Hamburg. Ruangrupa-Künstler hatten Jubel-Demo nach Hamas-Massaker gelikt. Mitglied der Jüdischen Gemeinde spricht von „Provokation mit Ansage“.

Ihre umstrittene Gastprofessur an der Hochschule für bildende Künste (HfbK) endete bereits im Sommer: Doch jetzt sorgen Reza Afisina und Iswanto Hartano, Mitglieder des Künstlerkollektivs Ruangrupa, erneut für heftige Kritik und bringen HfBK-Präsident Prof. Martin Köttering in Bedrängnis. Afisano und Hartano waren als Kuratoren der Kasseler „documenta fifteen“ für die Auswahl von Werken mit zahlreichen antisemitischen Bezügen verantwortlich. Nach dem Massaker durch die palästinensische Terrororganisation Hamas an israelischen Zivilisten hatten die indonesischen Künstler das Video einer pro-palästinensischen Demonstration in Berlin gelikt, auf der die Morde gefeiert wurden.

Auf der „documenta“ waren Bilder gezeigt worden, auf denen Juden als geldgierig, als Schweine und Vampire dargestellt wurden. Mehrere Werke wurden nach massiven Protesten abgehängt, darunter eines mit dem Titel „Gaza Guernica“. Generaldirektorin Sabine Schormann trat zurück. Dennoch hielt HfbK-Präsident Köttering an der geteilten Gastprofessur der beiden umstrittenen Künstler fest und versuchte, einen Dialog auch mit Kritikern zu initiieren. Unter anderem hatte die Jüdische Gemeinde gegen die Beschäftigung der Indonesier an der HfbK protestiert und deren Ausladung gefordert.

HfbK Hamburg: Antisemitismusbeauftragter des Senats kritisiert Gastprofessoren

„Diejenigen, die die Gastprofessur von Beginn an kritisiert haben, haben Recht behalten“, sagt Stefan Hensel, Antisemitismusbeauftragter des Senats. „Es ist wie immer: Im Nachhinein zeigt man sich überrascht. Dass diese beiden Professoren die Videos gelikt haben, ist unglaublich und zeigt, dass die Hochschule für bildende Künste und ihr Präsident Martin Köttering nicht verstanden haben, wie Antisemitismus wirkt“, sagt Hensel.

Nach den Likes von Afisina und Hartano zeigte sich Köttering „enttäuscht, verärgert und bestürzt“. Der HfbK-Präsident verwies auf die Bemühungen um Dialog und sagte dem Abendblatt: „Manchmal ist das Weltgeschehen niederschmetternd und lässt mich an der Überzeugungskraft eines reflektierten und differenzierten Argumentierens (ver-)zweifeln.“ In einem Statement der HfbK heißt es, die beiden Künstler seien nicht mehr an der HfbK tätig, ihre geteilte Gastprofessur endete mit dem Sommersemester.

Mitglieder der Jüdischen Gemeinde hatten gegen Gastprofessur an HfbK protestiert

„Dass die Gastprofessur abgelaufen ist, ist keine Entschuldigung. Wir erziehen unsere Kinder dazu, dass Taten Folgen haben. Nur der HfbK-Präsident ist für nichts verantwortlich und findet sich unschuldig“, sagt Daniel Sheffer, Vorsitzender des Stiftungsrats Bornplatzsynagoge und Mitglied der Jüdischen Gemeinde. Das Verhalten der beiden Künstler sei „eine Provokation mit Ansage“ gewesen. Die Gastprofessoren seien Mitglieder der Israel-Boykott-Bewegung BDS, deren finanzielle Unterstützung der Bundestag verbieten wolle.

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„Der HfbK-Präsident war in Kenntnis der Tatsachen. Kein Gespräch und kein Protest haben seine Meinung verändert. Er vollzog mit allen Mitteln die Gastprofessur dieser Israel- und Judenhasser an der HfbK“, sagt Sheffer. „Und jetzt ist der HfbK-Präsident nicht imstande einzugestehen, dass es ein Fehler war, die beiden Künstler an die HfbK zu holen.“

CDU-Politikerin Frieling: „Antisemitismus kann man nicht mit Diskussionsveranstaltungen bekämpfen“

Kritik kommt auch von der oppositionellen CDU. „Anlässlich der Likes für die pro-palästinensischen Kundgebungen in Berlin wurde deutlich, dass der in den Kunstwerken enthaltene Antisemitismus nicht – wie immer wieder vorgetragen – der Unwissenheit und Unkenntnis entsprang“, sagt die CDU-Wissenschaftspolitikerin Anke Frieling. „Strukturellen Antisemitismus kann man nicht mit ein paar Diskussionsveranstaltungen bekämpfen“, so Frieling.

„Mir stellt sich die grundsätzliche Frage: Warum ist es, wenn es um Juden geht, im Kulturbetrieb so ruhig?“, sagt Hensel. Bei anderen Themen wie etwa „Black lives matter“ habe es sehr schnell Unterstützung aus der Kulturszene gegeben. „Das Schweigen jetzt ist sehr laut“, findet der Antisemitismusbeauftragte.