Hamburg. Im Kleinen Saal der Elbphilharmonie überzeugt das Tetzlaff Quartett mit Schönberg, Widmann und Brahms. Was den Abend so aufregend machte.
So klingt Kampf. Minutenlang wühlen sich die vier Instrumente durch die verknoteten Linien. Arnold Schönberg ringt in seinem ersten Streichquartett mit den Grenzen dessen, was die Spätromantik noch zu sagen hat, und das Tetzlaff Quartett ringt mit. Wie ein Aufschrei klingt es, wenn die erste Geige sich im Kleinen Saal der Elbphilharmonie von ganz oben in das Dickicht bohrt. Um süffiges Hörvergnügen ging es dem Komponisten eindeutig nicht, als er das Werk Anfang des 20. Jahrhunderts niederschrieb.
Elbphilharmonie: Der Geiger Christian Tetzlaff überzeugt auch im Quartett
Das Tetzlaff Quartett ist das Hybridmodell der Streichquartett-Szene. Seit mehr 30 Jahren spielen die vier zusammen. Das nennt man wohl ein festes Ensemble. Aber eben in Teilzeit. Im Hauptberuf verfolgen die Tetzlaff-Geschwister Christian (erste Geige) und Tanja (Cello) ihre internationalen Solokarrieren, lehrt die zweite Geigerin und Avantgarde-Spezialistin Elisabeth Kufferath als Professorin an der Hannoveraner Musikhochschule und ist Hanna Weinmeister, die im Quartett Bratsche spielt, Konzertmeisterin des Zürcher Opernorchesters.
Auf den fordernden Schönberg lassen die vier das kurze, lustvoll experimentelle „Choralquartett“ von Jörg Widmann aus dem Jahre 2003 folgen. Da hauchen und fauchen Bögen über die Griffbretter und knarzen die Bogenhaare auf der Unterseite der Instrumente. Als hätte jemand einen barocken Choral auseinandergeschnitten und würde die Schnipsel übermalen und ganz anders wieder zusammensetzen.
Bei Brahms tritt die Heterogenität des Ensembles zutage
Im a-Moll-Streichquartett von Brahms tritt die Heterogenität des Ensembles am deutlichsten zutage. Natürlich nimmt sich Christian Tetzlaff tonlich die Freiheiten eines Solisten. Kufferath klingt manchmal etwas belegt – was auch daran liegen mag, dass sie der ersten Geige gegenübersitzt und dadurch vom Publikum wegspielt. Aber dann blüht und singt ihr Ton wieder.
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Und wenn Weinmeisters Bratschen-Timbre auch ruhig ein bisschen verruchter sein dürfte, die Rolle als Mitte des Ensembles füllt sie hinreißend aus, bildet mal zusammen mit Tanja Tetzlaff eine federnde Basis und verschmilzt mal mit den Geigen. Ein aufregender Abend für ein gebannt lauschendes Publikum.
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