Hamburg. Bundesrechnungshof sieht massive Kostensteigerung und den Standort Grasbrook als nicht sicher – Stiftung und Stadt halten dagegen.

Es ist das Leuchtturmprojekt der Stadt Hamburg: Zum Ende des Jahrzehnts soll das Deutsche Hafenmuseum auf dem Grasbrook mit einer Ausstellungsfläche von rund 3000 Quadratmetern eröffnen, ein in Europa einzigartiges Ausstellungshaus rund um Hafen, Schifffahrt und globalen Handel. Dahinter steckt die Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH). Vom Bund wurden dafür 185 Millionen Euro gefordert und zugesichert. Doch genau diese Finanzierung soll jetzt auf der Kippe stehen: Der Bundesrechnungshof sieht die Umsetzung durch massiv gestiegene Baukosten gefährdet. Zudem sei vonseiten der Stiftung der „Bedarf noch nicht abschließend ermittelt und noch keine belastbare Planung und Kostenermittlung vorgelegt“ worden.

In einem Schreiben vom 13. September 2024, das dem Abendblatt vorliegt, heißt es: „Die Standorte befinden sich unmittelbar neben Betrieben, die Gefahrstoffe verwenden. Daher ist die Realisierung fraglich. Nach aktueller Schätzung des Bundesrechnungshofes ist davon auszugehen, dass diese Kulturmaßnahme insgesamt fast 500 Mio. Euro und damit deutlich mehr als die bisher vom Bund in Aussicht gestellten Mittel kosten würde. Der Bundesrechnungshof empfiehlt dringend, angesichts der ungelösten Standortprobleme und der absehbaren Kostensteigerung das Zuwendungsverfahren zum Deutschen Hafenmuseum einzustellen.“

Deutsches Hafenmuseum in Hamburg: Wird der Bau gestoppt?

Bedeutet das jetzt das Aus für den gesamten Bau des Hafenmuseums? Das Schreiben ist laut Enno Isermann „nicht auf dem aktuellen Stand. Die Diskussion um die Störfallbetriebe ist seit Monaten geklärt“, sagt der Sprecher der Hamburger Kulturbehörde. Momentan würden von der Hafen City GmbH die „Grundvoraussetzungen dafür geschaffen, dass auf dem Grasbrook der Museumsbau stattfinden könne. Schließlich werde der Grasbrook als neuer Stadtteil gegenüber der HafenCity am Südufer der Norderelbe mit rund 3000 Wohnungen komplett neu ertüchtigt.

Das Außengelände des bestehenden Hafenmuseums am Schuppen 50A in der Australiastraße. Dort, am Bremer Kai, ankert auch die Viermastbark „Peking“, bis der neue Liegeplatz am Grasbrook fertiggestellt ist.
Das Außengelände des bestehenden Hafenmuseums am Schuppen 50A in der Australiastraße. Dort, am Bremer Kai, ankert auch die Viermastbark „Peking“, bis der neue Liegeplatz am Grasbrook fertiggestellt ist. © imago stock&people | imago stock

„Aus der Perspektive der SHMH befindet sich das Projekt Deutsches Hafenmuseum weiterhin auf einem sehr erfolgversprechenden Kurs“, sagt Hans-Jörg Czech, Direktor und Vorstand der Stiftung. „Zwischenzeitlich wurde auch eine inhaltliche Konzeption für die künftige ständige Ausstellung des geplanten Neubaus am Grasbrook im Team des Deutschen Hafenmuseums erarbeitet. Wie alle Bauvorhaben ist der Neubau auch von den Kostensteigerungen im Bausektor betroffen. Dies haben wir in der weiteren Planung, insbesondere im Raum- und Funktionskonzept des Museums, berücksichtigt. Damit ist die Grundlage für einen Realisierungswettbewerb für das Gebäude im nächsten Jahr geschaffen.“ 

Über den Fortgang des Projekts könnte Mitte Dezember entschieden werden

Die Finanzierungslücke, die durch die allgemein gestiegenen Baukosten entstanden ist, muss nun aber in der Tat aufgefangen werden. Dabei sind die Ansprüche an das Deutsche Hafenmuseum hoch, was Ästhetik und Materialität, aber auch Nachhaltigkeit betrifft. Das Museum wird wie das Konzerthaus ein neues großes Wahrzeichen der Stadt sein, mit einer Kraft, die über Deutschland hinausstrahlen wird. „Wir erschaffen einen ganz neuen Museumstyp“, hatte Hans-Jörg Czech im Abendblatt-Interview vom April 2022 gesagt.

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Die beleuchtete Viermastbark „Peking“ bei Sonnenaufgang im Hansahafen. Die Hamburger Sehenswürdigkeit kann bei Führungen besucht werden. © picture alliance / rtn - radio tele nord | rtn, frank bründel

Dass die Stadt, die sich bislang finanziell am Liegeplatz der historischen Viermastbark „Peking“ am Hafenmuseum Schuppen 50A und dem Aufbau einer musealen Grundstruktur beteiligt hat, die Finanzierungslücke schließen wird, ist wahrscheinlich. „Die Kulturbehörde ist derzeit mit den Regierungsfraktionen im Gespräch darüber“, sagt Enno Isermann. Die Rede ist von „einem zweistelligen Millionenbetrag“. Über den Entwurf für den Doppelhaushalt 2025/26 soll Mitte Dezember in der Hamburger Bürgerschaft entschieden werden, „und möglicherweise auch über die Mehrkosten für das Deutsche Hafenmuseum“. Dazu gehört die „Peking“, die bereits mit rund 40 Millionen Euro aus den Mitteln des Bundes komplett restauriert wurde und sozusagen die Speerspitze des neuen Museums ist. „Alle wollen das Projekt“, sagt Isermann. „Die inhaltlichen und finanziellen Planungen laufen weiter wie bisher.“

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