Hamburg. Größte Attraktion ist der Großsegler “Peking“. 2023 startet der Architekturwettbewerb. Was über die Eröffnung bekannt ist.

Hans-Jörg Czech hat schnell noch einmal auf die Grasbrook-Webcam der Hafen City GmbH geguckt – zur Einstimmung aufs Thema, sozusagen. „Man kann sehen, wie die Bagger eine riesige Sandfläche ebnen“, sagt der Vorstand der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHMH) – voller Begeisterung.

Genau hier, gegenüber der HafenCity am Südufer der Norderelbe, wird der westlich angrenzende neue Stadtteilnachbar der Veddel mit rund 3000 Wohnungen und künftige Standort von einem der spannendsten Museumsprojekte Deutschlands sein. In der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre soll es so weit sein, dann eröffnet das Deutsche Hafenmuseum, für das ein vom Bund finanziertes Budget von 185 Millionen Euro bereitsteht.

Museumsprojekt: Museum soll Aussichtspunkt erhalten

Außer der Sandfläche ist davon noch nichts zu sehen. „Das heißt aber nicht, dass da nicht in den vergangenen zwei Jahren durch die Hafen City GmbH schon viel getan wurde“, so Czech, der bekannt dafür ist, bei all seinen Projekten lieber mit Bedacht und Sorgfalt als mit der heißen Nadel zu agieren. So wurden der wettbewerbliche Dialog und die Funktions- und Freiraumplanung des gesamten Stadtteils durchgeführt, sodass auch die genauen Eckwerte des „Baufelds 1“, so heißt der Standort für das Museumsprojekt, mit 5680 Quadratmetern Fläche inzwischen feststehen.

Eine Visualisierung, die dem Abendblatt exklusiv vorliegt, zeigt die komplett neue Bebauung mit Befestigungsmauern und Hochwasserschutz. Im Zentrum: der Museumskomplex, der durch eine Bastion direkt mit dem Liegeplatz der historischen Viermastbark „Peking“ verbunden sein wird; ein absenkbares Ponton soll den barrierefreien Zutritt ermöglichen. Geplant ist, dass das Museums­gebäude einen Aussichtspunkt für den Blick in den lebendigen Hafen erhält.

Verbindungslinie zwischen Elbtower und Elbphilharmonie

Auf diese Weise entsteht eine ganz neue Stadttopografie, eine architektonische Verbindungslinie zwischen Elbtower und Elbphilharmonie auf der gegenüber liegenden Seite und dem Deutschen Hafenmuseum – das Leuchtturmprojekt nicht nur für den sogenannten Innovationsstadtteil. Obwohl der Vorstand es selbst aus Bescheidenheit nicht sagen würde: Das Museum wird wie das Konzerthaus ein neues großes Wahrzeichen der Stadt sein, mit einer Kraft, die über Deutschland hinaus strahlen wird.

2023 soll ein großer Architekturwettbewerb für das Gebäude ausgeschrieben werden. Die Ansprüche sind hoch, was Ästhetik und Materialität, aber auch Nachhaltigkeit betreffen. „Wir erschaffen einen ganz neuen Museumstyp. In ganz Europa gibt es kein vergleich­bares Haus, das sich den Themen maritimer Güterumschlag, Welthandel und Netzwerk der Häfen widmet“, so Czech. „Themen, die in der heutigen Zeit nicht aktueller sein könnten. Es wird ein Museum der Globalisierung in Vergangenheit und Gegenwart werden, kritische Perspektiven, beispielsweise auf den Kolonialismus, eingeschlossen.“

Globalisierung soll greifbar gemacht werden

Im Deutschen Hafenmuseum soll der Umfang und die Bedeutung des Austauschs von Waren und Dienstleistungen am Knotenpunkt Hafen begreif- und anschaulich erlebbar werden und die Bedeutung des internationalen maritimen Handels für die konkrete Lebenswelt der Menschen deutlich werden. Die Besucherinnen und Besucher sollen in Form von Ausstellungen und anderen vielfältigen Vermittlungsangeboten die Möglichkeit erhalten, die Bedeutung dessen, was man gemeinhin mit dem Wort „Globalisierung“ beschreibt, in seiner historischen Entstehung und in seiner Funktionsweise in Gegenwart und Vergangenheit zu verstehen und zu bewerten.

Ein wissenschaftliches Team erarbeitet die inhaltliche Struktur des neuen Museums auf dem Grasbrook. Dank städtischer Finanzierung können jetzt vier neue Stellen im Fachbereich Verwaltung besetzt werden, die Suche nach einer Gründungsdirektorin beziehungsweise einem Gründungsdirektor läuft auf Hochtouren. Weitere Wissenschaftlerstellen stehen in Aussicht. Zwei wichtige Säulen dieses Mammutprojekts gibt es bereits: die Viermastbark „Peking“ und das Hafenmuseum Hamburg im Hansahafen.

