Hamburg. Der Pianist Rudolf Buchbinder und die Sächsische Staatskapelle Dresden sind mit nichts als Klavierkonzerten zu Gast. Die Kritik.
Die Wunderharfe ist in der Stadt. Mit diesem Ehrentitel bedachte einst ein gewisser Richard Wagner die Sächsische Staatskapelle Dresden, wie das Orchester inzwischen heißt. Bis heute ist sie für ihren „deutschen Klang“ berühmt, was auch immer das ist. Das ehrwürdige Ensemble gastiert zweimal hintereinander in der Elbphilharmonie. Auf dem Programm: Mozart, Mozart, Mozart, Mozart, Mozart und, Überraschung, Mozart. Nämlich sechs seiner Klavierkonzerte, an jedem Abend drei. Die Leitung und den Solopart übernimmt Rudolf Buchbinder.
Elbphilharmonie: Rudolf Buchbinder und die Sächsische Staatskapelle Dresden zu Gast mit Mozart
Sechsmal das Gleiche also? Mitnichten. Der Komponist hat in der Gattung seinen unerschöpflichen Einfallsreichtum vorgeführt, den Klavierpart schrieb er sich zudem selbst in die Finger. Das war zu seiner Wiener Zeit ein doppelter Marketing-Schachzug. Rund 250 Jahre später sind die wirtschaftlichen Hintergründe der Mozart’schen Produktion verblasst, übrig bleibt eine Reihe höchst individueller Kunstwerke. Gelegenheit also, die Ohren zu schärfen.
Nun ist die Staatskapelle eher nicht als Mozart-Spezialensemble bekannt. Am ersten der beiden Abende klingt die Orchestereinleitung des B-Dur-Konzerts KV 595 in den ersten Geigen denn auch weniger nach Wunderharfe als ein wenig metallisch. Noch nicht ganz angekommen in der Saalakustik. Das wird sich geben. Zu Ohren gelangt die gediegene Arbeit eines Spitzenorchesters, das sich weder um das aufregend Rhetorische noch um den theatralen Charakter dieses Repertoires groß zu kümmern scheint. Über ein paar sehr dezente Wackler kann man gut hinweghören.
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In Buchbinder hat das Orchester für seine glatte Musizierhaltung einen Verbündeten im Geiste. Der Wiener Pianist kennt seinen Mozart natürlich in- und auswendig, er spielt perlend und ebenmäßig und gestaltet organische Übergänge. Aber dann wieder bügelt er über Phrasenenden weg. Und ein paar handfeste Schnitzer leistet er sich auch.
Irgendwie oldschool, dieser Abend. Was hätte Mozart wohl gewollt, Gelassenheit oder Exaltation? Jedenfalls schön zu sehen und zu hören, wie gut sich die Beteiligten verstehen – bis hin zur Wahl der Garderobe: Buchbinder trägt, wie die Herren des Orchesters, dunklen Anzug und goldene Krawatte.
Für das zweite Konzert heute Abend mit Rudolf Buchbinder und der Sächsischen Staatskapelle Dresden um 20 Uhr in der Elbphilharmonie gibt es noch wenige Restkarten unter 040-35 76 66 66 oder www.elbphilharmonie.de