Hamburg. Die Band aus Wellington kam ins Docks und führte das Publikum bis zum totalen Rhythmus-Exzess. Nur ein Musiker passte nicht ganz dazu.
Wenn der zurückhaltende DJ Fitchie hinter den Geräten seinen Platz einnimmt, sofort bis auf seinen Haarschopf verschwindet und ein sanftes Dub-Wummern beginnt, weiß man, Fat Freddy’s Drop ist wieder in Hamburg. Die Band aus dem neuseeländischen Wellington kann mittlerweile auf eine große Fangemeinde bauen. Und daran haben ihre Liveauftritte maßgeblichen Anteil. Denn die siebenköpfige Band um den charismatischen Sänger Joe Dukie spielt ihre Songs aus inzwischen fast 15 Jahren nicht vom Blatt. Jeder einzelne wird unter vollem Körpereinsatz improvisationsfreudig weitergesponnen bis zum totalen Rhythmus-Exzess.
Beim Konzert im ausverkauften Docks hat die Band mit „Slo Mo“ auch ein feines neues Album im Gepäck. In Zeitlupe geht hier gar nichts. Mit dem wippenden Roots-Reggae-Stück „Stand Straight“ spielt sich die Band warm. Sogleich folgt der elegisch ausgewalzte Klassiker „Black Bird“. Ein Hingucker schon jetzt: Die Bläsergruppe um den exzentrischen Posaunisten Hopepa mit Chopper Reedz am Saxofon und Tony Chang an der Trompete. Noch wippt Hopepa lässig von einem Bein aufs andere. Bald entledigt er sich seiner Kleidung und tobt im glitzernden Feinripp über die Bühne.
Fat Freddy‘s Drop in Hamburg: Die Neuseeländer bringen den Saal zum Kochen
Unter tatkräftiger Mithilfe von Gastsänger MC Slave verwandeln sich „Next Stop“ und vor allem das Dub-Meisterwerk „Bush Telegraph“ zu wahren Einheizern. „DJ Fitchie, drop it“, ruft MC Slave oder auch mal „Hamburg, make some noise!“. Dem kommt die Menge gerne nach. Bald kocht der Saal. Alles ist Bewegung, Wippen, Tanzen und Rhythmus. Joe Dukie bringt seinen feinen, sensiblen Bariton zu Gehör und möchte mit ausgebreiteten Armen am liebsten das ganze Publikum umfassen. An seiner Seite spielen sich seine sechs Mitstreiter – neben den Bläsern und DJ Fitchie Jetlag Johnson an der Gitarre und Dobie Blaze an den Keyborards – feinste Polyrhythmik und melodiöse Dub-Arrangements aus den Rippen.
Das Geheimnis des Musikkollektivs besteht darin, dass in ihm viele Stile Platz finden: Roots-Reggae und Dub, Minimal Electro und Dance, Ska und Rock. Garniert mit einer Messerspitze Funk und Jazz. Hauptsache, es groovt.
Fat Freddy‘s Drop im Hamburger Docks: Hauptsache, es groovt
Verzichtbar wäre allerdings die Integration des Support-Acts Louis Baker, der sich zwar redlich um Mitsing-Songs zur Funk-Gitarre bemüht, aber mit seinem etwas angestrengten Spiel doch nicht recht in diese famose Band passen will – und sich im Vorfeld auch an einem Prince-Cover überhebt.
Zum absoluten Höhepunkt wird am Ende das episch ausgebreitete erstmals gespielte „Out To Sea“ mit seinem dunklen Electro-Gewummer unter einer zarten Gitarre und einem Hopepa, der noch eine Tuba stemmt, bevor in dem ebenfalls von Elektronik dominierten „Shiverman“ die letzten musikalischen Fesseln brechen – mit Hopepa an der Mundharmonika.
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Es war wieder einmal ein Fest mit dieser famosen, zwei Stunden atemlos abliefernden Band. Die Zugabe „Hope“ schürt so manche Hoffnung in einer konfusen Welt – auch die auf ein baldiges Wiedersehen.
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