Hamburg. Bilanz der Kontrollen zu Waffenverbot. Hamburg-Drehkreuz bleibt Einsatzschwerpunkt. Super-Recogniser identifiziert allein 250 Gesuchte.
Im Frühjahr wurde die „Allianz sicherer Hauptbahnhof“ geschmiedet, an der sich die Hamburger Landespolizei, die Bundespolizei, die DB Sicherheit und die Hochbahnwache beteiligen. Die Allianz kommt nicht von ungefähr. Der Hamburger Hauptbahnhof ist, gemessen an den absoluten Zahlen, als gefährlichster Bahnhof Deutschlands bekannt. Das gilt nicht nur für Fahrgäste. 16 der 66 Bundespolizisten, die dieses Jahr bei Widerstandshandlungen verletzt wurden, waren im Hauptbahnhof attackiert worden.
Zum Jahresende zog Michael Schuol, Präsident der Bundespolizeidirektion Hannover, zu der die Inspektion Hamburg gehört, dennoch unterm Strich eine positive Bilanz. „Die vielen positiven Rückmeldungen von Fahrgästen bestätigen, dass sich die Erhöhung der Streifen auf das Sicherheitsgefühl der Menschen auswirkt“, so Schuol.
Hauptbahnhof Hamburg: 315 Menschen überprüft, 20 Personen festgenommen
Dafür hat die Bundespolizei auch jede Menge „Manpower“ aufgeboten. Seit es die Allianz gibt, wurden drei große Schwerpunktkontrollen im Bereich Hauptbahnhof durchgeführt – zuletzt am vergangenen Wochenende, an dem allein 315 Personen überprüft, 96 Platzverweise ausgesprochen und drei Haftbefehle vollstreckt wurden. Bei allen drei Kontrollen überprüften Bundespolizisten 800 Personen. Die Beamten führten 500 Durchsuchungen durch und nahmen mehr als 20 Personen fest, in der Regel wegen eines offenen Haftbefehls oder illegalen Aufenthalts in Deutschland.
Dazu kommen die sogenannten „Quattrostreifen“, bei denen Mitarbeiter der an der Sicherheitsallianz beteiligten Institutionen zusammen unterwegs sind. Hier kontrollierten allein die Bundespolizisten noch einmal 1833 Personen.
Bundespolizisten stellten bislang insgesamt 66 Messer sicher
Ganz zentral ist bei den Kontrollen die Durchsetzung des dauerhaften Waffenverbots im Hauptbahnhof und den angrenzenden Bereichen, das am 1. Oktober in Kraft trat. Hier wurden bislang 66 Messer von Bundespolizisten sichergestellt, aber auch andere Waffen wie Schlagringe und Schlagstöcke sowie sogenannte „Polenböller“.
Als überaus erfolgreich bewertet Schuol den Einsatz der Super-Recogniser, Beamte mit einem fotografischen Bildgedächtnis, die sich nahezu perfekt Gesichter merken können. Allein „Olli“ von den Fahndern am Hauptbahnhof, Urgestein in der bundesweit mittlerweile 115 Beamte starken Gruppe der mit dieser Fähigkeit ausgestatteten Bundespolizisten, hat in diesem Jahr bereits über 250 Gesuchte identifiziert. Für die Bundespolizei, so Schuol, seien diese „Superhirne“ inzwischen nicht mehr aus dem Einsatzalltag wegzudenken.
Die perfekte Ergänzung seien Überwachungskameras, von denen allein 450 im Hauptbahnhof installiert sind. Durch ihre Aufnahmen konnten 204 Taschendiebe identifiziert und 956 Straftaten aufgeklärt werden.
Ein nettes Add-on ist die „Safe Now Hilfe App“, die seit Ende Oktober im Hamburger Hauptbahnhof genutzt werden kann. Es gibt sie als kostenlosen Download. Über die App kann man unauffällig einen Notruf absetzen, wobei den Einsatzkräften der Standort der Hilfe suchenden Person angezeigt wird. Dass die App seitdem 405-mal genutzt wurde, sollte man nicht überbewerten, heißt es. Tatsächlich gab es in der Zeit 27 echte Auslösungen. In allen anderen Fällen wurde sie in den „Bereitschaftsmodus“ versetzt.
Polizei: Bei Straftaten ist oft Alkohol im Spiel
Ein großes Problem bleiben weiterhin angetrunkene Zeitgenossen. Alkohol ist laut Schuol ein wesentlicher Faktor, wenn es zu Widerstandshandlungen gegen Bundespolizisten kommt. Aber auch bei Straftaten spielt Trunkenheit eine große Rolle. Bei etwa jeder vierten Tat war einer der Beteiligten angetrunken. Daneben ist es Gruppendynamik, die immer wieder dazu führt, dass sich Kontrollierte mit Bundespolizisten anlegen.
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Abhilfe soll hier ein Alkoholkonsumverbot bringen, das im Juli von Innensenator Andy Grote angekündigt und im Frühjahr umgesetzt werden soll. Es soll dann für das direkte Umfeld des Hauptbahnhofs, wie den Heidi-Kabel-Platz und den Hachmannplatz gelten. Im Hauptbahnhof besteht außerhalb der Gastronomie bereits jetzt so ein Verbot.
Hamburg Hauptbahnhof: Auch künftig hohe Polizeipräsenz
Personell ist die Sicherheitsallianz eine Herausforderung. In die Quattrostreifen wurden bislang um die 2600 Personalstunden investiert. In diesem Jahr waren gerade für zusätzliche Aktionen, darunter die Schwerpunkteinsätze, rund 3000 zusätzliche Polizeibeamte in Hamburg eingesetzt worden, auch immer wieder von der Bundesbereitschaftspolizei.
Auch in Zukunft will man mit hohem Personaleinsatz die Sicherheitslage im Hauptbahnhof und im Bereich der Bahnhöfe der Fern- und S-Bahn verbessern. Ziel sei es „signifikant polizeiliche Erfolge zu erzielen und das Dunkelfeld an Straftaten weiter aufzuhellen“.