Hamburg. Hamburgs Beschäftigte hatten im vergangenen Jahr durchschnittlich 19 Fehltage. Ein Negativrekord, der weitere unschöne Folgen haben kann.

Der Krankenstand in Hamburg hat 2023 ein Rekordniveau erreicht. Die Zahl der Krankheitsfälle ist im Vergleich zum Vorjahr um rund ein Viertel gestiegen. Dies zeigen Auswertungen der DAK und der Kaufmännischen Krankenkasse KKH. Die krankheitsbedingten Ausfälle stellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor große Herausforderungen – da gebe es sogar einen Dominoeffekt.

Im Durchschnitt kamen die Beschäftigten in Hamburg auf 19 Fehltage pro Kopf in 2023. „Der Negativrekord beim Krankenstand setzt sich in Hamburg fort und hat zu hohen Belastungen geführt, sowohl im Privaten als auch im Beruf“, sagt der DAK-Landeschef Jens Juncker. Ausschlaggebend für das hohe Aufkommen waren vor allem Atemwegserkrankungen wie Erkältungen, Bronchitis und Grippe. Hier gab es einen merklichen Anstieg von rund 18 Prozent.

Krankenkassen: Krankenstand so hoch wie nie seit Beginn der Messung

Die Zahlen der Kassen zeigen, wie gravierend die Ausfälle tatsächlich sind: Der Krankenstand zeigt, wie viele Menschen durchschnittlich an einem Tag krankgeschrieben sind. Insofern fließt die Länge einer Erkrankung in den Wert mit ein. Der Krankenstand 2023 stieg zwar nur leicht im Vergleich zum Vorjahr, befindet sich jedoch auf Rekordniveau seit Beginn der Messungen vor 25 Jahren.

Die Studien der Kassen zeigen einen leichten Unterschied im Krankenstand von 5,2 Prozent bei der DAK und 5,6 Prozent bei der KKH. Ein Krankenstand von 5,2 Prozent bedeutet, dass von 1000 Arbeitnehmenden an einem Tag im Schnitt 52 Menschen im Jahr 2023 krankgeschrieben waren. In vielen Bundesländern ist dieser Wert sogar höher; in der Auswertung der KKH belegte Hamburg den drittletzten Platz.

Die absoluten Fallzahlen sind in der Hansestadt um 25 Prozent gestiegen. Bei der DAK wurden bezogen auf 100 DAK-versicherte Beschäftigte 199 Krankheitsfälle gemeldet – im Vorjahr waren es nur 160. Die KKH veröffentlichte ähnliche Zahlen und meldete, in Hamburg gebe es den größten Anstieg im Ländervergleich. Vor allem Atemwegserkrankungen spielen eine große Rolle – rund 19 Prozent der eingegangenen Krankschreibungen bei der KKH sind auf sie zurückzuführen.

Krankenkassen befürchten Dominoeffekt in Hamburg

Ähnlich wie der DAK-Landeschef beurteilt auch die KKH-Arbeitspsychologin Antje Judick die Situation: „Der nach wie vor hohe Krankenstand hat starke Auswirkungen auf die Arbeitswelt.“ Juncker verweist außerdem auf den hohen Fachkräfte- und Personalmangel in Deutschland: „Ein derartig hoher Arbeitsausfall ist eine große Herausforderung für die Wirtschaft.“ Um diese Herausforderung zu meistern, unterstütze die DAK Unternehmen gern mit Angeboten im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagments.

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Und dann gibt es da noch den Dominoeffekt: Durch die hohen Ausfälle am Arbeitsplatz könne eine Dynamik entstehen, in der die Mehrarbeit, die wegen der erkrankten Kolleginnen und Kollegen auf die noch gesunden Beschäftigten zukommt, zu einer Überlastung führt. Diese Überlastung wiederum kann zu neuen Krankheitsfällen führen – eine Art Teufelskreis.

Psychologin: Chefs müssen Arbeitnehmer schützen

Vor allem Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen müssten vor Krankheit geschützt werden, um einem Dominoeffekt entgegenzuwirken, sagt Arbeitspsychologin Antje Judick, etwa durch Hygieneregeln, Schutzimpfungen oder vermehrte Arbeit im Homeoffice.

Doch dies gelte nicht nur mit Blick auf das Ansteckungsrisiko etwa bei Atemwegs- oder Magen-Darm-Infekten. Bei dauerhafter Überlastung rät sie den Beschäftigten, sich mit ihrer Führungsebene in Verbindung zu setzten. Denn: Mit weiteren, stressbedingen Arbeitsausfällen sei an dieser Stelle niemandem geholfen. Führungskräfte sollten in solchen Fällen möglichst frühzeitig mit der Anpassung von Zeitplänen und der Priorisierung von Aufgaben reagieren, empfiehlt die KKH-Arbeitspsychologin.