Hamburg. Richtig populär im Sinne von riesengroß waren sie nie. Lieben muss man Nada Surf genau deswegen. In der Markthalle ging‘s in den Hyperspace.
Die spielen jedes Jahr hier in Hamburg, so ist das Empfinden. Das ist der Anker, dachte man sich beim Betreten der Markthalle am Sonntagabend. Wo Nada Surf übrigens ganz exakt sonst eher nicht spielen, die sind eher so eine Fabrik- und Grünspan-Band. Also, diesmal Markthalle. Wie gut, dass die amerikanische Band, dass Matthew Caws, Ira Elliott, Daniel Lorca und Louie Lino, ihren Weg immer wieder an die Elbe findet und finden.
Eine Form von Verlässlichkeit, vielleicht genau richtig in der Vorweihnachtszeit. Und wie logisch es einem dann erschien, dass der Liebesleid-Schunkler „Inside of Love“, ein Signature-Song der Band, gleich am Anfang gespielt wurde. Die gehen auf die 60 zu, Hoppla. Da fängt man ein Set gemütlich an. Bei „Hi-Speed Soul“, wie „Inside of Love“ vom Nada-Surf-Klassiker „Let Go“, zeigte sich das Quartett dann aber schon in ihrer energischsten Version.
Nada Surf in Hamburg: Das große Pop-Glück des Augenblicks – der Konzertbericht
Ja, Nada Surf, genau! Das ist die Indierockband, die mal vornehmlich in New York City zu Hause war (heute leben die Musiker alle an verschiedenen Orten in Europa und den USA) und nie ganz groß wurde. Eigentlich wurde sie, aber das ist das Schicksal der allermeisten Rockgruppen, sogar kleiner. Ihren Blick auf Beliebtheit definierten Nada Surf einst mit ihrem einzigen richtigen, einem seinerzeitigen MTV-Hit. Der heißt „Popular“ und kam wie immer im Zugabenteil.
Was bis dahin geschah: Matthew Caws und die Seinen spielten, gut so, viel von „Let Go“ („Blonde On Blonde“, „Killian’s Red“). Und, was auch gut war, viel vom überzeugenden neuen Album „Moon Mirror“. Sie spielten das fantastische „Mathilda“, einen dynamischen Song über das Anderssein vom vorletzten Album „Never Not Together“. Sie rotzten das sehr frühe „The Plan“ so toll daher, als wären dies noch die 90er und man würde nach der Show gemeinsam in Bierlachen baden.
Nada Surf widmeten neues Stück einem kürzlich gestorbenen Hamburger Journalisten
Sie widmeten das neue Stück „Open Seas“ dem kürzlich gestorbenen Hamburger Musikjournalisten Jan Wigger (Caws: „A good man in a good town“) - eine schöne Geste.
Und es gab Powerpop wie „In Front Of Me Now“, ganz typisch Nada Surf, Harmonien satt, voller Sound, und textlich noch entschiedener als sonst im erbaulichen Middle- und Best-Ager-Bereich unterwegs: Wenn der Ballast abgeworfen ist, schaut man nur noch nach vorn, fest im Blick das Glück des Augenblicks. Und man will nicht mehr, nie mehr Multitasking machen. Genau das erklärte Matthew Caws den Leuten in der Markthalle - auf, Surprise!, Deutsch. Zettel raus, erklärende Worte zum Song vorlesen, Applaus abholen, loslegen.
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Diese momentweise Euphorie, aufsteigend mit den Akkorden von „Always Love“, „Friend Hospital“ und dem ewig jungen „Hyperspace“, wurde in der Markthalle vor zum Wochenausklang zwischen Müdigkeit und neuen Reserven schwankender Zuhörerschaft lässig entfesselt. Die Band hat Hunderte Konzerte gespielt, und es wäre schön, wenn auf jedes dieser Konzerte noch ein weiteres folgt. Nada Surf forever.