Hamburg. Aber lohnt sich die Comedy-Crime-Serie „Achtsam morden“ nach dem Bestseller von Karsten Dusse? Start bei Netflix ist der 31. Oktober.

„Ich bin kein gewalttätiger Mensch. Nie im Leben habe ich mich geprügelt. Den ersten Menschen habe ich erst mit 42 umgebracht. In der Woche darauf war das halbe Dutzend dann aber schon voll.“ Während Tom Schillings sympathische Stimme dahinplätschert, sieht man ihn als Björn Diemel mit einer beladenen Schubkarre aus einem Schuppen in ein Zelt fahren. Was dann kommt, ist ziemlich gruselig. Und eine Einstimmung auf das, was einen in der achtteiligen Comedy-Crime-Serie „Achtsam morden“ erwartet. Sagen wir mal so: Die Altersbegrenzung für Publikum ab 16 ist berechtigt.

Björns Problem: Es ist ihm alles zu viel. Da ist die nervenaufreibende Arbeit als Anwalt in einer Kanzlei, die ihm keinerlei Respekt zollt. Sein „Spezialauftraggeber“ Dragan, der ihn ständig auf Trab hält (was wiederum mit Ersterem zusammenhängt). Und auf der anderen Seite seine Frau und seine kleine Tochter. Wie soll man das in Einklang bringen? Die Frau weiß Rat – und bucht ihm ein Achtsamkeitsseminar. „Für mich änderst du dich nicht, aber vielleicht für deine Tochter.“ Das sitzt gewaltig. Denn Björn Diemel will ein richtig guter Vater sein. Und die Liebe und Anerkennung seiner Frau zurückgewinnen.

Neue Netflix-Serie: Tom Schilling ist erschreckend überzeugend als Serienkiller

Und siehe da: Das Training mit dem Coach wirkt, Björn ist ruhiger, fokussierter. Und räumt in seinem Leben auf. Wer die Vorlage, Karsten Dusses Bestseller-Roman „Achtsam morden“, gelesen hat, weiß, wie die Geschichte weitergeht (nämlich ziemlich vorhersehbar). Das dürfte für viele Fans ein Anreiz sein, bei Netflix einzuschalten.

Mehr Serien-News

Und dann ist da natürlich Zugpferd Tom Schilling, Garant für qualitätsvolle Unterhaltung. Nach seinen Auftritten als lässig-loyaler Internatsleiter im Jugendklassiker „Das fliegende Klassenzimmer“ und ideenreicher Weltenbummler in „Eine Million Minuten“ kommt er nun als Hybrid auf die Bildfläche: Tatsächlich spielt er den Familienvater, der mit den besten Absichten zum Serienkiller wird, erschreckend überzeugend. Das Verhör eines Verdächtigen mittels Stromschlägen atmet er locker weg, den im Kofferraum erstickten Mafia-Drahtzieher fährt er lächelnd mit seiner kleinen Emily durch die Gegend. Die Vertuschung dieses Mordes ist aber auch schon der zentrale Plot der Geschichte, und der zieht sich quälend in die Länge.

„Achtsam morden“: Das Absurd-Komische wird durch das Schauspiel nicht transportiert

Hinzu kommen bis ins holzschnittartig eingekeilte, stereotype Charaktere: Emily Cox, die im Künstlerdrama „Alma und Oskar“ so umwerfend Alma Mahler spielte, hat nun die undankbare Rolle der nervigen Helikopter-Mutter, die ständig an Sonnencreme, Ballettunterricht und die Orga des Kita-Platzes erinnert. Marc Hoseman spielt einen autoaggressiven Auftragsmörder mit Kampfhund, und die Bösen sind wie immer die Russen. Klar: Vorlage ist Vorlage, doch das Absurd-Komische der Geschichte wird durch das Schauspiel nicht transportiert, es bleibt flach.

Zwei Männer sich auf Stühlen sich gegenüber
Peter Jordan als Achtsamkeitstrainer Joschka Breitner (l.) und Tom Schilling als Anwalt Björn Diemel in „Achtsam morden“. © Julia Terjung/Netflix | Julia Terjung/Netflix

Ein Lichtblick im wahrsten Sinne des Wortes ist Peter Jordan als Achtsamkeitstrainer Joschka Breitner, er füllt seine Rolle mit Hingabe aus. Die dazwischen geschnittenen Flashbacks, in denen Björn Diemel sich in stressigen Situationen an seine Tipps erinnert, sind unterhaltsam und haben sogar potenziellen Erkenntniswert.

Mittlerweile hat Autor Dusse seinen fünften „Achtsam morden“-Band (durch bewusste Ernährung) herausgebracht. Filmisch braucht es aber definitiv keine Fortsetzung.

„Achtsam morden“ ist ab 31.10. bei Netflix zu sehen.

Sternstunde oder Reinfall? Jeden Monat rezensieren wir für unsere Abonnentinnen und Abonnenten mehr als 100 Konzerte, Theatervorstellungen, Choreografien, Bücher, Ausstellungen, Serien oder Filme. Hier finden Sie alle Kritiken – was Sie in Hamburg gesehen, gehört oder gelesen haben müssen!