Hamburg. Der Dokumentarfilm „Road Diary“ liefert ab dem 25. Oktober auf Disney+ Einblicke in die aktuelle Tour des US-Superstars und seiner E Street Band.
Sechs Jahre ohne Konzerte mit seiner E Street Band. Sechs Jahre, ohne den Adrenalinkick, in ausverkauften Stadien auf der Bühne zu stehen. Auch ein Superstar wie Bruce Springsteen hat unter Corona gelitten, weniger finanziell (Geld genug ist ja da), aber emotional. Weshalb die 2023 gestartete und immer noch laufende Welttournee für ihn und seine Band ganz anders ist als alles davor. Davon erzählt der Dokumentarfilm „Road Diary: Bruce Springsteen and the E Street Band“, der ab dem 25. Oktober beim Streamingdienst Disney+ zu sehen ist.
Es ist November 2022, als die Musikerinnen und Musiker in Red Bank/New York zu ersten Proben zusammenkommen. Teilweise haben sie sich jahrelang nicht mehr getroffen, doch die alte Vertrautheit ist sofort wieder da, das ist deutlich zu spüren. „Wir müssen die Spinnweben abschütteln und erst mal eine neue Setlist finden“, erklärt Springsteen und beginnt, aus seinem riesigen Songreservoir die Nummern herauszusuchen, die ihm besonders wichtig sind. Natürlich, das ist klar, wird auch bei dieser Tour kein Weg an Hits wie „Born To Run“, „Dancing In The Dark“ oder „Born In The USA“ vorbeiführen, schließlich wären die Fans bitter enttäuscht, kämen sie nicht. Aber es geht bei dieser Tour um mehr als ein Best-of-Programm.
Bruce Springsteen auf Disney+: Bei diesem Film bekommt jeder Fan Gänsehaut
Bei früheren Touren hatte Springsteen seine Setlist immer wieder spontan umgestellt oder ergänzt. Fans hielten Schilder mit Songwünschen hoch, er sammelte sie während der Shows ein und entschied dann, oft zur Überraschung seiner Band, was als nächsten gespielt werden sollte. Doch diese Zeiten sind vorbei (was manche seiner treuesten Anhänger bedauern), jetzt geht es ihm darum, eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte von Leben und Tod, von Liebe und Hoffnung – und die folgt einer ausgeklügelten Dramaturgie, zu der auch Ansagen gehören, die tief in die Seele des „Boss“ blicken lassen.
Regisseur Thom Zimny war für diesen Film dicht dran an Springsteen und den Mitgliedern der E Street Band, etwa an Patti Scialfa, Springsteens Frau, die bei dieser Tour nur noch sporadisch auf der Bühne steht, weil sie seit bereits sechs Jahren an Blutkrebs erkrankt ist und wegen ihres geschwächten Immunsystems nur noch selten auf Reisen geht. Klar wird, dass für Bruce Springsteen das Touren ein Lebenselixier ist (vielleicht sieht er deshalb auch mit über 70 Jahren noch so unglaublich fit aus ...), wenn er sagt: „Nach 50 Jahren unterwegs ist es einfach zu spät für mich, aufzuhören.“
Eine gute Nachricht für seine Fans, die auch Teil dieser Doku sind und erzählen, was Springsteen und seine Songs ihnen bedeuten. Nicht so ausführlich wie in der fantastischen Doku „Springsteen & I“, aber immer noch zu Herzen gehend. Dabei hat es den Musikerinnen und Musikern das Publikum in Barcelona ganz besonders angetan. Dort zu spielen, sei der Höhepunkt einer jeden Tour, sagt Springsteen, und wer das Glück hatte, schon einmal im dortigen Camp Nou oder im Estadi Lluis Companys inmitten der völlig euphorisierten Menge zu stehen, weiß, wie recht er hat. Diese Atmosphäre ist einmalig, das zeigen auch die Konzertausschnitte in „Road Diary“.
Bruce Springsteen auf Disney+: Auch historische Konzertausschnitte aus den 70er-Jahren werden gezeigt
Wobei hier nicht nur aktuelle Aufnahmen zu sehen sind, Zimny hat immer wieder historisches Material etwa aus den 70er-Jahren eingestreut, das einen wünschen lässt, man wäre schon damals dabei gewesen. Hinzu kommen Interviewpassagen mit den beiden inzwischen gestorbenen E-Street-Bandmitgliedern Danny Federici (1950–2008) und Clarence Clemons (1942–2011), an die Springsteen bei seinen Konzerten regelmäßig erinnert.
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Für Springsteen-Fans ist dieser Film natürlich ein Muss voller Gänsehautmomente, weil es Zimny gelingt, die Energie einzufangen, die von diesen Konzerten ausgeht und bis in den Alltag hinein nachwirkt. Was „Road Diary“ nicht liefert, ist ein tieferer Einblick in die quasi familiäre Beziehungsstruktur der E Street Band; Konflikte, die bei einer jahrzehntelangen Beziehung ja kaum ausbleiben können, sind kein Thema. Das ist schade, war aber auch nicht die Idee hinter diesem Filmprojekt, das vor allem eines tut: Es weckt die Lust auf das nächste Springsteen-Konzert – im kommenden Jahr etwa in Berlin (11.6.), Frankfurt (18.6.) und Gelsenkirchen (27.6.).
„Road Diary: Bruce Springsteen and the E Street Band“ ab dem 25. Oktober beim Streamingdienst Disney+