Hamburg. Die A-Cappella-Gruppe begeisterte ihr Publikum in der Laeiszhalle. Auch der große Theodor Fontane spielte eine Rolle.
Auf der Videoleinwand zeigen die virtuellen Doppelgänger, was sie können. Sie versprechen, dass ihr Programm, erschaffen mit Künstlicher Intelligenz, doch viel besser sei als die Werke der Originale. Zum Glück stürmen nach wenigen Minuten Oliver Gies, Jan Malte Bürger, Lukas Teske und Christoph Hiller aus dem Zuschauerraum auf die Bühne der gut gefüllten Laeiszhalle. Der KI wird kurzerhand der Stecker gezogen, Maybebop übernimmt.
Seit mehr als drei Jahrzehnten zählt Maybebop – ein Wortspiel mit der ursprünglich avisierten Jazz-Stilrichtung Bebop – zu den populärsten deutschen A-Cappella-Gruppen. Aus der Gründungsformation ist nur noch Bariton Gies dabei, aufgewachsen in der Kleinstadt Visselhövede in der Nähe von Rotenburg an der Wümme.
Maybebop in der Hamburger Laeiszhalle: Ein Jubel wie bei Taylor Swift und Coldplay
Das Publikum feiert das Quartett schon zu Beginn, als hätten Taylor Swift und Coldplay gemeinsam die Bühne geentert. Die meisten Besucher begleiten Maybebop seit vielen Jahren. Und sie wissen, dass die Gruppe nicht einfach ein Best-of-Programm abspult, sondern immer wieder zu neuen Ufern aufbricht. Statt die „Erlkönig“-Ballade – ihr erfolgreichstes YouTube-Video mit 1,2 Millionen Klicks – zu singen, widmen sie sich diesmal „John Maynard“ von Theodor Fontane. Mit einer Wucht, dass man sich an Bord des Schiffes wähnt, das mitten auf dem See Feuer fängt.
Dann wechseln sie wieder in den rabenschwarzen Humor, ihr Spezialfach. In einem neuen Lied ihres Programms „Muss man mögen“ erwischt der Ehemann seine Frau in flagranti mit dem Weihnachtsmann im Bett. Wütend wirft er den Liebhaber aus dem Fenster – leider liegt die Wohnung im neunten Stock. Maybebop singt dazu: „Wer vögeln kann, kann auch fliegen“.
Spontan wird ein Heavy-Metal-Song gebastelt – es gelingt famos
Der traditionelle Höhepunkt jeder Maybebop-Show ist das Wörter-Spiel. Die Fans rufen fünf Begriffe in den Saal, wünschen sich einen Musikstil – und ruckzuck improvisiert das Quartett einen Song. Gies steht vor der eigentlich unlösbaren Aufgabe, aus Wörtern wie Wahlprognose, alter weißer Mann und Elbvertiefung spontan einen Heavy-Metal-Song zu basteln. Es gelingt famos.
Das Gastspiel beschert auch drei Hamburgerinnen, die unter dem Namen „Die Facetten“ A-Cappella-Musik machen, einen unvergesslichen Abend. Sie dürfen einen ihrer Songs mit ihren Idolen singen und ernten den wohl größten Applaus ihrer Karriere.
Mehr Hamburg-Kultur
- Theater Hamburg: Märchen zu Weihnachten – der große Überblick für 2024
- Hamburger Comedy-Pokal gerettet – doch es gibt eine Änderung
- Konstantin Wecker wagt in Hamburgs Laeiszhalle etwas Neues – drei Stunden lang!
Nach mehreren Zugaben, darunter ein sensationelles Medley legendärer Popsongs, eilen die vier Sänger unter Standing Ovations wieder direkt durch den Zuschauerraum von der Bühne, um im Foyer CDs und DVDs zu signieren. Auch dieser Service gehört seit Jahr und Tag zu Maybebop. Kurzum: ein großartiger Abend.
Sternstunde oder Reinfall? Jeden Monat rezensieren wir für unsere Abonnentinnen und Abonnenten mehr als 100 Konzerte, Theatervorstellungen, Choreografien, Bücher, Ausstellungen, Serien oder Filme. Hier finden Sie alle Kritiken – was Sie in Hamburg gesehen, gehört oder gelesen haben müssen!