Hamburg. „Unsozial, ungerecht, unwürdig“: Kontrollen und Platzverweise gegen Hilfebedürftige widersprechen Aktionsplan der Bundesregierung.

Drei Hamburger Hilfs-Initiativen für Obdachlose beklagen verschärfte Kontrollen, Platzverweise und eine Verdrängung von Betroffenen rund um den Hauptbahnhof. Die Innenbehörde und das Bezirksamt Mitte planten diese Maßnahmen, die Beamtinnen und Beamte der Polizei müssten sie umsetzen. Dadurch würden Obdachlose in Außenbezirke Hamburgs verdrängt. Das diene allein dem Image des Hauptbahnhofes. Die Helfer fordern die Behörden auf, dieses Vorgehen zu beenden. Es widerspreche zudem dem Aktionsplan der Bundesregierung gegen Wohnungslosigkeit.

Julien Peters von der Initiative Solidarische Straße sagte über die Situation am Hauptbahnhof: „Dabei leidet dieses Image vor allem durch das aktuelle Vorgehen, denn eine soziale und gerechte Stadt geht würdiger mit Mitmenschen um.“ Die Initiative sowie das Projekt Housing First haben sich mit der Pfandflaschen-Aktion des Unternehmens Fritz-Kola zusammengetan, um auf die Situation rund um den Hamburger Hauptbahnhof aufmerksam zu machen. Housing first ist ein auch in Hamburg praktizierter Ansatz in der Bekämpfung von Wohnungslosigkeit, in dem es darum geht, Betroffenen zunächst ein festes Dach über dem Kopf zu geben, ehe andere Probleme wie Arbeitslosigkeit, Süchte, psychische oder körperliche Herausforderungen mit Experten angegangen werden können. Das Modellprojekt solle in Hamburg in ein zeitlich unbegrenztes Hilfs-Konzept umgewandelt werden.

Hamburger Hauptbahnhof: Werden Obdachlose verdrängt?

Die Geschäftsführerin des Bundesverbands Housing First e. V., Julia von Lindern, sagte: „Obdachlosigkeit ist die krasseste Form der Armut in unserer Gesellschaft. Obdachlose Menschen leiden oftmals unter Hunger, Durst, Kälte oder Hitze, Gewalt sowie fehlender Privatsphäre. Dabei ist Wohnen ein Menschenrecht. Housing First setzt dieses Menschenrecht ganz unmittelbar um und bietet damit genau den Menschen ein Angebot, die vielfach von anderen Hilfen nicht mehr erreicht werden.“ Nach Angaben der Initiativen leben in Deutschland derzeit 262.600 Menschen ohne festen Wohnsitz, 38.500 davon leben auf der Straße.

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Fritz-Kola hatte die Initiative „Pfand gehört daneben“ gestartet, für die Pfandflaschen neben Mülleimer gestellt werden sollen. So könnten Obdachlosen auf das zum Teil mühsame und gefährliche Wühlen in Abfalleimern verzichten. Das gewährleiste ein „würdevolleres Miteinander“. Dass Mehrwegflaschen somit häufiger bei Getränkeherstellern anstatt in der der Müllverbrennung landeten, sei positiv für die Umwelt. Ein Unternehmenssprecher sagte, viele obdachlose Menschen könnten „ohne das Pfandsammeln nicht über die Runden kommen“.