Hamburg. Das Familienstück lädt mit viel Livemusik und Flitter nach Nimmerland ein. Captain Hook ist am Spielbudenplatz der einzige Spielverderber.
- Kinder mit eigenem Hochbett dürften beim Nachspielen von „Peter Pan“ besonders viel Spaß haben.
- Regisseur Felix Bachmann brachte in Hamburg schon „Das Dschungelbuch“, „Der kleine Prinz“ und „Robin Hood” auf die Bühne.
- Die empörten Zwischenrufe der Kinder sprechen ein deutliches Urteil.
Einfach mal in ein Land der Träume fliegen, wo alles wahr werden kann, was man sich nur vorstellen kann: Alles ist möglich in Nimmerland. Die Sache hat nur einen Haken: Captain Hook, ein übellauniger Pirat, wartet nur darauf, einem den Spaß zu verderben. Zum Glück schafft er es aber nur in die erste Reihe im St. Pauli Theater in „Peter Pan“, einer besonders für kleine Kinder lustigen Inszenierung mit viel Livemusik, Flitter – und dem einen oder anderen Rülpser.
Seit dem ersten Auftritt von Peter Pan, der Romanfigur des schottischen Schriftstellers J. M. Barrie (1860–1937), im Jahr 1902 ist der nicht erwachsen werdende, gewitzte Feen-Freund ein absoluter Überflieger auf Theater- und Musicalbühnen, in Film und Fernsehen geworden. Besonders bekannt geworden unter über 50 Film- und Bühnenadaptionen sind natürlich die Disney-Zeichentrickverfilmung von 1953, die Realfilm-Version „Peter Pan & Wendy“ aus dem Jahr 2023 oder Steven Spielbergs Kassenschlager „Hook“ 1993. Selbst in der Popmusik tauchen Peter Pan und seine Welt Nimmerland auch an kaum erwarteten Stellen auf, von Metal wie in Metallicas Hit „Enter Sandman“ bis zu Mia Julias Mallorca-Schlager „Peter Pan“.
Fantasievoll und gewitzt: „Peter Pan“ fliegt im St. Pauli Theater
Regisseur Felix Bachmann, der bereits „Das Dschungelbuch“, „Der kleine Prinz“ und „Robin Hood” kindgerecht und kompakt und mit viel Musik am St. Pauli Theater inszenierte, feierte am Sonntag mit „Peter Pan“ eine weitere Premiere für die Weihnachtsmärchen-Zeit mit viel Fantasie, gewitzten Überraschungen und einer auf das Wesentliche konzentrierten Handlung, die besonders Kinder von 5 bis 8 Jahren und mit einem Hochbett daheim hervorragend nachspielen können.
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Auf eben diesem Hochbett versucht die kleine Wendy Darling (Stella Wiemann) einzuschlafen, als sie durch Peter Pan (Nabil Pöhls) aufgeschreckt wird, der durch das Fenster steigt, um in ihrem Zimmer seinen verlorenen Schatten wiederzufinden. Begleitet wird Peter von der schnippischen Fee Glöckchen alias Tinker Bell (Alice Hanimyan), die super pupsen, beim Weinen rülpsen und Feenstaub verstreuen (mit den Händen natürlich!) kann. Wendy näht Peters Schatten wieder an und lässt sich gern überreden, mit in das Nimmerland zu reisen.
Captain Hook: Ein gescheiterter Auszubildender bei Hook Coburg
Nach einer so simpel wie gelungen inszenierten Flugeinlage kommen sie mit einer Bruchlandung in Nimmerland an. Hier hätte Wendy eigentlich nicht mehr zu tun als die Mutter für Peter Pan und seine Bande, die „Verlorenen Jungs“ zu spielen: Erst aufräumen, dann wird eine Geschichte erzählt. Aber auch im schönsten Fantasieland sind die wahren Spielverderber nicht weit: Captain Hook, gescheiterter Auszubildender zum Versicherungskaufmann bei Hook Coburg, und seine trottelige, wie das Panikorchester in den 70er-Jahren herumlaufende Piratenbande mit Smee (Benjamin Leibbrand) und Cecco (Dominik Dittrich und Florian Miro) trachten Peter Pan nach dem Leben. Denn Peter war es, der Hook einst im Kampf eine Hand abschlug.
Die Uhr tickt allerdings für Hook, ein Krokodil, das einst seinen Wecker verschluckte, ist ihm auf den Fersen. Für geschickte Taktik oder eine Handvoll Tic Tacs gegen Mundgeruch ist da kaum Zeit. Aber der Plan, Peter Pan wie auch die „Verlorenen Jungs“ auszuschalten, gelingt trotzdem beinahe. Am Ende entscheidet ein Degenduell über Wohl und Wehe von Nimmerland und eine Rückkehr von Wendy in unsere Welt.
„Peter Pan“: Die hinterhältig-trotteligen Piraten sorgen für Empörung
Ist das spannend? Ist das lustig? Die empörten Zwischenrufe, das vor Aufregung hörbare Lufteinziehen und der Szenenapplaus des jungen Publikums im St. Pauli Theater sprechen ein deutliches Urteil: Ja! Die Handlung rund um das Hochbett, das sich in den Unterschlupf der „Verlorenen Jungs“ und in das Piratenschiff „Jolly Roger“ verwandelt, ist mit knapp 70 Minuten Spielzeit kurzweilig und aufgebaut wie ein Spielvorschlag für das eigene Kinderzimmer. Neben dem Bühnenbild von Anna Kasten wirken auch die bunt-trashigen Kostüme von Martina Müller geradezu spektakulär, wie aus dem elterlichen Faschings-, Party- und Flohmarktfundus gezogen.
Zusammen mit dem kleinen, aber sehr spielfreudigen, beweglichen und charmanten Ensemble und kurzen eingängigen Musikeinlagen ist „Peter Pan“ spannend genug auch für Eltern, aber nie zu düster trotz eines durchaus actionreichen, von Julian Sylva choreografierten Degenduells. Und dass Captain Hook aus dem Stück herausragt, ist ein typisches Beispiel für einen gut gemachten Bösewicht. Der heimliche Star ist allerdings eine Bananenschale. Mehr wird nicht verraten. Hand drauf ... aua!
„Peter Pan“ bis 22.12., St. Pauli Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 29–30, Karten zu 21,-/27,- (Sa+So 27,-/34,-) unter T. 040 47 11 06 66; www.st-pauli-theater.de
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