Hamburg. Feuerwehr Hamburg verlange ohne Verhandlungen erheblich mehr Geld für Einsatzfahrten. Innenbehörde widerspricht den Kassen.
Eine Mehrheit der gesetzlichen Krankenkassen in Hamburg hat den starken Anstieg der Gebühren für den Rettungsdienst scharf kritisiert. Zum Jahresbeginn 2024 hat die Stadt Hamburg die Gebühren nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK) um rund 32 Prozent angehoben. Während die Kosten 2023 noch bei 533 Euro pro Einsatz gelegen haben, seien sie nun auf 701 Euro gestiegen.
„Dieser massive Anstieg ist für uns nicht nachvollziehbar“, sagte Kathrin Herbst, Leiterin der VDEK-Landesvertretung Hamburg. Die Stadt sollte nach ihren Worten in der Lage sein, im Rahmen der üblichen Kostensteigerungen einen modernen Rettungsdienst in guter Qualität zu organisieren. Die Feuerwehr Hamburg wies die Kritik und die Darstellung des Kassenverbandes zurück.
Feuerwehr Hamburg: Krankenkassen erbost über höhere Gebühren im Rettungsdienst
Die Gebühren für die Einsätze legt die Stadt Hamburg seit der Novellierung des Hamburger Rettungsdienstes vor vier Jahren in einer Rechtsverordnung fest. Die Krankenkassen werden dabei nicht wie zuvor in Verhandlungen eingebunden. Der VDEK befürchtet nun einen Mangel an Wirtschaftlichkeit und Qualität im Hamburger Rettungsdienst.
„Dafür müssen jetzt die Bürgerinnen und Bürger ärgerlicherweise die Zeche zahlen“, beklagte Herbst. Normalerweise trägt die jeweilige Krankenkasse die Kosten bei einem Einsatz eines Rettungswagens. Gesetzlich Versicherte müssen lediglich einen Beitrag von maximal zehn Euro zahlen. Jedoch kommt es immer wieder vor, dass bei einem Notfall die Betroffenen nicht mit ins Krankenhaus fahren wollen – eine Leerfahrt für den Rettungswagen. In einem solchen Fall muss der Erkrankte oder Verletzte selbst die Kosten tragen.
Feuerwehr Hamburg: Gebühren für Einsätze im Rettungsdienst steigen
Ebenfalls betroffen seien die Privatversicherten in Hamburg (rund zehn Prozent aller Krankenversicherten), erklärte Stefanie Kreiss, Pressesprecherin des VDEK Hamburg. Auch Patienten ohne Krankenversicherung, etwa Obdachlose oder Menschen aus dem Ausland, müssen den vollen Preis für den Rettungsdienst zahlen.
Der Rettungsdienst in Hamburg liegt in der Verantwortung der Feuerwehr, dazu gehören auch Notfallrettung und Krankentransporte. Bei einer Notfallrettung werden Betroffene zunächst von Notärzten versorgt und dann während des Transports in eine Klinik von ihnen betreut.
Medizinische Notfälle: Arztruf 116 117 als Alternative
Krankentransporte hingegen werden von nicht-ärztlichem Personal durchgeführt, da sich die Patienten hierbei nicht in akuter Lebensgefahr befinden. Der Verband der Ersatzkassen weist darauf hin, dass Patientinnen und Patienten immer die Möglichkeit haben, den Arztruf 116 117 zu wählen. Dort können fachkundige Mitarbeiter entscheiden, ob beispielsweise ein Arzt nach Hause kommt oder doch ein Rettungswagen notwendig ist.
Die Innenbehörde hat die Kritik der Krankenkassen zurückgewiesen. Die Feuerwehr habe „umfassende Gespräche“ mit den Kassen geführt. Die Daten seien „transparent kommuniziert und diskutiert“ worden. Wie Behördensprecher Daniel Schaefer dem Abendblatt sagte, sehe das novellierte Rettungsdienstgesetz von 2019 weiterhin „eine aktive Rolle der Krankenkassen bei der Gebührenfestsetzung“ vor.
Innenbehörde: Höhere Personalkosten und Zulagen machen Gebührenerhöhung notwendig
Was den Anstieg befeuere, seien die allgemeine Teuerungsrate, höhere Personalkosten und eine neue Zulage für Notfallsanitäter. Diese Zulage (rund 200 Euro im Monat, später 300 Euro) solle die Jobs bei der Feuerwehr attraktiver machen. Notfallsanitäter hätten erweiterte Kompetenzen und mehr Verantwortung.
Die Gesamtkosten haben sich laut Innenbehörde auch deshalb erhöht, weil die Kosten für die Rettungswagen von Falck bisher separat abgerechnet worden seien. Einige Gebührenerhöhungen erreichen nach Auskunft der Behörde nicht einmal die Steigerung durch die Inflation.
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Die Feuerwehr und der Rettungsdienst in Hamburg waren zuletzt in der öffentlichen Diskussion, weil es heftige interne Querelen gab und die Innenbehörde von Senator Andy Grote (SPD) nach massiver Kritik einen Entwurf zu einem neuen Rettungsdienstgesetz ändern musste. ryb/hpjh