Hamburg. Beim Siegfried-Lenz-Preis wurde die Irin Claire Keegan geehrt. Eine ganz tolle Autorin! Sie fasst sich einfach immer kurz.
Laudatorin Laura de Weck sagte irgendwann den triftigen Satz, dass hier eine sei, die den Text „auf das Maximale reduziere“. Eine schön hintersinnige Sentenz, die auf die neue Siegfried-Lenz-Preiträgerin tatsächlich sehr gut passt. Claire Keegan ist eine Meisterin der kurzen Form, eine Frau, die Romane schreibt, die die Länge von Novellen haben und speziell von Irland und allgemein von Menschen und ihren Sehnsüchten erzählen. Den Lenz-Preis haben vor Keegan, Jahrgang 1968, unter anderem Richard Ford und Elizabeth Strout bekommen. Jeder einzelne Preisträger, jede Preisträgerin bislang hatte die Auszeichnung verdient.
Aber Claire Keegan, deren Romane „Kleine Dinge wie diese“ heißen und „Durch die blauen Felder“, ist eine besondere Preisträgerin, vielleicht deswegen, weil sie diejenige ist, die unter den bisherigen am meisten noch der ganz großen Entdeckung harrt. Man glaubte ein gewisses Überwältigtsein bei der Irin zu spüren, es ist ja auch immer ein herrlich steif-würdevolles Brimborium im Rathaus. Der Erste Bürgermeister sprach die einleitenden Worte, sie waren gut gewählt. Auch weil er die Schriftstellerin erst einmal selbst zitierte. „Gutes Schreiben braucht gute Manieren“, hat Keegan mal in einem Interview gesagt.
Lenz-Preis für Claire Keegan: hanseatische Zurückhaltung
Man müsse sich an seine Figuren literarisch behutsam herantasten. Peter Tschentscher fiel dazu ein, dass das gut zu Hamburg passe, „zu hanseatischer Zurückhaltung“. Laudatorin de Weck sagte noch den offenkundigen Satz, dass Keegan eine Meisterin der „sprachlichen Verdichtung“ sei. Nie werde jemand in ihren Texten bloß- oder an den Pranger gestellt. Keegans Texte lebten vom Unausgesprochenen, „sie erzählen uns vom Schweren, aber auf eine leichte Art und Weise“.
Der Siegfried-Lenz-Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. Keegan, deren Werke in 30 Sprachen übersetzt wurden und deren Roman „Kleine Dinge wie diese“ im November in die deutschen Kinos kommt, erinnerte in ihren Dankesworten an den Namensgeber des Preises, der am 7. Oktober 2014 starb, „ich hätte ihn gerne kennengelernt, sein Talent und seine Freundlichkeit erkannten viele“. In einem feierlichen Prozedere, das beim Lenz-Preis auch mal länger ausfallen kann, wie die vergangenen Ausgaben bewiesen, gestaltete Claire Keegan ihre Dankesrede mit knapp drei Minuten Länge übrigens erfreulich pointiert – als Meisterin des Unausgesprochenen und der Kurzform.