Hamburg. Die HFBK war 1907 deutschlandweit Vorreiter beim Frauenstudium, am Lerchenfeld wird „Die neue Frau“ geehrt – dank einer aufmerksamen Kollegin.

Vorwärts gewandt, am Puls der Zeit, die Zukunft fest im Blick – dafür steht die Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK). Unter Präsident Martin Köttering hat sich die Institution zu einer international gefragten Ausbildungsstätte entwickelt. Der Anteil der weiblichen Absolventen liegt bei 60 Prozent, der der weiblichen Lehrenden bei gut 48 Prozent. Damit liegt die HFBK deutschlandweit auf Platz eins der Hochschulen. Eine Vorreiterrolle hatte sie aber auch schon vor über 100 Jahren inne: Vor allen anderen Schulen wurden an der Staatlichen Kunstgewerbeschule, dem Vorläufer der HFBK, 1907 die ersten Frauen zum Kunststudium zugelassen. Die erste historische Ausstellung im Galerieraum ICAT am Lerchenfeld würdigt nun 14 Künstlerinnen und Gestalterinnen mit der Ausstellung „Die neue Frau“.

Für den Präsidenten ist die Ausstellung eine notwendige und lange überfällige Maßnahme, um die „offene Wunde“ in der HFBK-Vergangenheit zu schließen; man habe viel zu lange die besonderen Geschichten der Studentinnen an sich vorbeiziehen lassen. Umso froher sei er, dass seine Kollegin Andrea Klier ihn mit dem Thema so lange „genervt“ habe, erzählt er lachend während des Presserundgangs. Beim Durchstöbern des Hochschularchivs sei sie auf die Biografien der Frauen gestoßen und habe das große Potenzial darin erkannt. Zusammen mit Ina Jessen hat sie die Ausstellung kuratiert, mit vielen Objekten aus dem schwesterlich verbündeten Museum für Kunst und Gewerbe, der Arp Stiftung und anderen Leihgebern.

„Die neue Frau“: Hochschule ehrt 14 ihrer Künstlerinnen mit Ausstellung

Schon rein äußerlich ist in der Galerie alles auf Sichtbarmachung gepolt: Auf großen Plexiglasaufstellern haben die Kuratorinnen die Objekte der Kreativen platziert, fest verankert mit Betonsockeln, so als wolle man damit die Standhaftigkeit der couragierten und talentierten Frauen untermauern. Unterteilt ist die Ausstellung in sieben Kapitel, es sind die Tätigkeitsfelder der Frauen an der Hochschule. Den Anfang macht die Malerin Elise Bluman (ab 1919 in Hamburg); von ihr ist ein bemerkenswertes, vom Jugendstil inspiriertes Frauenporträt zu sehen, das die Künstlerin in ihrer Wahlheimat Australien schuf. Dort war sie als Künstlerin weitaus bekannter als in Deutschland.

Pressefoto Ausstellungsansichten zur Neuen Frau, Hochschule für Bildende Künste Hamburg
Studenten der HFBK wirkten am Design der Ausstellung mit. Hier ist ein Aufenthalts- und Leseraum zu sehen, der das Kapitel „Gartengestaltung, Pädagogik und politisches Engagement“ umfasst. © Tim Albrecht / HFBK | Tim Albrecht

Im Bereich der textilen Künste sind die Arbeiten von Anni Albers und Sophie Taeuber-Arp die prominentesten Referenzen in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Beide studierten zwei Semester in Hamburg: Albers 1921/22, Taeuber-Arp ab 1912 – von ihr stammt etwa die mit bunten Perlen bestickte Handtasche in der Vitrine. Die Bildhauerin Marlene Poelzig wurde für ihre Projekte zusammen mit ihrem Mann Hans Poelzig bekannt, darunter die Gestaltung des Großen Schauspielhauses Berlin und das Kassenhäuschen des Berliner Kinos Capitol. Zwischen 1911 und 1917 war sie an der Staatlichen Kunstgewerbeschule zu Hamburg, studierte Aktzeichnen und besuchte als erste Frau die Modellierklasse.

Mehr zum Thema

Die 20er-Jahre des 19. Jahrhunderts waren auch für Künstlerinnen Blütezeit

Von der Keramikerin Trude Petri (1925–1927 in Hamburg), die später an der Staatlichen Porzellan-Manufaktur Berlin arbeitete, ist das von ihr entworfene bekannte Tafelservice Urbino ausgestellt. Auch in Fotografie und Druckgrafik wurden die Studentinnen ausgebildet. Besonders Marianne Amthor und Grete Gross sind hier hervorzuheben. Letztere machte nach dem Studium Karriere als Chefgestalterin bei Montblanc. „Die 20er-Jahre des 20. Jahrhunderts waren geprägt von Aufbruch; auch für viele Künstlerinnen waren sie eine Blütezeit, wie man an der erfolgreichen Laufbahn von Grete Gross sehen kann“, so Ina Jessen.

„Die neue Frau. Wie Künstlerinnen und Gestalterinnen das Bild der Moderne prägten“ 20.9.–27.10., ICAT (Bus 25 Uferstraße), Lerchenfeld 2a, täglich außer Mo 14.00–19.00, Do 14.00–21.00, Eintritt frei; www.hfbk-hamburg.de