Hamburg. Die brasilianische Band tischt am Freitag einen musikalisch wie thematisch wilden Mix auf – und feiert den „Tod“ der Band als großes Fest.

Draußen diesiges Schmuddelwetter und drinnen harte Mucke mit reichlich Bier: Am herbstlichen Freitag herrscht in der ausverkauften Inselpark Arena gute Stimmung. Die brasilianische Band Sepultura hat in Hamburg zum Konzert geladen – und gekommen ist ein Großteil der Hamburger Metal-Garde. Deren Jeanswesten sind heute vor allem mit Aufnähern von den klassischen Bands der Szene gespickt, von Black Sabbath, Slayer und Manowar bis Motörhead und In Flames.

Das ergibt auch durchaus Sinn, immerhin vertritt Sepultura (portugiesisch: Grab) den lateinamerikanischen Metal seit nunmehr 40 Jahren auf der ganzen Welt. Auf der großen „Celebrating Life Through Death“ (dt.: Das Leben durch den Tod zelebrieren) geht es viel um den Tod. Denn es ist gleichzeitig eine Abschiedstournee, der metaphorische Tod der Band soll mit einem großen Knall gefeiert werden.

Sepultura in Hamburg: Abschiedstournee nach 40 Jahren Bandgeschichte

In 40 Jahren Bandgeschichte sammeln sich natürlich so einige, ganz unterschiedliche Alben an – durch die Frontman Derrick Green am Freitag führen möchte: „Are you ready to travel through this incredible experience?“, ruft er ins Publikum. Klare Antwort, es fliegen ein gutes Dutzend Bierbecher durch den Saal. Mit „Refuse/Resist“, „Territory“ und „Slave New World“ kommt direkt der politische Charakter der Band zum Vorschein.

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Radikaler Umweltschutz im Amazonas und der Kampf um indigene Kultur stehen im Vordergrund der Texte, die Green mit voluminöser, aggressiver Stimme herausschreit. Den Höhepunkt dieser Botschaft bildet „Guardians of Earth“: Sepultura habe diesen Song laut Green geschrieben, um indigene Völker im Kampf um ihr eigenes Überleben und das des Planeten zu unterstützen.

Inselpark Arena: Sepultura vermischt aggressiven Metal mit brasilianischer Tanzmusik

Musikalisch lässt sich Sepultura nicht in eine bestimmte Ecke drängen, die Einflüsse aus Death Metal, (Neo-)Thrash Metal und Hardcore werden immer wieder in unterschiedlichen Anteilen zusammengegossen und um weitere Elemente ergänzt. Sepulturas Markenzeichen, das Einbinden traditionell-brasilianischer Drums, sorgt trotz der schnellen Tempi für ein angenehm rhythmisches Taktgefühl. Groovy.

Das geht so weit, dass beim Instrumentalstück „Kaiowas“ alle vier Bandmitglieder und zusätzlich vier befreundete Musiker eine Trommel vor sich stehen haben – und zu acht draufloshämmern, was das Zeug hält. Greyson Nekrutman, der die Band auf der Abschiedstour als Schlagzeuger unterstützt, glänzt dabei am meisten.

Greyson Nekrutman glänzt am Schlagzeug mit viel Energie und tollem Solo

Diese angenehme Abwechslung ist jedoch eher die Ausnahme, das Set zieht sich im letzten Drittel zunehmend, auch Greens Stimme verliert zunächst an Aggressivität. Mit „Ratamahatta“ – inklusive starkem Schlagzeugsolo – und „Roots Bloody Roots“ strömt dann kurz vor Schluss wieder Energie in Band und Publikum. Sepultura tragen sich letztlich quasi selbst zu Grabe, mit einer großen Feier und vielen Fans. Eine schöne Zeremonie.

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