 ist in Hamburg die Zahl der Stellen in Präsidialstäben um fast 30 Prozent gestiegen. CDU kritisiert: „Senatoren wie Könige.“
Die Präsidialstäbe in den Behörden und der Senatskanzlei sind selten selbst Gegenstand von Berichterstattung, gehören aber zum Kreis der engsten Mitarbeiter von Senatoren und Bürgermeistern. In den vergangenen Jahren haben die Behördenchefs immer mehr Vertraute um sich geschart: als Büroleiter, persönliche Referenten oder Pressesprecher. Seit 2015 ist die Stellenzahl der Präsidialstäbe um 28,25 Prozent gewachsen, seit 2020 allein um 21,79 Prozent. Laut der Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seelmaecker sind in den Intendanzbereichen der elf Behörden sowie der Senatskanzlei aktuell 196,16 Stellen ausgewiesen.
Die Entwicklung ist insofern erstaunlich, als der damalige Erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) nach dem Regierungswechsel 2011 die Verschlankung der Verwaltung ausgerufen hatte und dabei ausdrücklich die Stäbe im Blick hatte. „In jeder Behörde soll es ein Senatorenbüro mit einer Büroleiterin bzw. einem Büroleiter, einer persönlichen Referentin bzw. Referenten, eine Pressesprecherin bzw. -sprecher und einer Sekretärin oder einem Sekretär geben“, teilte der Senat in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage im April 2011 mit. Der Intendanzbereich könne um ein Parlamentsreferat ergänzt werden, das Vorlagen für Senat, Bürgerschaft und Bundesrat vorbereiten soll. Nicht viel also insgesamt, es kam anders.
Früherer Bürgermeister Olaf Scholz hatte 2011 Verkleinerung der Präsidialstäbe angekündigt
Zwei Behörden haben ihren Personalbestand in der Präsidialabteilung allein im vergangenen Jahr um drei Stellen aufgestockt und liegen damit an der Spitze. In der Schulbehörde umfasst der Intendanzbereich jetzt 18,51 statt 15,51 Stellen. „Die drei Stellen sind keine neuen Stellen, sondern Umsetzungen“, erläutert Behördensprecher Peter Albrecht. Eine Stelle wurde aus der Stabsstelle Weiterbildung in die Präsidialabteilung verlagert. Eine weitere Stelle umfasst eine Lehrkraft, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in einer Schulklasse unterrichten kann und „amtsangemessen“ in der Verwaltung untergebracht werden muss. „Und eine Stelle ist für den Kontakt zum EU-Ministerrat eingerichtet, in dem Hamburg Mitglied ist“, sagt Albrecht. Die Kosten für diese Stelle teilten sich acht Bundesländer, die Hamburg in Brüssel vertritt.
Ebenfalls drei zusätzliche Stellen verzeichnet die Präsidialabteilung der Sozialbehörde. „Hierbei handelt es sich um befristete Projektstellen“, sagt Anja Siegert, stellvertretende Behördensprecherin. Hintergrund sei, dass Hamburg den Vorsitz der Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Länder in diesem Jahr und der Jugend- und Familienministerkonferenz im kommenden Jahr habe. „Zur Organisation und Durchführung dieser Konferenzen sowie damit zusammenhängender weiterer Gremien und Abstimmungsprozesse ist die Einrichtung einer temporären Geschäftsstelle erforderlich“, sagt Siegert. Mit 25 Stellen ist die Präsidialabteilung der Sozialbehörde die größte aller Behörden.
Auffällig hohe Fluktuation in den Intendanzbereichen der Behörden
Einen Zuwachs um eine Stelle hat es in der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende gegeben. „Dabei handelt es sich um eine Auszubildende, die nach ihrer erfolgreichen Ausbildung übernommen wurde“, sagt Behördensprecher Dennis Heinert. In der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen wurde die Präsidialabteilung durch Umsetzung um eine Stelle für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verstärkt. In den übrigen Behörden und der Senatskanzlei blieb die Stellenzahl im vergangenen Jahr unverändert.
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Auffällig ist die hohe Fluktuation in den Intendanzbereichen: Aus mehreren Kleinen Anfragen des CDU-Abgeordneten Seelmaecker ergibt sich, dass im Laufe von nicht einmal zwei Jahren 101 Stellen – also rund die Hälfte – neu besetzt wurden. Allein im vergangenen Jahr gab es 57 Nachbesetzungen. Im zurückliegenden Jahr wurden 14 Beförderungen ausgesprochen, formal also Stellenanhebungen. Die gleiche Zahl von Beförderungen gab es laut Senatsantwort auch im Zeitraum 2022/23 und 17 Höherbewertungen 2021/22.
Der Vorwurf: Senatoren und Senatorinnen vergäben Präsidial-Jobs nach Gutdünken
Seelmaecker zieht daraus weitreichende Schlüsse. „SPD und Grüne missbrauchen ihre Behördenleitungen, um teilweise unqualifizierte Menschen in die Behörden einzuschleusen, die im regulären Bewerbungsverfahren für den öffentlichen Dienst häufig keine Chance hätten“, sagt Seelmaecker. „Nachdem sie aber im politischen Bereich der Behörde auf dem Gehaltszettel standen, wird behauptet, sie hätten sich bewährt, und damit werden sie in den regulären öffentlichen Dienst übernommen. Das ist Vetternwirtschaft. Die hohe Fluktuation belegt das eindrucksvoll“, sagt der CDU-Politiker.
„Die Senatoren benehmen sich wie Könige, nicht wie gewählte Volksvertreter. Sie gewähren Präsidial-Jobs nach Gutdünken und schieben die Menschen kurze Zeit später weiter in reguläre Behördenstellen. Das muss aufhören. Der öffentliche Dienst ist kein Selbstbedienungsladen“, sagt Seelmaecker, der den Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) auffordert, die „Vetternwirtschaft“ sofort zu beenden.