Hamburg. Ein Schauer der wohligen Gefühle: Die Indie-Pop-Nordlichter sorgten mit dem Überhit „L.O.V.E.“ für Festival-Atmosphäre in Wilhelmsburg.
Drei Bands, drei Mal feiner Pop, und eine sich stetig steigernde Mini-Festival-Atmosphäre bis zum Finale: Die Inselpark Arena ist jetzt nicht gerade der bunteste Konzertort in Hamburg, Grau ist das neue Grau in diesem Sport-Zweckbau. Aber mit der Kieler Band Leoniden sind wohlige Schauer in Wilhelmsburg nicht nur geographisch ganz nah am Dockville Festival.
Mit dem Trio Tränen aus Chemnitz geht es direkt los mit Haltung und Leichtigkeit. Eingängiger Deutschpop der smart-hintersinnigen Sorte. Das Publikum jubelt – und winkt gemeinsam vehement gegen rechts. Ein solcher Abend sei wie Auftanken, um dann wieder protestieren zu können, erklärt Sängerin Gwen Dolyn.
Leoniden in der Inselpark Arena Hamburg: Zwei Stunden Indiepop-Krawall
Eine dunklere Klangfarbe bringt „The Voice“-Gewinnerin Paula Dalla Corte ein. Ihre satt-theatrale Stimme lädt den Sound ihrer Band zwischen Blues, Rock und Wave mit reichlich Energie und Seele auf. Im Song „Good Girl Killer“ klingt sie wie eine beschleunigte Lana Del Rey. Toll!
Und dann folgt für fast zwei Stunden der Energie-Strudel namens Leoniden. In zuckenden Lichtkegeln betritt die fünfköpfige Band die Bühne und kracht infernalisch in ihr Intro „Complex Happenings (Pt. 4)‟ hinein. Zu „Motion Blur“ schießt glitzerndes Konfetti in die Halle. Becher samt Getränk fliegen umher, ebenso eine Jacke, ein Mikroständer. Funky Indiepop-Krawall von Sekunde eins.
Leoniden in Wilhelmsburg: Festival-Atmosphäre bis zum Finale
„Habt Ihr Bock auf‘n nicen Abend?“, fragt Sänger Jakob Amr. Aber auch: „Kennt Ihr Eure Grenzen und respektiert Ihr die der anderen?“ Bejahender Jubel. Der Sound der Leoniden ist getrieben und unbedingt spannungsgeladen. Mal fast gewittriger Rave, mal sommerlich leichter Drift. Als solle die Festivalsaison noch einmal indoor verabschiedet werden. Mit Springspielen und schönsten Mitsingchören. Seit fünf Wochen ist die Band, die dieses Jahr auch auf dem Hurricane Festival in Scheeßel spielte, auf Tour. Und in Hamburg seien sie nun so nah an ihrer Heimat Kiel wie sonst bei keinem Stopp. Fast ein Zuhausegefühl also.
Ein Song wie „Disappointing Life“ verwebt mühelos Grunge mit Afrobeat, befeuert vom sich verausgabenden Gesang. Ultimative Nähe stellt der Sänger und Keyboarder her, als er sich samt Piano in der Mitte der Halle platziert und das elegische „Blue Hour“ anstimmt – im fließenden Übergang zum Highschool-Musical-Hit „We’re All In This Together“ und „Mr. Brightside“ von den Killers.
Weitere Kritiken
- Mia Julia in der Sporthalle: Willkommen in der untersten Schublade
- „Die Carmen von St. Pauli“: Hier ist der Glamour hausgemacht
- Kultur-Tipps: Sleep Token, die geheimen Metal-Superstars
Mit dem hochrhythmischen „People“ und dem groovenden Überhit „L.O.V.E.“ steuert die Band auf das Finale der Show zu. Ein Abend, an dem die Herzen sich überschlagen vor Euphorie. Inbrünstige „Zugabe“- und „Leoniden“-Rufe schallen durch die Halle. Noch einmal Arme hoch und Party zum vollen Schub von „Kids“. Und mit Festival-Feeling geht es hinaus in die November-Nacht.
Sternstunde oder Reinfall? Jeden Monat rezensieren wir für unsere Abonnentinnen und Abonnenten mehr als 100 Konzerte, Theatervorstellungen, Choreografien, Bücher, Ausstellungen, Serien oder Filme. Hier finden Sie alle Kritiken – was Sie in Hamburg gesehen, gehört oder gelesen haben müssen!