Hamburg. Brian Blade kam mit seiner Fellowship Band und hinterließ ein beseeltes Publikum. Für eine Person gab es ein ganz spezielles Lied.

Was tut man, wenn ein wirklich wichtiges Konzert ansteht und ein zentrales Bandmitglied plötzlich ausfällt? Das Konzert absagen? In Panik geraten? Das Programm vollkommen umstellen? Für Schlagzeuger Brian Blade und seine Fellowship Band sind das alles keine Optionen.

Zwar musste Gitarrist Kurt Rosenwinkel die Reise nach Hamburg krankheitsbedingt kurzfristig absagen, doch Blade und seine Mitstreiter sind über die Jahrzehnte des Miteinanders so eingespielt, dass sie auch diese Lage am Dienstagabend im Kleinen Saal der Elbphilharmonie mühelos meistern.

Göttlicher Beistand? Ein Elbphilharmonie-Konzert der Extraklasse

Manchem dürfte überhaupt erst klar werden, dass da jemand fehlt, als Blade nach den ersten drei Stücken eine entsprechende Ansage macht, so voll und komplex ist der Sound dieser Band, die zum Besten gehört, was der Jazz aktuell zu bieten hat. Mit Brian Blade steht ihr ein Mann vor, dessen bescheidenes Auftreten nicht unbedingt vermuten lässt, wie begehrt er nicht nur in seinem Stamm-Genre ist.

Mit Bob Dylan hat er es ebenso aufgenommen wie mit Joni Mitchell und Emmylou Harris. Immer wieder stand er mit Norah Jones, Joshua Redman und Wayne Shorter auf der Bühne, seine Diskografie als Leader ist ebenfalls eindrucksvoll. Und in der Elbphilharmonie zeigt er sich mal wieder von seiner besten Seite: als Kraftpaket, das mit dieser Kraft klug zu haushalten weiß und noch die zartesten Schläge auf seine Becken mit unglaublicher Energie auflädt.

Brian Blade
Bassist Roland Guerin und Saxofonist Melvin Butler beim Konzert in der Elbphilharmonie. © Sophie Wolter | Sophie Wolter

Brian Blade beseelt das Publikum mit einem Lied für seine Mutter

An seiner Seite hat er Musiker, die allesamt ebenso dem Spiritual Jazz eines John Coltrane oder Pharoah Sanders verpflichtet sind wie er. Besonders beeindruckend ist dabei Myron Walden an Altsaxofon und Bassklarinette, der nach einem besonders intensiven Solopart die Augen gen Saaldecke richtet, so, als bedanke er sich für göttlichen Beistand. Doch auch die schwerelosen Pianoläufe von Jon Cowherd, das wunderbare grundierende Bassspiel von Roland Guerin und die subtilen Saxofonparts von Melvin Butler sorgen immer wieder für Zwischenapplaus.

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Man lege natürlich großen Wert auf die freie Improvisation, sagt Brian Blade gegen Ende des knapp 90-minütigen Konzerts, und dringe dabei immer wieder in unbekannte Sphären vor. Gleichzeitig aber liebe man auch die Melodie. Und genau aus diesem Spannungsfeld entsteht die musikalische Magie der Fellowship Band, die, wie der Name schon sagt, eben wirklich eine Gemeinschaft ist und kein Zweckbündnis. Zum Abschied dann ein zartes Lied, das Brian Blade für seine Mutter geschrieben hat – zurück bleibt ein beseeltes Publikum.