Hamburg. Über die Präsidialabteilungen würden SPD und Grüne eigene Vertraute ohne Ausschreibung in die Verwaltung schleusen. Senat dementiert.
Einst war die SPD mit Olaf Scholz in Hamburg angetreten, die Verwaltung zu verschlanken. Schon seit einer Weile aber nimmt die Zahl der Beschäftigten in Behörden, Schulen und anderen städtischen Stellen wieder zu – auch weil die Stadt seit Jahren wächst. Kann es aber sein, dass SPD und Grüne die Gunst der Stunde nutzen, um dabei auch immer mehr eigene politische Weggefährten in den staatlichen Apparat zu schleusen? Das jedenfalls behauptet die CDU – und hat dazu eine Auswertung der Stellenbesetzungen in den Präsidialabteilungen seit Beginn der Wahlperiode im Jahr 2015 vorgelegt.
Diese Stellen in den Behördenspitzen, auf denen etwa Referenten, Pressesprecher oder die Mitarbeiter der Geschäftszimmer arbeiten, werden meist nicht öffentlich ausgeschrieben – weil Senatoren zugestanden wird, sie mit persönlichen Vertrauten zu besetzen. Allerdings wechseln zuletzt Dutzende in den Staatsdienst gekommene Mitarbeiter in die reguläre Verwaltung – und die Präsidialstellen werden mit weiteren Vertrauten nachbesetzt. Das zeigen laut dessen Analyse mehrere Senatsantworten auf Kleine Anfragen des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Richard Seelmaecker.
Es habe in den Präsidialabteilungen bereits „125 Stellennachbesetzungen“ in dieser Wahlperiode (also seit 2015) gegeben, so Seelmaecker. „Es ist schon extrem auffällig, welch hohe Fluktuation in den Präsidialstäben der Behörden vorherrscht. Entweder ist es für die Mitarbeiter im direkten Umfeld der Senatoren kaum auszuhalten, oder die Behördenleitungen nutzen die Präsidialstäbe gezielt als Einfallstor, um möglichst viele persönliche Vertraute ausschreibungsfrei während der Legislaturperiode dauerhaft in Hamburgs Verwaltung zu schleusen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.“
Senatskanzlei ist Spitzenreiter bei Nachbesetzungen
Spitzenreiter bei den Nachbesetzungen ist laut CDU-Auswertung die Senatskanzlei, also das unmittelbare Umfeld des Bürgermeisters. Das allerdings hängt auch mit dem Amtswechsel von Olaf Scholz zu Peter Tschentscher zusammen. Denn natürlich hat der neue Bürgermeister eigene Vertrauensleute mit ins Rathaus gebracht – etwa die früheren Finanzbehörden-Sprecher Daniel Stricker und Christopher Harms oder den neuen Senatssprecher Marcel Schweitzer. An zweiter Stelle bei den Stellenneubesetzungen folgt laut CDU-Auswertung die Wirtschafts- und Verkehrsbehörde, die Gesundheitsbehörde und die Justizbehörde.
Zudem gab es seit 2015 laut Seelmaecker mehr als 30 Beförderungen oder Stellen-Höherbewertungen in den rot-grünen Präsidialabteilungen, und es wurden zehn zusätzliche Stellen geschaffen. Schon 2016 hatte Seelmaecker die Ausweitung der Präsidialbereiche unter Rot-Grün kritisiert. Damals monierte er etwa, dass Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) sich im Rathaus eine zweite persönliche Referentin und eine zweite Büroleitung leiste – für ihre Aufgaben als Zweite Bürgermeisterin. Das hatte ihre Vorgängerin als Zweite Bürgermeisterin, Dorothee Stapelfeldt (SPD), in den Jahren der SPD-Alleinregierung nämlich nicht für nötig gehalten.
Normale Gründe für Fluktuationen
Senatssprecher Marcel Schweitzer wies die Kritik der CDU am Mittwoch zurück. Deren Auswertung sei „thesengeleitet“, so Schweitzer. So unterscheide Seelmaecker nicht zwischen den „politisch sensiblen Bereichen (z. B. Büroleiter, Pressesprecher, persönlicher Referent) und den Verwaltungsbereichen (Beantwortung von parlamentarischen Anfragen, Vorzimmern, etc.)“. Im Verwaltungsbereich gebe es Beamte und Tarifangestellte, die zum Teil unterschiedliche Stationen absolvieren müssten. Diese seien zeitlich befristet, schon deshalb gebe es hier eine natürlich Fluktuation. Hinzu kämen „die ganz normalen Gründe für Fluktuationen: Rente, Schwangerschaftsvertretung, Elternzeit oder eben der persönliche Wunsch nach Veränderung – das echte Leben spiegelt sich im öffentlichen Dienst wider“, so der Sprecher.
Die CDU lasse auch außen vor, „dass Personalveränderungen die Folge von zusätzlichen Aufgaben sind“. Hamburg sei Vorsitzland für Ministerkonferenzen und koordiniere die SPD-geführten Bundesländer in vielen Bereichen. Das seien zusätzliche, zeitlich befristete Aufgaben, die zu Fluktuation führten.