„Peking“ wird weiter ausgebaut

Mit der Saisoneröffnung am 3. April hat das Haus einen neuen Namen bekommen: als Zeichen, dass sich das Projekt weiterentwickelt und für die eindeutige Zugehörigkeit. Es heißt nun, etwas sperrig, „Deutsches Hafenmuseum (im Aufbau) – Standort Schuppen 50A“. Die „Peking“, für die momentan Baustellenführungen angeboten werden, wird sukzessive für die museale Nutzung ausgebaut, dazu gehören die Modernisierung von Strom-, Zu- und Abwasseranschlüssen, wasserseitig zwei neue Dalben, um dem Schiff insgesamt eine stabilere Lage zu geben, und eine zusätzliche Gangway für größere Besuchergruppen.

Am endgültigen Liegeplatz auf dem Grasbrook soll das Publikum dann das Schiff individuell ohne Guide begehen können. Bis dahin werden die historischen Innenräume rekonstruiert und eine Beschilderung entwickelt, anhand derer fundierte Informationen und spannende Geschichten aus der Epoche vermittelt werden können.

In der Hafenmanufaktur werden Kurse angeboten

Das künftige Haus am neuen Standort und das historische Haus sind gleichberechtigte Bestandteile des Deutschen Hafenmuseums. 2021 wurde es als viertes großes Museum der Stiftung etabliert (neben dem Museum für Hamburgische Geschichte, Altonaer Museum, Museum der Arbeit). Das Projektteam „Deutsches Hafenmuseum“, die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen am Schuppen 50A und die technische Crew der „Peking“ sind nun eine große Mannschaft.

Hans-Jörg Czech, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Historische Museen Hamburg, an Deck der „Peking“.
Hans-Jörg Czech, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Historische Museen Hamburg, an Deck der „Peking“. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services

Während auf dem Grasbrook die „neue Welt“ des Handels auf See beleuchtet werden wird, wird am Schuppen 50A weiterhin auf das traditionelle maritime Handwerk gesetzt. Das Hafenmuseum als lebendiger und authentischer Ort, an dem das Arbeiten am Hafen durch historische Objekte und Berichte von „Hafensenioren“ erlebbar gemacht wird, ist gerade um eine Attraktion reicher geworden: In der Hafenmanufaktur werden Kurse im Takeln, Segelmachen und maritimen Schmieden angeboten – für eine jüngere Generation, für Interessierte, aber auch Experten aus der Schiffsbranche.

Ausbildungsstätte für den Nachwuchs geplant

Fachleute aus ganz Deutschland und aus Skandinavien werden vor Ort ihr Wissen und Können weitergeben. So soll in Zukunft daraus sogar eine Ausbildungsstätte, nicht nur für die stiftungsinterne Produktion, sondern auch für den Nachwuchs werden.

„Es gibt unheimlich viele Fertigkeiten und Techniken, die nötig sind, um solch ein faszinierendes Schiff wie etwa die ,Peking‘ instand zu halten“, so der Vorstandsvorsitzende. Das Klüvernetz, das in Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen des Vereins „Freunde der Viermastbark Peking“ über die Wintermonate nach traditioneller Weise geknüpft wurde und dieser Tage am Bug der Viermastbark befestigt wird, ist ein gutes Beispiel dafür.

Museumsprojekt: Eröffnung steht noch nicht fest

Dass Hafenkrane, Schuten und Dampfer, dazu ein riesiges Schaudepot, der Wartung, Pflege und Investition bedürfen und nicht bei lauter Vorfreude auf den neuen Standort „hinten runterfallen“ dürfen, darüber ist Czech sich im Klaren: „Es ist noch eine ganze Reihe an Aufgaben da, für die wir die Finanzierung klären müssen. Entscheidend ist aber, dass wir den Schuppen 50A gemäß dem Senatsbeschluss von 2019 als integralen Teil des Deutschen Hafenmuseums sehen. Das haben wir auf der Agenda.“

Ungeduldigen oder Dränglern antwortet Hans-Jörg Czech augenzwinkernd in Richtung Elbphilharmonie: „Es ist ein völlig neuartiges Projekt mit vielen Chancen und Herausforderungen. Wer ordentlich plant, vermeidet einen Skandal. Ich bin bis Ende der 2020er-Jahre noch nicht pensioniert. Insofern gehe ich sehr optimistisch davon aus, dass die Eröffnung in meiner Vorstandszeit stattfinden wird.“